Politik | 28. März 2019

Brüssel ist noch nicht zufrieden

Von AgE
Der Europäischen Kommission gehen die von der Bundesregierung vorgeschlagenen neuerlichen Änderungen der Düngeverordnung noch nicht weit genug.
Zwar zeigt sich EU-Umweltkommissar Karmenu Vella einverstanden mit den vorgesehenen Maßnahmen. In einem Schreiben an die zuständigen Bundesministerinnen Svenja Schulze und Julia Klöckner verlangt der Malteser aber zusätzliche Vorschriften im Hinblick auf Sperrzeiten und die Düngerausbringung auf stark geneigten Böden.
„Nicht ehrgeizig genug”
Bis Ende März soll die Bundesregierung einen weitergehenden Entwurf für eine Änderung der Düngeverordnung in Brüssel vorlegen, in dem die genannten Forderungen aufgegriffen werden.
Zudem kritisiert der Kommissar die von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Verabschiedung der verschärften Düngeverordnung bis Mai 2020 als nicht ehrgeizig genug. Bis Ende März soll die Bundesregierung nun einen weitergehenden Entwurf für eine Änderung der Düngeverordnung in Brüssel vorlegen, in dem die genannten Forderungen aufgegriffen werden.
Unterdessen sorgen bereits die Ende Januar nach Brüssel übermittelten Vorschläge für erhebliche Diskussionen. Im Mittelpunkt der Kritik steht weiter der vorgesehene Abschlag von 20 Prozent des Bedarfs bei der Düngung in den  „roten Gebieten”. CDU/CSU-Agrarsprecher Albert Stegemann bezeichnete diese Regelung als größte Herausforderung. In der Union gibt es Überlegungen, der Kommission andere zusätzliche Restriktionen anzubieten, um die geforderte Unterdüngung doch noch zu vermeiden. Angesichts der wachsenden Kritik an der erneuten Düngediskussion im Berufsstand haben die nordrhein-westfälischen Landesbauernverbände für kommende Woche zu einer Kundgebung in Münster aufgerufen.
Seine Dienststellen hätten bereits bei Verabschiedung der Düngenovelle 2017 gegenüber der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass die damals beschlossenen Änderungen als nicht ausreichend angesehen würden, die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) festgestellten Verstöße gegen die EU-Nitratrichtlinie zu beheben, stellt EU-Umweltkommissar Vella in seinem Schreiben an die beiden Bundesministerinnen fest.
Die seit Sommer vergangenen Jahres laufenden Gespräche mit den deutschen Ministerien wertet der Kommissar indes positiv. In den bisherigen Diskussionen hätten Lösungen „für einen Teil der vom EuGH festgestellten Missstände” gefunden werden können, so Vella. Er nennt die Vorschläge für eine ausgewogene Düngung, den Kontrollwert und den Maßnahmenkatalog auf Länderebene. Zur vollständigen Umsetzung des Urteils müsse allerdings zwingend Klarheit geschaffen werden, „wie und wann die Länder verpflichtet sind, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen”. Zudem müsse deutlich sein, wie die am stärksten verschmutzten Gebiete zu identifizieren seien, heißt es in dem Schreiben.
Grüne verlangen Neuregelung
Mit scharfer Kritik reagierten die Grünen auf die Diskussion um eine erneute Verschärfung der Düngeverordnung. Der agrarpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, warf dem Bundeslandwirtschaftsministerium vor, für die gegenwärtige Unsicherheit verantwortlich zu sein. Nachdem die betroffenen Betriebe am 31. Januar von der geplanten neuerlichen Änderung der Düngeverordnung erfahren hätten, hätten sie am 20. März zur Kenntnis nehmen müssen, dass eine weitere Verschärfung drohe. Derzeit wisse keiner mehr, wo die Reise hingehe, kritisierte der Grünen-Politiker in seiner Reaktion auf das Vella-Schreiben. Zu den Leidtragenden zählen für Ostendorff die Betriebe, die schon immer umweltgerecht gearbeitet hätten. Es stelle sich die Frage, „warum der Ökolandbau und andere für Probleme verhaftet werden, die sie nicht verursacht haben”. Aus Sicht des Grünen-Agrarsprechers ist nicht die EU Schuld am „Chaos um die Düngeverordnung”, sondern „eine Minderheit von industriellen Mastbetrieben und eine vollkommen unfähige Bundeslandwirtschaftsministerin”.
In diesem Zusammenhang wandte sich  Ostendorff gegen Vorschläge aus der Union, für einen Verzicht auf den geforderten 20-Prozent-Abschlag bei der Stickstoffdüngung in roten Gebieten unter anderem längere Sperrfristen für Festmist auf Grünland in Kauf zu nehmen. Offenbar wolle die Union eine zusätzliche Belastung für die bäuerlichen Festmistbetriebe in Kauf nehmen, „damit die eigentlichen Verursacher der Nitratprobleme wieder ungeschoren davonkommen”.