Politik | 21. August 2014

Bei der Ausgleichszulage ändert sich einiges

Von Dr. Richard Wildmann, Hermann Hofmann, MLR
Die Ausgleichszulage mit ihren teilweise geänderten Förderbedingungen ist Gegenstand des vierten Teils unserer Artikelserie zum Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg 2014–2020 (MEPL III).
Knapp zwei Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche sind in Baden-Württemberg als von der Natur benachteiligte Gebiete eingestuft. Die Ausgleichszulage (AZL) zielt darauf ab, eine dauerhafte Nutzung dieser landwirtschaftlichen Flächen zu ermöglichen.   In Baden-Württemberg ist mit dem Brachfallen von Ackerflächen und  Ackerfutterflächen nicht zu rechnen, weil dort  – im Vergleich zu Dauergrünland – eine marktorientierte Erzeugung eher möglich ist. Die AZL  wird künftig auf  Grünland konzentriert, da dort Verwertbarkeit und Wirtschaftlichkeit deutlich ungünstiger sind.
Gebietsabgrenzung
Die Neuabgrenzung der Gebietskulisse für die benachteiligten Gebiete (ohne Berggebiete) war bereits in der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 für das Jahr 2010 vorgesehen. Diese Neuabgrenzung wurde allerdings aufgrund langwieriger  Abstimmungsprozesse nicht realisiert. Nach geltendem EU-Recht soll die Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete außerhalb der Berggebiete nun spätestens ab 2018 vorgenommen werden.
Für die Bemessung der AZL wird künftig die Ertragsmesszahl der Gemeinde berücksichtigt.
Eine Neuabgrenzung der Berggebiete ist dagegen nach den EU-Verordnungen nicht vorgesehen. Daher ergeben sich auch keine neuen Kriterien, die eine geänderte Berggebietsabgrenzung rechtfertigen. Kleinere Korrekturen werden dann lediglich in Teilgemarkungen vorgenommen, da künftig nur noch ganze Gemarkungen in die Förderkulisse aufgenommen werden können. Für 2015 gilt: Die bisherige Gebietskulisse bleibt erhalten. Allerdings ergeben sich in der neuen Förderperiode einige Änderungen bei den Förderbedingungen, die nachfolgend vorgestellt werden. Gefördert werden „Aktive Betriebsinhaber” im Sinne des Artikels 9 der VO (EU) Nummer 1307/2013. Es erfolgt deshalb eine Angleichung der antragsberechtigten Unternehmen an die Regelungen zur Betriebsprämie. In der AZL sind Unternehmen mit einem Kapitalanteil der öffentlichen Hand von über 25 % am Eigenkapital weiterhin von der Förderung ausgeschlossen.
Welche Voraussetzungen müssen für die Förderung erfüllt werden? Cross-Compliance-Auflagen sind einzuhalten.  Ferner müssen die selbstbewirtschafteten Grünlandflächen in den abgegrenzten benachteiligten Gebieten mindestens einmal jährlich gemäht oder beweidet werden. Sofern keine jährliche Schnittnutzung erfolgt, ist eine entsprechende Weidepflege erforderlich. Für Grünland, das aus der landwirtschaftlichen Erzeugung genommen wurde, und für Schläge unter 0,10 Hektar kann weiterhin kein Ausgleich gewährt werden.
Wie wird gefördert?
Die Ausgleichsleistungen je Hektar zuwendungsfähiger Grünlandfläche in Berggebie-ten und anderen benachteiligten Gebieten werden nach der Ertragsmesszahl (EMZ) der jeweiligen Gemarkung differenziert. Die bisherige Differenzierung nach der Landwirtschaftlichen Vergleichszahl (LVZ) ist nach EU-Vorgabe nicht mehr möglich. In der neuen Förderperiode wird auch in Berggebieten eine Differenzierung der Ausgleichsleistung eingeführt, da die abgegrenzten Berggebiete ebenso keine homogenen Gebiete sind, sondern eine unterschiedliche natürliche Benachteiligung aufweisen. Durch die Staffelung der Ausgleichsbeträge nach der EMZ wird auch dort die unterschiedliche Benachteiligung ausgeglichen und damit insgesamt gerechter. Es gilt die Faustformel: Je niedriger der EMZ-Wert, desto ungünstiger der Standort und desto höher auch die AZL. Die EMZ-Daten werden von der Finanzverwaltung gepflegt und für jede Gemarkung ermittelt. Die Höhe der Ausgleichszulage zeigen die beiden unten stehenden Tabellen. Die Berggebiete werden je nach Ertragsmesszahl mit 100 bis 150 Euro/Hektar gefördert, die sonstigen benachteiligten Gebiete mit 25 bis 120 Euro/Hektar. Die am stärksten benachteiligten Gebiete werden damit den besseren Berggebieten weitgehend gleichgestellt. Die räumliche Abgrenzung der Gebiete zeigt die Karte.
Die bisherige Förderung der sogenannten Handarbeitsstufe (Grünlandflächen mit über 50 Prozent Hangneigung) wird in der AZL  nicht mehr weitergeführt. Im Gegenzug wird im Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) eine entsprechende Hangneigungsförderung angeboten, die zukünftig nicht auf die Kulisse der benachteiligten Gebiete begrenzt ist.
Der bisherige Höchstbetrag von 12 000 Euro je Unternehmen beziehungsweise bei Kooperationen bis zu 48 000 Euro wird aufgrund von EU-Vorgaben nicht mehr weitergeführt. Stattdessen ist die Förderung ab einer förderfähigen Grünlandfläche von 100 Hektar degressiv zu gestalten. Ab einer Grünlandfläche des Unternehmens von 500 Hektar wird für die darüber hinausgehenden Flächen keine AZL  mehr gewährt. Der bisherige Abzug von 14 % des berechneten Ausgleichs wird zukünftig entfallen. Der bisherige Mindestauszahlungsbetrag von 250 Euro je Antrag wird dagegen beibehalten.
Im neuen Programmplanungszeitraum ist ein Fördervolumen von 30 Millionen Euro pro Jahr vorgesehen. Die Landesregierung würdigt damit die hohe Bedeutung der AZL  in Baden-Württemberg – anders als einige andere Bundesländer, die die AZL  in der neuen Förderperiode einstellen. Die AZL ist  und bleibt ein zentrales Element der Landesagrarpolitik und ein wichtiges Instrument zur Erhaltung der Kulturlandschaft und der Landwirtschaft im ländlichen Raum.