Brüssel macht mehr Druck wegen Nitrat
Von AgE
Die Europäische Kommission erhöht den Druck auf Deutschland, entschiedener gegen die Nitratbelastung des Grundwassers und der Oberflächengewässer vorzugehen.
Wie die Brüsseler Behörde vergangene Woche mitteilte, hat sie im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung wegen Nicht-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie die zweite Stufe eingeleitet.
Brüssel droht mit Klage
Gülle nicht im Griff? Deutschland tut laut EU-Kommission zu wenig, um die Nitratbelastung zu vermindern. Die Brüsseler Behörde hat jetzt die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet.
Trotz einer zunehmenden Nitratbelastung
einschließlich einer Eutrophierung vor allem der Ostsee habe Deutschland
nach wie vor nicht genug zur Lösung des Problems getan, lautet der
Vorwurf. Falls die Bundesregierung nicht binnen zwei Monaten reagiert,
schließt die Kommission eigenen Angaben zufolge im nächsten Schritt eine
Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht aus.
Das Vertragsverletzungsverfahren hat im Oktober 2013 begonnen. In
Deutschland löste das Vorgehen der Brüsseler Beamten ein
unterschiedliches politisches Echo aus. Der agrarpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz-Josef Holzenkamp, bezeichnete das
Vertragsverletzungsverfahren als überflüssig. Holzenkamp bekräftigte den
Willen der Koalition, die Düngeverordnung weiter anzupassen (siehe
unten). Das Bundeslandwirtschaftsministerium werde dazu zeitnah einen
Entwurf vorlegen, kündigte der CDU-Politiker an. Demgegenüber hielt
Grünen-Agrarsprecher Friedrich Ostendorff der Bundesregierung schwere
Versäumnisse im Gewässerschutz vor. Unterdessen scheint klar, dass sich
die Landwirte in Deutschland auf deutliche Verschärfungen im Düngerecht
einstellen müssen (siehe unten).
Nach Auffassung der EU-Kommission hat die Bundesregierung bislang nicht
angemessen auf die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im
letzten Herbst reagiert. Laut Kommission wurden die Vorgaben der
deutschen Düngeverordnung, des Hauptinstruments zur Umsetzung der
EU-Nitratrichtlinie, bislang klar verfehlt. Die jüngsten von Deutschland
vorgelegten Zahlen zeigten, dass der vorgeschriebene Grenzwert von 50
mg Nitrat pro Liter Wasser zwischen 2008 und 2011 an mehr als der Hälfte
aller Messstellen überschritten worden sei. Gegenüber dem Zeitraum 2004
bis 2007 habe es damit keine Veränderungen gegeben. Die gemessene
Nitratbelastung sei im Zeitablauf an vielen Orten sogar gestiegen,
führte die EU-Kommission aus. Dennoch habe Deutschland keine
Sofortmaßnahmen ergriffen, um gegen die Nitratbelastung im Wasser
vorzugehen, wie es die EU-Nitratrichtlinie vorschreibe. Denkbar seien
beispielsweise eine stärkere Begrenzung der Ausbringung von Düngemitteln
auf landwirtschaftlichen Flächen oder ein Verbot für das Ausbringen
bestimmter Düngemittel während bestimmter Zeiträume.
Praxisgerechte Lösungen gefordert
Dagegen mahnte Unionsagrarsprecher Holzenkamp zu
einer differenzierten Betrachtung der Nitratproblematik. Die Messungen
zeigten, dass der Nitratgehalt im Grundwasser, der von der
Landwirtschaft verursacht werde, teilweise kontinuierlich zurückgehe,
teilweise aber auch ansteige. Eine Novelle der Düngeverordnung hält Holzenkamp daher für
geboten. Diese Verordnung sei das Instrument, mit dem in Deutschland die
EU-Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werde. Die Bundesregierung arbeite
intensiv an einer Novellierung. „Unser Ziel ist es, die Düngeverordnung
praxisgerecht weiterzuentwickeln”, bekräftigte Holzenkamp.
Nötig seien Lösungen, „die regionale Gegebenheiten berücksichtigen und
die es den Ackerbauern ermöglichen, ihre Pflanzen fachgerecht zu
düngen.” Gleichzeitig müssten die neuen Regeln von den Landwirten
einfach umgesetzt werden können. Den von der Kommission in der
Vergangenheit erhobenen Forderungen zur Anpassung der Düngeverordnung
habe es hingegen teilweise an einer solchen Praktikabilität gefehlt,
kritisierte der Unionsabgeordnete.
Grünen-Agrarsprecher Ostendorff warf der Bundesregierung vor, sie habe
es in der Vergangenheit versäumt und bewusst aufgeschoben, effektive
Maßnahmen zum Schutz der Gewässer anzugehen. Die Hauptursache sieht
Ostendorff in „Gülleseen der Intensivtierhaltung mit zu vielen Tieren
auf zu wenig Fläche.”