Der Umbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung soll über ein Bundesprogramm flankiert werden. Pläne einer Förderung über die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) sind damit offenbar vom Tisch.
Gefördert werden sollen über das Bundesprogramm die Schweinehaltung mit Außenklima oder Auslauf und die Freilandhaltung.
Der Haushaltsausschuss des Bundestages stellte in seiner Bereinigungssitzung am 10. November insgesamt 600 Millionen (Mio.) Euro für die kommenden vier Jahre bereit, die in das Bundesprogramm fließen sollen, davon 150 Mio.Euro für 2023. Zusammen mit Verpflichtungsermächtigungen beläuft sich die Gesamtsumme auf eine Milliarde Euro, über die seit längerem Einvernehmen innerhalb der Ampelkoalition besteht.
Allerdings haben die Haushälter die Mittel zunächst gesperrt. Bevor sie freigegeben werden, muss das Bundeslandwirtschaftsministerium nach Beschluss des Ausschusses ein detailliertes Konzept für das Bundesprogramm vorlegen. Klar ist, dass die Mittel sowohl zur Investitionsförderung beim Um- und Neubau von Ställen als auch für konsumtive Zwecke, also zur Abdeckung laufender Mehrkosten, eingesetzt werden sollen. Die Pläne für ein Bundesprogramm stoßen in den Ländern jedoch auf scharfe Kritik. Die Landwirtschaftsminister von CDU und CSU warfen dem Bund vor, er ignoriere mit seinem Vorhaben die Entscheidungskompetenz der Länder in agrarstrukturellen Fragen.
Förderhöhe offen
Gefördert werden sollen im Rahmen des Bundesprogramms
die Schweinehaltung mit Außenklima oder Auslauf und die Freilandhaltung.
Über die Höhe des Fördersatzes soll erst entschieden werden, wenn
anstehende Änderungen des EU-Beihilferechts in Kraft getreten sind.
Als Bemessungsgrundlage der Förderung sollen in der
Investitionsförderung die jeweiligen Gesamtbaukosten dienen. Für die
konsumtive Förderung sollen das Kuratorium für Technik und Bauwesen in
der Landwirtschaft (KTBL) und das Thünen-Institut die Mehrkosten
ermitteln, die einem typischen Betrieb der Schweinemast oder einem
typischen Betrieb der Sauenhaltung durch die Einhaltung des maßgeblichen
Kriterienkatalogs entstehen. Reichen die Mittel nicht aus, wird
erwogen, in beiden Förderbereichen zunächst nach dem Windhundprinzip zu
verfahren.
Die SPD-Berichterstatterin für den Agrarhaushalt, Esther Dilcher, zeigte
sich zufrieden mit den Ergebnissen der Bereinigungssitzung. Neben dem
Bundesprogramm Stallumbau nannte Dilcher eine Reform der GAK, die man
angestoßen habe.
„Das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung ebnet den
Weg für eine zukunftsfähige Tierhaltung”, erklärten die Grünen. Mit den
in Aussicht gestellten Mitteln werde nicht nur der Umbau der Ställe
ermöglicht, so Agrarsprecherin Renate Künast und
Haushaltsberichterstatter Sebastian Schäfer. Gleichermaßen werde eine
Anschubfinanzierung bei den laufenden Kosten von Haltungssystemen mit
hohen Tierschutzstandards ermöglicht: „Mit unserem Gesamtpaket schaffen
wir das, was die Menschen seit Jahren zu Recht erwarten: Mehr Tierschutz
und gleichzeitig mehr Planungssicherheit.”
Union enttäuscht
Enttäuscht äußerte sich die Union. Deren
Berichterstatter im Haushaltsausschuss, Josef Rief, bezeichnete die
Bereitstellung von 150 Mio.Euro für 2023 als völlig unzureichend, zumal
aus den Investitionsgeldern nun auch noch laufende Kosten der Umstellung
bezahlt werden sollen. „Damit ist das Projekt Tierwohl durch
Stallmodernisierung zum Scheitern verurteilt, für das insgesamt mehr als
10Milliarden Euro nötig wären”, kritisierte der CDU-Politiker. Auch der
agrarpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Artur Auernhammer, warf
der Koalition vor, dass die Mittel bei weitem nicht ausreichten, um die
Landwirte beim Umbau der Tierhaltung zu unterstützen. Mit dem
Agrarhaushalt für das kommende Jahr zeige die Koalition einmal mehr,
„wie wenig Wertschätzung sie unseren Landwirten entgegenbringt”.
Auernhammer bezog sich dabei auch auf die Ablehnung der Ampel, die
Bundesmittel zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung aufzustocken.
In einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir
kritisierten die Landwirtschaftsminister von CDU und CSU die Pläne für
ein Bundesprogramm, mit dem die Bundesregierung die bei den Ländern
liegende Zuständigkeit für die Agrarstruktur übernehme, ohne dass dazu
eine Abstimmung erfolgt sei. „Diese Vorgehensweise empfinden wir als
irritierend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Bund und Länder auf
der Herbst-Agrarministerkonferenz eine transparente und partizipative
Kommunikation vereinbart haben”, heißt es dem Schreiben.
Kritik von Hauk
Mit der Herausnahme der Finanzmittel zum Umbau der
Tierhaltung aus der GAK missachte der Bund die originäre Aufgabe der
Länder für die Agrarstruktur, kritisierte Baden-Württembergs
Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Die strukturellen Besonderheiten der
Länder müssten Berücksichtigung finden. Dies gelte insbesondere für die
Tierhaltung.