Politik | 20. Mai 2021

Borchert-Konzept und „bessere CMA 2.0”

Von AgE
Der Bundesfachausschuss (BFA) Umwelt und Landwirtschaft der CDU hat mit Blick auf die Bundestagswahl sein Agrarprogramm 2021 beschlossen. Die Partei will den Umbau der Tierhaltung vorantreiben und eine nationale Lebensmittelagentur etablieren.
Die CDU geht davon aus, dass mittelfristig in der europäischen Agrarpolitik das System der Flächenprämien auslaufen wird.
Kernpunkte des Agrarprogramms 2021 sind ein Bekenntnis zur Umsetzung des Borchert-Konzepts für einen Umbau der Tierhaltung bis 2040, die Ankündigung einer nationalen Lebensmittelagentur zur Imagepflege der heimischen Lebensmittelerzeugung, Offenheit gegenüber neuen Technologien insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Pflanzenzüchtung, Vorrang für kooperative Lösungen im Natur- und Artenschutz sowie staatliche Unterstützung bei der betrieblichen Absicherung gegenüber Wetter- und Klimarisiken.
Einstimmen aufs Ende der Flächenprämien
„Die Anforderungen der Gesellschaft sowie des Natur-, Tier- und Umweltschutzes steigen”, erklärte die BFA-Vorsitzende Ursula Heinen-Esser. Es gehe darum, Wege aufzuzeigen, wie die Bauern damit umgehen. Die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin betonte den weiteren Reformbedarf in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP): „Spätestens in sieben Jahren geht es um eine grundlegende Neugestaltung.” Die Flächenprämien werde es dann so nicht mehr geben. Bereits in der nächsten Legislaturperiode werde man auf die Weiterentwicklung der GAP in Richtung Green Deal und noch stärkerer Honorierung der Umweltleistungen hinarbeiten müssen.
Der Co-Vorsitzende des Bundesfachausschusses, Albert Stegemann, bekräftigte seine Forderung, das Borchert-Konzept „in Gänze” umzusetzen. Die Landwirte müssten darauf vertrauen können, „dass der Umbau möglich ist und verlässlich finanziert wird”, heißt es in dem BFA-Papier. Für den agrarpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bedeutet das zum einen, „dass die Finanzierung wasserdicht sein und langfristig stehen muss”. Dabei will die CDU die Mehrkosten aus Investitionsförderung und Ausgleich für die Erzeugung mit höheren Tierwohl-standards „moderat auf die Verbraucherpreise umlegen”.
Bau von Tierwohlställen ermöglichen
Betont wird die Notwendigkeit, die Regelungen im Umwelt-, Bau- und Planungsrecht aufeinander abzustimmen, um den Bau von Tierwohlställen zu ermöglichen und Ställe umbauen zu können. Dazu will die CDU ein Tierwohlstall-Förderungsgesetz auf den Weg bringen sowie einen Abwägungstatbestand „Tierwohl” im Planungsrecht schaffen, der sich vom Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz ableiten lasse. Stegemann machte sich keine Illusionen, dass dafür noch einige politische Überzeugungsarbeit nötig ist.
Neben einem finanziellen Ausgleich ihrer Mehrkosten bei Umsetzung der Borchert-Empfehlungen benötigen die Landwirte Stegemann zufolge auch eine  Marktperspektive. Das gelte  für alle landwirtschaftlichen Erzeugersparten. Deshalb schlage der Bundesfachausschuss die Schaffung einer nationalen Lebensmittelagentur vor, „die über unsere Art Lebensmittel zu produzieren und über Transformationsprozesse im In- und Ausland informiert”. Nach Angaben des BFA-Vorsitzenden muss die nationale Lebensmittelagentur „eine bessere CMA 2.0” sein, die auch rechtlich Bestand hat. Ebenso gehöre dazu, die Stellung der Erzeuger in der Wertschöpfungskette zu verbessern und faire Vertragsbeziehungen zu schaffen.
