Politik | 01. Dezember 2016

Brennen unter neuen Bedingungen

Von Friedrich Springob
Im Rahmen der Messe Intervitis Interfructa Hortitechnica in Stuttgart fand der „Tag der Brenner” statt, zu dem der Bundesverband der Klein- und Obstbrenner eingeladen hatte. Zentrales Thema waren Perspektiven für die Brenner nach dem Auslaufen des Branntweinmonopols 2017.
Alois Gerig (links), Bundesvorsitzender der Kleinbrenner, und Hauptredner Michael Meister der Kleinbrenner.
Mehrere hundert Gäste waren der Einladung gefolgt. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk  kündigte ihnen an, dass das bestehende Brennerei-Team an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Weinsberg um eine zunächst befristete Stelle aufgestockt werde, um ein „Kompetenzteam Brennerei” zu schaffen.
„Kompetenzteam Brennerei”
Mit dem Projekt sollen zukunftsorientierte Klein- und Obstbrennereien bei der Neuausrichtung ihres Betriebes beratend unterstützt werden. An diesem Projekt beteiligen sich die drei baden-württembergischen Obstbrennerverbände finanziell. Bei der Steuerung und fachlichen Begleitung des Projektes setzt der Minister ebenfalls auf die Beteiligung der Verbände. Außerdem plant das Land für das Frühjahr 2017 ein Fachsymposium zum Thema „Klein- und Obstbrennerei in Baden-Württemberg mit Zukunft”.
Der Hauptredner  Michael Meister, Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, brachte  Neuigkeiten für die Brenner mit. Nachdem vor dreieinhalb Jahren  Bundesfinanzminister  Wolfgang Schäuble an gleicher Stelle die Grundzüge des  Alkoholsteuergesetzes, das das Branntweinmonopolgesetz Anfang 2018 ablöst, erläutert hatte, folgten  nun die Ausführungen zur Alkoholsteuerverordnung,  in der die Durchführungsbestimmungen zum Gesetz enthalten sind. Michael Meister bedankte sich ausdrücklich für die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik und Berufsstand. Namentlich erwähnte er Gerald Erdrich, den Geschäftsführer des Bundesverbandes der Klein- und Obstbrenner, sowie Alois Gerig, den Bundesvorsitzenden und Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses im Bundestag.
Die Regelungen aus der Branntweinsteuerverordnung und Branntweinmonopolverordnung wurden von 300 auf 77 Paragraphen reduziert. So soll Bürokratie abgebaut werden. Unter anderem wurde die Pflicht zur Führung eines Betriebsbuches abgeschafft. Auch die Größe der Brennblase ist künftig nicht mehr auf 150 Liter Brennblaseninhalt begrenzt. Gleichzeitig wurden die Paragraphen, die übernommen wurden, weitgehend unverändert übernommen, um eine größtmögliche Kontinuität zwischen altem und neuem Recht zu gewährleisten.
Neuregelungen
Fachlicher Austausch am Rande des Brennertages: Die Wolfacher Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac und Ulrich Müller, Vorsitzender des Verbandes Badischer Klein- und Obstbrenner.
Die wichtigsten Neuregelungen sind folgende: Brennen im Abschnitt ist auch künftig zum Ausgleich erntebedingter Rohstoffschwankungen möglich, allerdings wird ein Abschnitt auf drei und nicht mehr wie bislang zehn Jahre festgesetzt.
Eine Abfindungsbrennerei kann beantragen, dass der gesamte durch sie produzierte Alkohol als in einem Steuerlager unter Steueraussetzung gewonnen gilt. Damit kann dieser Alkohol unter Steueraussetzung in ein Steuerlager befördert werden.
Das Austauschverfahren, also die Möglichkeit, Abfindungsalkohol in ein Steuerlager aufzunehmen und für diesen Alkohol Alkohol gleicher Art steuerfrei in Verkehr zu bringen, wurde im Vorgriff auf die Verordnung schon für das aktuelle Betriebsjahr 2016/17 für Getreide zugelassen.
In der Alkoholsteuerverordnung ist geregelt, dass dies für alle zugelassenen Rohstoffe mit Ausnahme von Traubenwein möglich sein wird. In der Alkoholsteuerverordnung ebenfalls festgelegt sind das Lohnbrennen und das vereinfachte Lohnbrennen. Beim Lohnbrennen muss der Brenner zehn Prozent seines eigenen Kontingents ausgeschöpft haben, beim vereinfachten Lohnbrennen muss der Kontingentgeber ebenfalls zehn Prozent seines Kontingents ausgeschöpft haben, der Kontingentnehmer muss 90 Prozent seines Kontingents ausgeschöpft haben. Bislang galten für den Kontingentnehmer 95 Prozent.  Außerdem müssen beide Parteien nicht mehr im gleichen Hauptzollamtsbezirk liegen. Das vereinfachte Lohnbrennen ist künftig für alle zugelassenen Rohstoffe möglich, nicht mehr nur für Obststoffe.
Neu ist auch, dass die Alkoholsteuerverordnung an mehreren Stellen die Möglichkeit schafft, dass Hauptzollämter größere Freiheiten erhalten, um bei Bedarf dem Einzelfall besser gerecht werden zu können. Allerdings soll durch die noch zu erarbeitenden Dienstvorschriften ein Rahmen geschaffen werden, der eine bundesweit einheitliche Anwendung der Verordnung gewährleistet.
Michael Meister stellte im Anschluss  in Aussicht, dass sowohl die Regelungen des Alkoholsteuergesetzes als auch der Alkoholsteuerverordnung nach 2018 dahingehend überprüft werden, ob einzelne Punkte der Anpassung bedürfen. Er setzte auch dabei auf die bewährte Zusammenarbeit mit den Verbänden, um gemeinsam gute Lösungen zu finden.
Bei der anschließenden Fragerunde ging es um Spezialaspekte wie die Frage nach Registrierkassen für Direktvermarkter. Hier stellte der Staatssekretär klar, dass es keine Registrierkassenpflicht geben werde, wenn aber Kassen angeschafft würden, diese selbstverständlich manipulationssicher sein müssten.
Nachdem Gerald Erdrich die Brenner dazu ermuntert hatte, die Mindestflächen für den Betrieb einer Abfindungsbrennerei von drei Hektar beziehungsweise 1,5 Hektar Intensivobstbau einschließlich Weinbau rasch zu erwerben oder zu pachten und nicht die gesetzte Frist von zehn Jahren abzuwarten, schloss der Bundesvorsitzende Alois Gerig die Versammlung.