Der Europäischen Kommission gehen die von der Bundesregierung vorgeschlagenen neuerlichen Änderungen der Düngeverordnung noch nicht weit genug.
Zwar zeigt sich EU-Umweltkommissar Karmenu Vella einverstanden mit den vorgesehenen Maßnahmen. In einem Schreiben an die zuständigen Bundesministerinnen Svenja Schulze und Julia Klöckner verlangt der Malteser aber zusätzliche Vorschriften im Hinblick auf Sperrzeiten und die Düngerausbringung auf stark geneigten Böden.
„Nicht ehrgeizig genug”
Bis Ende März soll die Bundesregierung einen weitergehenden Entwurf für eine Änderung der Düngeverordnung in Brüssel vorlegen, in dem die genannten Forderungen aufgegriffen werden.
Zudem kritisiert der Kommissar die von der
Bundesregierung in Aussicht gestellte Verabschiedung der verschärften
Düngeverordnung bis Mai 2020 als nicht ehrgeizig genug. Bis Ende März
soll die Bundesregierung nun einen weitergehenden Entwurf für eine
Änderung der Düngeverordnung in Brüssel vorlegen, in dem die genannten
Forderungen aufgegriffen werden.
Unterdessen sorgen bereits die Ende Januar nach Brüssel übermittelten
Vorschläge für erhebliche Diskussionen. Im Mittelpunkt der Kritik steht
weiter der vorgesehene Abschlag von 20 Prozent des Bedarfs bei der
Düngung in den „roten Gebieten”. CDU/CSU-Agrarsprecher Albert Stegemann
bezeichnete diese Regelung als größte Herausforderung. In der Union
gibt es Überlegungen, der Kommission andere zusätzliche Restriktionen
anzubieten, um die geforderte Unterdüngung doch noch zu vermeiden.
Angesichts der wachsenden Kritik an der erneuten Düngediskussion im
Berufsstand haben die nordrhein-westfälischen Landesbauernverbände für
kommende Woche zu einer Kundgebung in Münster aufgerufen.
Seine Dienststellen hätten bereits bei Verabschiedung der Düngenovelle
2017 gegenüber der Bundesregierung zum Ausdruck gebracht, dass die
damals beschlossenen Änderungen als nicht ausreichend angesehen würden,
die vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) festgestellten Verstöße gegen
die EU-Nitratrichtlinie zu beheben, stellt EU-Umweltkommissar Vella in
seinem Schreiben an die beiden Bundesministerinnen fest.
Die seit Sommer vergangenen Jahres laufenden Gespräche mit den deutschen
Ministerien wertet der Kommissar indes positiv. In den bisherigen
Diskussionen hätten Lösungen „für einen Teil der vom EuGH festgestellten
Missstände” gefunden werden können, so Vella. Er nennt die Vorschläge
für eine ausgewogene Düngung, den Kontrollwert und den Maßnahmenkatalog
auf Länderebene. Zur vollständigen Umsetzung des Urteils müsse
allerdings zwingend Klarheit geschaffen werden, „wie und wann die Länder
verpflichtet sind, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen”. Zudem müsse
deutlich sein, wie die am stärksten verschmutzten Gebiete zu
identifizieren seien, heißt es in dem Schreiben.
Grüne verlangen Neuregelung
Mit scharfer Kritik reagierten die Grünen auf die Diskussion
um eine erneute Verschärfung der Düngeverordnung. Der agrarpolitische
Sprecher der Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, warf dem
Bundeslandwirtschaftsministerium vor, für die gegenwärtige Unsicherheit
verantwortlich zu sein. Nachdem die betroffenen Betriebe am 31. Januar
von der geplanten neuerlichen Änderung der Düngeverordnung erfahren
hätten, hätten sie am 20. März zur Kenntnis nehmen müssen, dass eine
weitere Verschärfung drohe. Derzeit wisse keiner mehr, wo die Reise
hingehe, kritisierte der Grünen-Politiker in seiner Reaktion auf das
Vella-Schreiben. Zu den Leidtragenden zählen für Ostendorff die
Betriebe, die schon immer umweltgerecht gearbeitet hätten. Es stelle
sich die Frage, „warum der Ökolandbau und andere für Probleme verhaftet
werden, die sie nicht verursacht haben”. Aus Sicht des
Grünen-Agrarsprechers ist nicht die EU Schuld am „Chaos um die
Düngeverordnung”, sondern „eine Minderheit von industriellen
Mastbetrieben und eine vollkommen unfähige
Bundeslandwirtschaftsministerin”.
In diesem Zusammenhang wandte sich Ostendorff gegen Vorschläge aus der
Union, für einen Verzicht auf den geforderten 20-Prozent-Abschlag bei
der Stickstoffdüngung in roten Gebieten unter anderem längere
Sperrfristen für Festmist auf Grünland in Kauf zu nehmen. Offenbar wolle
die Union eine zusätzliche Belastung für die bäuerlichen
Festmistbetriebe in Kauf nehmen, „damit die eigentlichen Verursacher der
Nitratprobleme wieder ungeschoren davonkommen”.