Politik | 29. August 2019

Bleibt Mercosur am Europaparlament hängen?

Von AgE
Mit einer Ablehnung des Europaparlaments im Ratifizierungsprozess des zwischen der EU-Kommission und den Mercosur-Staaten ausgehandelten Freihandelsabkommens rechnet die Agrarsprecherin der neuen liberalen Fraktion „Renew Europe”, Ulrike Müller.
Jair Bolsonaro (links), in Umweltfragen höchst umstrittener Präsident Brasiliens, und Argentiniens Präsident Mauricio Macri begrüßen sich beim Mercosur-Gipfel am 17. Juli in Santa Fe, Argentinien.
Im Interview mit dem Fachpressedienst  Agra-Europe stellt die Abgeordnete der Freien Wähler zudem klar, dass auch sie selbst der Übereinkunft nicht zustimmen werde. Dies begründet die Europaabgeordnete unter anderem mit ihren Erfahrungen einer Delegationsreise mit dem Landwirtschaftsausschuss nach Brasilien, bei der sie die dortigen Strukturen unmittelbar kennengelernt habe. „So wollen wir Europäer definitiv keine Landwirtschaft betreiben”, betonte die Agrarpolitikerin.
Während in der EU der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut nicht erwünscht sei, sei die entsprechende Verwendung dort „Usus”. Marktverwerfungen in Europa fürchtet die liberale agrarpolitische Sprecherin unter anderem durch Rindfleischimporte aus dem Mercosur-Block. Konkret erinnert Müller daran, dass es hier immerhin um fast 100000 Tonnen Rindfleisch gehe, das jährlich aus Südamerika zu deutlich reduzierten Zollsätzen eingeführt werden dürfe. Laut Müller entspricht dies einem Marktanteil von etwa 15 Prozent, sofern man die Menge auf die Edelteile der Rinder umrechne.
Überdies stellte sie auch klar, dass das ausgehandelte Brexit-Abkommen aus ihrer Sicht nicht nachverhandelt werden sollte, schließlich sei es der „bestmögliche Vertrag sowohl im Interesse der Briten wie auch der Europäer”.
GAP praxistauglich ausgestalten
Auf die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) angesprochen, pocht Müller darauf, die neue GAP praxistauglich auszugestalten. Die Berichterstatterin für die horizontale GAP-Verordnung monierte, dass eine echte Verwaltungsvereinfachung noch nicht erkennbar sei. „Die neue GAP muss aber für Bürokratieabbau sorgen, unbedingt”, konstatiert die Europaabgeordnete. Schon die aktuelle Agrarpolitik hätte „einfacher, fairer und grüner” werden sollen. So erinnert Müller daran, dass der Europäische Rechnungshof (EuRH) bereits bei einer Analyse der derzeitigen GAP zu dem Schluss gekommen sei, dass die Umweltauflagen zu den Direktzahlungen den Verwaltungsaufwand erhöht hätten, ohne zusätzliche Umweltvorteile erbracht zu haben. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Eco-Schemes betont die EU-Parlamentarierin ihre Ablehnung gegenüber einer verpflichtenden Einführung auf Betriebsebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten. Ein gutes Gegenbeispiel sei Bayern, wo es gelungen sei, durch freiwillige Programme jeden dritten Hektar in Umweltprogramme zu bringen.
Eine neue Diskussion anstoßen will Müller in der gerade begonnenen Wahlperiode bei der Ausbildung der Landwirte in Europa. Da eine Ausbildungsqualität für angehende Betriebsleiter mit Lehre, Landwirtschaftsschule und Meisterprüfung wie in Deutschland längst nicht in allen EU-Ländern gewährleistet sei, sollte es übergreifende hohe Qualitätsstandards in der gesamten EU geben. In Sachen Tierschutz hat sich die Agrarsprecherin zum Ziel gesetzt, den Export lebender Schlachttiere zu verbieten.
 Ferner müsse weiter betont werden, wie „unbeschreiblich hoch” die Qualität der in der EU erzeugten Lebensmittel sei. Schließlich seien es die Landwirte, die die Versorgung mit Nahrung sicherstellten. Darunter befänden sich viele Familienbetriebe, die nachhaltig und verantwortlich arbeiteten.