Tierhaltung | 18. September 2014

Bei der Dacheindeckung alles bedacht?

Von Jens Koopmann, LWK Niedersachsen
Wie alle Bauteile eines Stallgebäudes hat auch die Dacheindeckung unterschiedliche Funktionen zu erfüllen. Welche Aspekte bei der Wahl der Dacheindeckung für Milchviehställe eine Rolle spielen und was im Einzelnen berücksichtigt werden muss, wird im Folgenden erläutert.
Sommerliche Wärmeeinträge durch Sonneneinstrahlung über die Dachfläche lassen sich durch die Wahl der Dacheindeckung beeinflussen. Bei Milchviehställen stehen als Materialien Trapezbleche, Wellfaserzementplatten und Sandwichelemente zur Auswahl. Kleinformatige Eindeckungen aus Dachziegeln spielen aus unterschiedlichen Gründen bei Stallneubauten keine Rolle mehr. So sind zum Beispiel ohne Zusatzmaßnahmen Regeldachneigungen von 20 °C und mehr einzuhalten. Außerdem erfordern kleinformatige Dacheindeckungen einen wesentlich höheren Aufwand bei der Unterkonstruktion und erzeugen eine hohe Dachlast, welche sich in der statischen Berechnung auf die Dimensionierung der einzelnen Bauteile auswirkt.
Bei einer Dacheindeckung ohne Dämmschicht sollte darauf geachtet werden, hellere Farbtöne einzusetzen. Bei diesen ist die Reflektion der Strahlungswärme höher und somit der Wärmeeintrag im Stallgebäude geringer. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer einfach umzusetzen, da es bei der Erteilung der Baugenehmigung durchaus zu Farbvorgaben von Seiten der Genehmigungsbehörden kommen kann. Diese Vorgaben orientieren sich dann eher an dunklen oder roten Farbtönen.
Lichtplatten
Der Einsatz von Lichtplatten in der Dachfläche ist ebenfalls umstritten. Dies rührt daher, dass es im Bereich von Lichtplatten zur punktuellen Aufheizung gegenüber der Umgebungstemperatur kommt. Wenn überhaupt, sollten Lichtplatten im Bereich des Futtertisches oder auf der sonnenabgewandten Seite montiert werden. Eine Montage über dem Liegebereich der Kühe ist nicht zu empfehlen. Die zusätzliche Wärmebelastung unter Lichtplatten liegt bei etwa 8–10 °C. Alternativ besteht die Möglichkeit, Lichtplatten in den Giebeldreiecken anzuordnen.
Vorteilhaft in Bezug auf die Wärmeeinträge von außen wirkt sich ebenfalls ein großer Dachüberstand an den Traufseiten aus. Stallneubauten werden häufig nur mit relativ kurzen Dachüberständen versehen. Ein Dachüberstand sollte jedoch in etwa eine Länge von etwa einem Drittel der Traufhöhe haben. Damit reduziert sich bei den traufseitigen Liegeboxen sowohl der Einfluss der Niederschläge als auch der Sonneneinstrahlung.
Lichtplatten sollten nicht über den Liegeboxen, sondern eher über dem Futtertisch oder den Laufgängen angeordnet werden.

Platten aus Wellfaserzement
Wellfaserzementplatten eignen sich als Dacheindeckung für Milchviehställe, da sie im Gegensatz zu anderen Materialien in der Lage sind, bis zu einem bestimmten Grad auftretende Feuchtigkeit aufzunehmen. Dies schränkt die Bildung von Kondenswasser erheblich ein.
Bei einer Eindeckung mit Wellfaserzementplatten kann im Sommer in unseren Breiten der Wärmeeintrag durch das Dach in einer Größenordnung von etwa 30 % der Gesamtwärmeproduktion der Kuh liegen. Um dies zu reduzieren bietet es sich an, auf helle Dachfarben zurückzugreifen. Bei der Wahl des Materials sollte jedoch darauf geachtet werden, dass einige Hersteller bei den hellen Farbtönen sowohl beschichtete als auch unbeschichtete Platten anbieten. Letztere sind zwar etwas günstiger, jedoch auch anfälliger für Grünbeläge und Moose.
Bei Wellfaserzementplatten ist in der Regel vonseiten der Hersteller, ohne die Montage zusätzlicher Dichtschnüre, eine Mindestdachneigung von 12 ° vorgegeben. Diese sollte aus
 Gewährleistungsgründen auch nicht unterschritten werden. Im Rindviehbereich, wo die Dachneigungen eher zwischen 20 ° und 25 ° liegen, spielt dieser Punkt eher eine untergeordnete Rolle, sollte aber gerade bei An- oder Umbauten nicht außer Acht gelassen werden.
Bei der Dacheindeckung mit Wellfaserzementplatten ist aufgrund des kleineren Formates das Herstellen der Unterkonstruktion materialaufwendiger als bei Trapezblechen oder Sandwichelementen.
Wellfaserzementplatten eignen sich gut für Rindviehställe, da sie die anfallende Feuchtigkeit puffern und somit den Kondenswasseranfall reduzieren können.

