Das Bundesumweltministerium hat vor nicht gerechtfertigten Schlussfolgerungen aus den Brüsseler Bedenken gegen die Ausweisung der Roten Gebiete im Rahmen des Düngerechts gewarnt.
Eine stärkere Binnendifferenzierung muss sich auf ein breites Messstellennetz stützen, fordert der Deutsche Bauernverband.
Zwar stehe außer Frage, dass im Zuge der von der EU-Kommission geforderten Neuausweisung die Roten Gebiete im Bundesdurchschnitt wieder größer
werden müssten, räumte ein Sprecher des Ministeriums am 21. Januar ein. Allerdings sei derzeit nicht absehbar, in welchem Ausmaß dieser Zuwachs erfolge. Spekulationen darüber seien „unlauter”.
Begründet wird die Unsicherheit damit, dass neben dem möglichen Wegfall der Modellierung auch die Anforderungen der Kommission zur Binnendifferenzierung zu klären seien und beide Verfahren sich wechselseitig bedingten. Der Sprecher stellte zudem klar, dass die Forderungen der EU-Kommission keine unmittelbare Auswirkung auf die Landesdüngeverordnungen haben. Auch die von den Ländern ausgewiesenen Roten Gebiete hätten bis auf Weiteres Bestand. Der Deutsche Bauernverband (DBV) appellierte vergangene Woche an die Bundesregierung, bei der Abgrenzung der Roten Gebiete das Verursacherprinzip im Gewässerschutz nicht aufzugeben.
Laut Ministeriumssprecher ist nach Auffassung der Brüsseler Administration die sogenannte Emissionsmodellierung als eine Grundlage für die Ausweisung der Roten Gebiete nicht mit der EU-Nitratrichtlinie vereinbar. Bei der Modellierung werden landwirtschaftliche Emissionen und beispielsweise die eingesetzten Düngermengen bei der Gebietsausweisung berücksichtigt, um belastete Gebiete möglichst verursachergerecht zu identifizieren.
Fachlich robust und möglichst rechtssicher
Ausdrücklich nicht infrage gestellt wird von der
Kommission die Regionalisierung oder Binnendifferenzierung der Roten
Gebiete. Unter Binnendifferenzierung ist die flächenscharfe Bestimmung
der Belastungsgebiete innerhalb der Grundwasserkörper zu verstehen.
Allerdings sollen die Länder bei der Binnendifferenzierung stärker
bundesweite Rahmensetzungen befolgen, die EU-rechtskonform, fachlich
robust und möglichst rechtssicher sein müssen.
Bund und Länder erarbeiten nach Sprecherangaben derzeit Vorschläge, wie
die Brüsseler Forderungen zu berücksichtigen sind. Dazu liefen enge
Abstimmungen zwischen Umwelt- und Agrarressort sowie mit den für
Landwirtschaft und Gewässerschutz zuständigen Landesverwaltungen, um die
noch offenen Fragen zu klären. Ziel sei, Strafzahlungen abzuwenden und
die Interessen von Grundwasserschutz und Landwirtschaft gleichermaßen zu
berücksichtigen. Auf dieser Grundlage werde man die „Allgemeine
Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und
eutrophierten Gebieten” (AVV Gebietsausweisung) ändern und umsetzen
müssen, heißt es im Umweltministerium. Im Ergebnis würden die Länder
ihre Verordnungen anpassen und die belasteten Gebiete vermutlich neu
ausweisen müssen. Damit sei aber nicht zu befürchten, dass automatisch
in der Fläche erhebliche weitergehende Auffangregelungen griffen. Dies
sei anders als im Fall von Mecklenburg-Vorpommern, wo erfolgreich gegen
die Landesregelung geklagt worden sei.
Die von der EU-Kommission geforderte ausschließliche Fokussierung auf
Messwerte in Grundwasserkörpern führe dazu, dass auch viele Betriebe,
die nachweislich ordnungsgemäß düngten, pauschal und großräumig mit
Auflagen überzogen würden, warnte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken
in einem Schreiben an die Amtschefs der Länderagrarministerien.
Verursacherbezogen
Dem Generalsekretär zufolge bestand bislang Einigkeit
zwischen Bund und Ländern sowie mit der EU-Kommission darin, dass
zusätzliche Auflagen nur in den Gebieten greifen sollten, in denen noch
tatsächlich Handlungsbedarf für den Gewässerschutz bestehe. Die
Berücksichtigung von landwirtschaftlichen Anwendungs- und Bilanzdaten
sei dabei ein wesentlicher Baustein für einen verursacherbezogenen
Gewässerschutz und Voraussetzung für die Akzeptanz in der
Landwirtschaft. Dies müsse auch gegenüber der EU-Kommission weiter mit
Nachdruck vermittelt werden.
Eine stärkere Binnendifferenzierung müsse sich auf ein breites
Messstellennetz stützen, so Krüsken weiter. Hierfür seien die Länder
gefordert, das Messstellennetz auszubauen, um nicht aus Mangel an
Messstellen und damit auf Basis unzureichender Datenverfügbarkeit große
Gebiete pauschal und Betriebe ungerechtfertigt zusätzlichen schärferen
Auflagen zu unterwerfen. Besonders kritisch zu sehen sei, wenn nicht
alle vorhandenen Messstellen für eine stärkere Binnendifferenzierung
herangezogen würden oder man wieder zurückfalle in alte Vorgehensweisen
von pauschalen Ausweisungen ganzer „roter Grundwasserkörper” bei
lediglich einer oder wenigen roten Messstellen.