Politik | 17. Juli 2014

Brüssel macht mehr Druck wegen Nitrat

Von AgE
Die Europäische Kommission erhöht den Druck auf Deutschland, entschiedener gegen die Nitratbelastung des Grundwassers und der Oberflächengewässer vorzugehen.
Wie die Brüsseler Behörde vergangene Woche mitteilte, hat sie im laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung wegen Nicht-Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie die zweite Stufe eingeleitet.
Brüssel droht mit Klage
Gülle nicht im Griff? Deutschland tut laut EU-Kommission zu wenig, um die Nitratbelastung zu vermindern. Die Brüsseler Behörde hat jetzt die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet.
Trotz einer zunehmenden Nitratbelastung einschließlich einer Eutrophierung vor allem der Ostsee habe Deutschland nach wie vor nicht genug zur Lösung des Problems getan, lautet der Vorwurf. Falls die Bundesregierung nicht binnen zwei Monaten reagiert, schließt die Kommission eigenen Angaben zufolge im nächsten Schritt eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht aus.  Das Vertragsverletzungsverfahren hat im Oktober 2013 begonnen. In Deutschland löste das Vorgehen der Brüsseler Beamten ein unterschiedliches politisches Echo aus. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz-Josef  Holzenkamp, bezeichnete das Vertragsverletzungsverfahren als überflüssig. Holzenkamp bekräftigte den Willen der Koalition, die Düngeverordnung weiter anzupassen (siehe unten). Das Bundeslandwirtschaftsministerium werde dazu zeitnah einen Entwurf vorlegen, kündigte der CDU-Politiker an. Demgegenüber hielt Grünen-Agrarsprecher Friedrich  Ostendorff  der Bundesregierung schwere Versäumnisse im Gewässerschutz vor. Unterdessen scheint klar, dass sich die Landwirte in Deutschland auf deutliche Verschärfungen im Düngerecht einstellen müssen (siehe unten).
Nach Auffassung der EU-Kommission hat die Bundesregierung bislang nicht angemessen auf die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens im letzten Herbst reagiert. Laut Kommission wurden die Vorgaben der deutschen Düngeverordnung, des Hauptinstruments zur Umsetzung der EU-Nitratrichtlinie, bislang klar verfehlt. Die jüngsten von Deutschland vorgelegten Zahlen zeigten, dass der vorgeschriebene Grenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter Wasser zwischen 2008 und 2011 an mehr als der Hälfte aller Messstellen überschritten worden sei. Gegenüber dem Zeitraum 2004 bis 2007 habe es damit keine Veränderungen gegeben. Die gemessene Nitratbelastung sei im Zeitablauf an vielen Orten sogar gestiegen, führte die EU-Kommission aus. Dennoch habe Deutschland keine Sofortmaßnahmen ergriffen, um gegen die Nitratbelastung im Wasser vorzugehen, wie es die EU-Nitratrichtlinie vorschreibe. Denkbar seien beispielsweise eine stärkere Begrenzung der Ausbringung von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen oder ein Verbot für das Ausbringen bestimmter Düngemittel während bestimmter Zeiträume.
Praxisgerechte Lösungen gefordert
Dagegen mahnte Unionsagrarsprecher Holzenkamp zu einer differenzierten Betrachtung der Nitratproblematik. Die Messungen zeigten, dass der Nitratgehalt im Grundwasser, der von der Landwirtschaft verursacht werde, teilweise kontinuierlich zurückgehe, teilweise aber auch ansteige. Eine Novelle der Düngeverordnung hält Holzenkamp daher für geboten. Diese Verordnung sei das Instrument, mit dem in Deutschland die EU-Wasserrahmenrichtlinie umgesetzt werde. Die Bundesregierung arbeite intensiv an einer Novellierung. „Unser Ziel ist es, die Düngeverordnung praxisgerecht weiterzuentwickeln”, bekräftigte Holzenkamp. Nötig seien Lösungen, „die regionale Gegebenheiten berücksichtigen und die es den Ackerbauern ermöglichen, ihre Pflanzen fachgerecht zu düngen.” Gleichzeitig müssten die neuen Regeln von den Landwirten einfach umgesetzt werden können. Den von der Kommission in der Vergangenheit erhobenen Forderungen zur Anpassung der Düngeverordnung habe es hingegen teilweise an einer solchen Praktikabilität gefehlt, kritisierte der Unionsabgeordnete.
Grünen-Agrarsprecher Ostendorff warf der Bundesregierung vor, sie habe es in der Vergangenheit versäumt und bewusst aufgeschoben, effektive Maßnahmen zum Schutz der Gewässer anzugehen.  Die Hauptursache sieht Ostendorff in „Gülleseen der Intensivtierhaltung mit zu vielen Tieren auf zu wenig Fläche.”