Politik | 13. März 2014

Biogasanlagen vor massiven Einschnitten

Von AgE
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will die einsatzstoffbezogene Vergütung für Strom aus Biomasse endgültig streichen. Das geht aus dem in der vergangenen Woche bekanntgewordenen Referentenentwurf seines Hauses zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hervor.
Demnach werden Anlagenbetreiber künftig lediglich Anspruch auf die Grundvergütung haben. Ein Einsatzstofftagebuch muss dennoch geführt werden. Für Strom aus Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung macht der anzulegende Wert bis einschließlich einer Bemessungsleistung von 150 kW dann 13,66 Cent/kWh aus, bis 500 kW beträgt er 11,78 Cent/kWh, bis einschließlich 5 MW liegt der Wert bei 10,55 Cent/kWh und bis 20 MW sind es 5,85 Cent/kWh.
Grundvergütung im Rückwärtsgang
Ab 2016 soll zudem die Grundvergütung kontinuierlich abgesenkt werden, und zwar jeweils zu Quartalsbeginn um 0,5 Prozent. Der Zubau von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse soll nicht mehr als 100 Megawatt installierter Leistung pro Jahr betragen. Der Abzug der Grundvergütung vergrößert sich auf 1,27 Prozent, wenn der Zubau die Ausbaugrenze überschreitet. Sogenannte einsatzstoffbezogene Sonderfördertatbestände bleiben dann nur noch für klar definierte Bioabfallvergärungsanlagen und für kleine Gülleanlagen.
Für Biogasanlagen waren die Perspektiven schon besser als zurzeit.
Die Einspeisevergütung soll weiterhin für die Dauer von 20 Kalenderjahren zuzüglich des Inbetriebnahmejahres gezahlt werden. Die Neuregelungen greifen grundsätzlich für Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen worden sind, es sei denn, sie wurden vor dem 23. Januar 2014 genehmigt oder zugelassen. Der Gesetzentwurf wurde  an die Bundesländer und Verbände übergeben, die nur bis zu diesem Mittwoch (12. März) Stellung nehmen konnten. Am 9. April soll die Novelle im Bundeskabinett verabschiedet werden.
 Die Biogasbranche sieht die Pläne Gabriels weiterhin sehr kritisch und fürchtet das Aus für die erneuerbare Energieart. Am Ausbauziel bis 2050, mindestens
80 Prozent der Stromversorgung durch erneuerbare Energien zu leisten, hält Gabriel im Referentenentwurf fest.
Ausbauziel
Bei Windenergie an Land wird ein jährlicher Zubau von bis zu 2500 Megawatt brutto vorgegeben.  Bei Solaranlagen sieht der Gesetzentwurf eine Steigerung von 2500 MW brutto pro Jahr vor.
 Die Direktvermarktung wird nach den Plänen Gabriels grundsätzlich verpflichtend sein, um „die Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt voranzutreiben”. Bei Biomasse möchte der Minister sicherstellen, dass die Anlagen künftig stärker bedarfsorientiert einspeisen. Die damit verbundene Verringerung der jährlichen Stromerzeugung wird durch einen Flexibilitätszuschlag ausgeglichen. Dieser beträgt ab einer installierten Leistung von 100 Kilowatt 40 Euro pro Kilowatt installierter Leistung und Jahr. Nach dem EEG 2012 erhalten die Anlagenbetreiber derzeit für jedes zusätzlich installierte Kilowatt pro Jahr rund 130 Euro. Die beiden Werte sind jedoch aufgrund der unterschiedlichen Berechnungsgrundlage nur bedingt miteinander vergleichbar.
Ausnahmen für Kleinanlagen
Im Unterschied zum EEG 2012 wird eine Reduzierung der  Stromerzeugung aus Biogas angereizt. Für bestehende Biogasanlagen, die bisher noch nicht die Flexibilitätsprämie in Anspruch genommen haben, wird der Anreiz erhöht, ihre Stromerzeugung künftig flexibler am Markt auszurichten. Dadurch sollen auch die Gesamtkosten der Biogaserzeugung verringert werden.  Der Anspruch besteht nur für Anlagen zur Vor-Ort-Verstromung von Biogas und nicht für Anlagen zur Stromerzeugung aus Biomethan. Der Gasaufbereitungsbonus entfällt.
Für kleinere Anlagen mit einer Leistung von weniger als 500 kW, die noch vor 2016 in Betrieb genommen worden sind, soll abweichend von der grundsätzlich verpflichtenden Direktvermarktung ausnahmsweise auch die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung möglich sein.  Es ist jedoch geplant, die Größenbegrenzung in den Folgejahren deutlich herunterzusetzen. Das Grünstromprivileg kann nur noch bis zum 31. Juli 2014 in Anspruch genommen werden.
Solarfreiflächen als Pilotprojekt
Spätestens ab 2017 soll die Höhe der Förderung laut EEG-Referentenentwurf über technologiespezifische Ausschreibungen ermittelt werden. Erste Erfahrungen  will man mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen sammeln. Die ausgeschriebenen Mengen in der Größenordnung von jährlich mindestens 400 MW sollen auf den Zielkorridor angerechnet werden. Die Bundesnetzagentur soll dann die Ergebnisse der Ausschreibungen  veröffentlichen, für die jeweils der Zuschlag erteilt wurde.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird auch weiterhin für die Genehmigungen zur Ermäßigung oder zum kompletten Erlass der EEG-Umlage zuständig sein. Die privilegierten Unternehmen beziehungsweise Branchen werden laut Referentenentwurf je nach Stand oder Ergebnis der Verhandlungen mit der EU-Kommission zum Beihilfeverfahren nachgetragen. Im Gegensatz zu einem früheren Gesetzentwurf sollen Schienenbahnen nicht stärker belastet werden.
Eigenverbrauch an Umlage beteiligen
Festhalten will Gabriel dagegen an der Beteiligung der gesamten Eigenstromerzeugung mit Ausnahme des Kraftwerkseigenverbrauchs an der EEG-Umlage. Damit sollen die Ausbaukosten der erneuerbaren Energien „angemessen auf alle Akteure verteilt” und die Finanzierungsbasis der EEG-Umlage erweitert werden. Dass die Attraktivität des Eigenverbrauchs damit sinkt, ist beabsichtigt. Ein hoher Eigenverbrauch ist nach Meinung der Autoren vielfach mit einer Erhöhung der Gesamtkosten des Energiesystems verbunden. Eine Bagatellgrenze für Anlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 10 kW und weniger als 10 MWh Eigenverbrauch im Jahr soll einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für Kleinanlagen vermeiden.