Politik | 29. Januar 2015

Besorgte Landwirte im Raum Rastatt

Von Walter Eberenz
Seit einem ersten Fund im Sommer 2013 haben der Landkreis Rastatt und der Stadtkreis Baden-Baden ein bis heute zunehmendes Problem mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) in Böden. Betroffene Landwirte sind vor der neuen Anbausaison sehr besorgt.
Stefan Schneider aus Iffezheim im Landkreis Rastatt ist beunruhigt. Nicht nur, weil das Thema PFC jüngst wochenlang Dauerthema in den lokalen Medien war. „Wie gefährlich sind denn überhaupt PFC?”, fragt er sich. Nach Antworten wird gerade international geforscht. Schneider plagen indes sehr naheliegende Probleme. „Wir stecken in den Saisonvorbereitungen und wissen nicht, woran wir sind. So fehlen uns vor allem Grenzwerte für Beregnungswasser. Und Beregnung ist auf unseren leichten Sandböden hier absolut notwendig”, macht der Landwirt klar, der auch stellvertretender Kreisvorsitzender des BLHV ist. „Wir machen uns aber auch Sorgen um die Direktvermarktung – das betrifft eigentlich jeden hier”, ergänzt Schneider. Am kommenden Montag soll ein Gesprächstermin der betroffenen Landwirte im Landratsamt mit Behördenvertretern mehr Klarheit bringen. Schneider hofft auf gute Nachrichten für sich und seine Kollegen. Er selbst baut auf 110 Hektar Acker- und Sonderkulturen an, mit Schwerpunkt Spargel und Saatmais. Die Direktvermarktung mit Hofladen spielt bei ihm eine große Rolle, so wie bei anderen Kollegen auch.
Vielfalt mit Direktvermarktung
In der betroffenen Region überwiegen Betriebe mit rund 50 bis 250 Hektar. Neben Spargel spielen im Anbau Erdbeeren eine große Rolle, daneben Saatmais und andere Obst- und Gemüsearten. Für die Behörden in der Region ist Kompost, der auf Felder der Region ausgebracht wurde, die heiße Spur zur Ursache. Das wurde bei einer öffentlichen Infoveranstaltung des Landratsamtes Rastatt am 26. November deutlich. Der Kompost soll mit PFC-haltigem Papierschlamm vermischt gewesen sein.
Der Kompost-Unternehmer Vogel aus Baden-Baden, ein zertifizierter Betrieb und nach eigener Darstellung bislang Umweltpartner des Stadtkreises Baden-Baden und des Landkreises Rastatt, bestreitet die Vorwürfe. Er hat sich jüngst selbst öffentlich gemacht und als Ursache PFC-haltige Treibstoffe kanadischer Kampfflugzeuge ins Spiel gebracht. Die Kanadier betrieben den heutigen Baden Airport bis 1993 jahrzehntelang als Luftwaffenbasis.
Bei der Info-Veranstaltung des Landratsamtes umriss Andrea Stief, Leiterin des Landwirtschaftsamtes, den Flächenumfang, der zur Diskussion steht. Demnach stehen in der Region rund 400 Hektar unter PFC-Verdacht, wobei gegen Ende November rund 70 Hektar untersucht waren.
PFC in Kleidung und Pizzakartons
Die Abkürzung PFC steht für per- und polyfluorierte Chemikalien. Sie sind vor allem wegen ihrer  wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften weltweit stark verbreitet. In einer Auflistung des Umweltbundesamtes (UBA) finden sich PFC-haltige Produkte wie Outdoor- und Arbeitskleidung, schmutzabweisende Teppiche, Pappbecher, Pizzakartons, Schmiermittel, Wachse, Pflanzenschutzmittel, Feuerlöschschäume und Wetterschutzfarben.
PFC sind laut UBA jedoch kaum abbaubar und verbleiben für einen langen Zeitraum in der Umwelt. Sie reichern sich in Organismen an und gelten als potenziell schädlich für Organe und als tumorfördernd. Mehr Fragezeichen als Klarheit gibt es allerdings darüber, ab welchen Werten von PFC-Belastung mit Gesundheitsgefahren zu rechnen ist. „Welches gesundheitliche Risiko von diesen Substanzen ausgeht und in welchem Umfang Menschen mit diesen Substanzen in Kontakt kommen, war bisher nicht ausreichend geklärt”, wird Professor Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), in einer Pressemitteilung des BfR zu einem Symposium des Instituts zitiert, das im März 2014 stattfand. „Es wird viel geforscht, aber nichts ist abgeschlossen”, sagte BfR-Sprecher Jürgen Thier-Kundke gegenüber der BBZ. Er bestätigte außerdem, dass es Probleme mit PFC punktuell an verschiedenen Orten  in Deutschland gebe: „Dort, wo bestimmte Klärschlämme ausgebracht wurden”, ergänzte der BfR-Sprecher. Das Thema PFC ist hochkomplex und lässt sich nicht leicht abhandeln. Unter dem Einfluss von an Panikmache interessierten Kreisen hektisch zu handeln, erscheint aber nicht angebracht. Fortsetzung folgt.