Mit einer Ablehnung des Europaparlaments im Ratifizierungsprozess des zwischen der EU-Kommission und den Mercosur-Staaten ausgehandelten Freihandelsabkommens rechnet die Agrarsprecherin der neuen liberalen Fraktion „Renew Europe”, Ulrike Müller.
Jair Bolsonaro (links), in Umweltfragen höchst umstrittener Präsident Brasiliens, und Argentiniens Präsident Mauricio Macri begrüßen sich beim Mercosur-Gipfel am 17. Juli in Santa Fe, Argentinien.
Im Interview mit dem Fachpressedienst Agra-Europe stellt die Abgeordnete der Freien Wähler zudem klar, dass auch sie selbst der Übereinkunft nicht zustimmen werde. Dies begründet die Europaabgeordnete unter anderem mit ihren Erfahrungen einer Delegationsreise mit dem Landwirtschaftsausschuss nach Brasilien, bei der sie die dortigen Strukturen unmittelbar kennengelernt habe. „So wollen wir Europäer definitiv keine Landwirtschaft betreiben”, betonte die Agrarpolitikerin.
Während in der EU der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut nicht erwünscht sei, sei die entsprechende Verwendung dort „Usus”. Marktverwerfungen in Europa fürchtet die liberale agrarpolitische Sprecherin unter anderem durch Rindfleischimporte aus dem Mercosur-Block. Konkret erinnert Müller daran, dass es hier immerhin um fast 100000 Tonnen Rindfleisch gehe, das jährlich aus Südamerika zu deutlich reduzierten Zollsätzen eingeführt werden dürfe. Laut Müller entspricht dies einem Marktanteil von etwa 15 Prozent, sofern man die Menge auf die Edelteile der Rinder umrechne.
Überdies stellte sie auch klar, dass das ausgehandelte Brexit-Abkommen aus ihrer Sicht nicht nachverhandelt werden sollte, schließlich sei es der „bestmögliche Vertrag sowohl im Interesse der Briten wie auch der Europäer”.
GAP praxistauglich ausgestalten
Auf die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
angesprochen, pocht Müller darauf, die neue GAP praxistauglich
auszugestalten. Die Berichterstatterin für die horizontale
GAP-Verordnung monierte, dass eine echte Verwaltungsvereinfachung noch
nicht erkennbar sei. „Die neue GAP muss aber für Bürokratieabbau sorgen,
unbedingt”, konstatiert die Europaabgeordnete. Schon die aktuelle
Agrarpolitik hätte „einfacher, fairer und grüner” werden sollen. So
erinnert Müller daran, dass der Europäische Rechnungshof (EuRH) bereits
bei einer Analyse der derzeitigen GAP zu dem Schluss gekommen sei, dass
die Umweltauflagen zu den Direktzahlungen den Verwaltungsaufwand erhöht
hätten, ohne zusätzliche Umweltvorteile erbracht zu haben. Im Hinblick
auf die Ausgestaltung der Eco-Schemes betont die EU-Parlamentarierin
ihre Ablehnung gegenüber einer verpflichtenden Einführung auf
Betriebsebene als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten. Ein gutes
Gegenbeispiel sei Bayern, wo es gelungen sei, durch freiwillige
Programme jeden dritten Hektar in Umweltprogramme zu bringen.
Eine neue Diskussion anstoßen will Müller in der gerade begonnenen
Wahlperiode bei der Ausbildung der Landwirte in Europa. Da eine
Ausbildungsqualität für angehende Betriebsleiter mit Lehre,
Landwirtschaftsschule und Meisterprüfung wie in Deutschland längst nicht
in allen EU-Ländern gewährleistet sei, sollte es übergreifende hohe
Qualitätsstandards in der gesamten EU geben. In Sachen Tierschutz hat
sich die Agrarsprecherin zum Ziel gesetzt, den Export lebender
Schlachttiere zu verbieten.
Ferner müsse weiter betont werden, wie „unbeschreiblich hoch” die
Qualität der in der EU erzeugten Lebensmittel sei. Schließlich seien es
die Landwirte, die die Versorgung mit Nahrung sicherstellten. Darunter
befänden sich viele Familienbetriebe, die nachhaltig und verantwortlich
arbeiteten.