Sandwichelemente
Werden statt Wellfaserzementplatten als Dacheindeckung Sandwichelemente eingesetzt, reduziert sich der Wärmeeintrag durch das Dach. Der Dämmkern, in der Regel aus Polyurethan (PUR), verzögert die Übertragung der Strahlungswärme in den Stallinnenbereich. Bei der Planung sollte aber auch berücksichtigt werden, dass die Mehrkosten einer Eindeckung mit Sandwichelementen gegenüber Wellfaserzementplatten bei 15–20 €/m² liegen. Diese Kosten werden im Wesentlichen beeinflusst durch die gewählte Dämmstärke. Die Eindeckung einer kompletten Milchviehanlage mit Sandwichelementen ist deshalb häufig wirtschaftlich  nicht zu vertreten. Aus diesem Grund werden Sandwichelemente vornehmlich im Melkstandbereich oder im Vorwartehof eingesetzt. Dort stehen die Kühe häufig dicht gedrängt, und dunkle, nicht gedämmte Dächer würden den Hitzestau noch verstärken.
Trapezbleche
Trapezbleche schneiden im Vergleich mit Wellfaserzementplatten und Sandwichelementen am schlechtesten ab. Sie heizen sich sehr schnell und stark auf. Die geringe Materialdicke hat einen schnellen Wärmetransport von außen nach innen zur Folge. Durch das schnelle und starke Aufheizen kommt es außerdem zu Längenänderungen des Materials, mit der Folge, dass bei nicht fachgerechter Befestigung die Schrauben abscheren können.
Weiterhin begünstigt eine Dacheindeckung mit Trapezblechen die Kondenswasserbildung. Kondenswasser führt dazu, dass eine Holzunterkonstruktion aus Riegeln und Pfetten dauerhaft Feuchtigkeit ausgesetzt ist und es dadurch zu Pilzbildung und Holzfäule kommen kann. Selbst der Einsatz sogenannter „Antitropfbeschichtungen” schafft hier keine Abhilfe, da die Tiere in den Ställen wesentlich mehr Feuchtigkeit produzieren. Als nachteilig muss ebenfalls die auftretende Lautstärke bei Niederschlägen bewertet werden.
Als Pluspunkt erweisen sich bei Trapezblechen die geringen Herstellungskosten. Dies resultiert unter anderem aus der Tatsache, dass Trapezbleche in großen Längen geliefert werden können und deshalb keine so materialintensive Unterkonstruktion erfordern, wie beispielsweise Wellfaserzementplatten.
Durch die Fertigung in großen Längen können Trapezbleche bis zu einer bestimm-
ten Stallbreite ohne Querstöße auf der Dachfläche verlegt werden. Dies ermöglicht auch die Ausführung geringerer Dachneigungen.
Fazit
Trapezbleche sind zwar die kostengünstigste Variante der Dacheindeckung, eignen sich aber aufgrund des Kondenswasseranfalls nur bedingt für Gebäude mit Rindviehhaltung. Sandwichelemente reduzieren die Wärmeeinträge über die Dachfläche am besten, sind aber aus Kostengründen häufig für große Stallanlagen nicht wirtschaftlich. Unter Berücksichtigung aller Aspekte sollte eine Dacheindeckung mit Wellfaserzementplatten immer in die engere Auswahl einbezogen werden.