Offen zeigt sich das CDU-Gremium gegenüber neuen Technologien insbesondere in den Bereichen Digitalisierung und Pflanzenzüchtung. Insbesondere will man sich für eine zukunftsorientierte Novellierung des EU-Gentechnikrechts einsetzen. Ziel sei, dass Pflanzen mit gentechnischen Veränderungen, die auch Ergebnis konventioneller Züchtung oder natürlicher Prozesse sein könnten, nicht länger als gentechnisch veränderte Organismen (GVO) reguliert würden – Stichwort CRISPR-Cas.
Ziel der Digitalisierung der Landwirtschaft müsse sein, „dass Betriebe aller Größenklassen davon profitieren können”. Handlungsbedarf sieht Stegemann im Hinblick auf die Bereitstellung der Breitbandinfrastruktur mit mindestens 4G, später 5G an jeder Milchkanne und vor allem über die gesamte Fläche, ferner den Zugang zu öffentlichen Daten, die Nutzungsrechte an den Daten sowie bei der Etablierung offener Schnittstellen.
Vorrang für kooperative Lösungen
Ein besonderes Augenmerk legt der CDU-Bundesfachausschuss auf multifunktionale Bewirtschaftungsformen wie Agri-Photovoltaik, Agroforstsysteme, Carbon-Farming sowie artenreiche Blühpflanzenmischungen zur Biomasseproduktion. Stegemann fordert für die Agri-Photovoltaik einen verlässlichen Ausbaupfad im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sowie eine Privilegierung im Baugesetzbuch für zügige Genehmigungsverfahren.
Die Union werde sich dafür stark machen, die vielfältigen Chancen im Agrarsektor in einem groß angelegten Ideenwettbewerb sichtbar zu machen. Dabei werde man auch die Agrar-Start-ups einbeziehen.
Bekräftigt wird im Agrarprogramm der Vorrang für kooperative Lösungen im Natur- und Artenschutz. Eingriffe in das Eigentum dürften nur das letzte Mittel sein und müssten ausgeglichen werden. Verbessern will die CDU die Risikoabsicherung der Landwirtschaft im Klimawandel. Vorgeschlagen werden unter anderem Bund-Länder-Zuschüsse zu Beiträgen von Mehrgefahrenversicherungen, wenn es für die Betriebe kein wirtschaftlich tragbares Versicherungsangebot gibt. Als Erstes soll das für  Obst- und Weinbaubetriebe gelten.
Der BFA spricht sich für eine Stärkung der Position der bäuerlichen Landwirtschaft auf dem Bodenmarkt aus. Angestrebt wird, die Grunderwerbsteuer für landwirtschaftliche Flächen aufzuheben. Zumindest müsse die doppelte Grunderwerbsteuer bei Zwischenschaltung einer Landgesellschaft gestrichen werden. Der naturschutzrechtliche Ausgleich bei Eingriffen in Natur und Landschaft soll dem CDU-Gremium zufolge ohne Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen vorgenommen werden. Ein Schlüssel dafür wird in produktionsintegrierten Kompensationsmaßnahmen gesehen.
Erneuert wird das Bekenntnis zum eigenständigen landwirtschaftlichen Sozialversicherungssystem. Hervorgehoben wird  die nachhaltige Waldwirtschaft. So werde man die nachhaltige multifunktionale Forstwirtschaft, den Aufbau klimastabiler Mischwälder mit standortangepassten Baumarten und die Holzverwendung verlässlich fördern sowie die Waldeigentümer unterstützen. Die Klimaschutzleistung des Waldes will die CDU mit einer CO2-Bindungsprämie honorieren.
Zur Unterstützung der Biogaserzeugung wird unter anderem vorgeschlagen, die Mist- und Güllevergärung insbesondere in kleinen hofnahen Biogasanlagen noch besser zu erschließen und die Flexibilisierung der Anlagen besser zu fördern.