Die von der Bundesregierung genehmigte Einreise von Saisonarbeitskräften aus Osteuropa hat sich nach Startschwierigkeiten eingespielt.
Germanwings hat nach eigenen Angaben bis zum 16. April auf gut 30 Flügen mehr als 3000 Erntehelfer von Rumänien nach Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Karlsruhe/Baden-Baden, Leipzig, Nürnberg und Hahn gebracht. Die ersten sechs Sonderflüge aus Rumänien hat TUI Fly durchgeführt. Eine eigene Initiative „Bauer sucht Flug” hat die Lufthansa-Tochter Condor angekündigt.
Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, zeigte sich zufrieden. Es sei gelungen, einen geordneten Einreiseweg zu organisieren, „der den Anforderungen des Infektionsschutzes gerecht wird und zugleich Anbau und Ernte der deutschen Landwirtschaft sichert”, so Krüsken. Seiner Einschätzung nach werden die jeweils für April und Mai vorgegebenen Kontingente von 40000 ausländischen Erntehelfern ausreichend sein.
Wie fragil das Einreiseverfahren ist, hatte sich allerdings bereits beim Auftakt gezeigt. Am Gründonnerstag war es rund um den Abflug von Erntehelfern in Cluj zu chaotischen Verhältnissen gekommen. Bis zu 2000 Menschen hatten sich am Flughafen gedrängt, um einen der Flüge nach Deutschland zu bekommen. Vorgesehen waren sieben bis acht Flüge pro Stunde. In der Flughafenhalle standen die Menschen dichtgedrängt. Die rumänische Regierung hatte daraufhin die Flüge zwischenzeitlich ausgesetzt. Erst nachdem veranlasst worden war, dass Flüge 48 Stunden vorher angekündigt werden müssen, hatte die Regierung wieder grünes Licht gegeben.
DBV: Vorgabe sinnvoll
Krüsken bezeichnete die Vorgabe als sinnvoll. „Wir
gehen davon aus, dass die Ausreise mittlerweile reibungslos läuft”, hieß
es zu Beginn der vergangenen Woche beim DBV.
Gleichwohl sorgten die Probleme in Cluj hierzulande für Gesprächsstoff.
Der Sprecher für Agrarpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich
Ostendorff, nannte die Umsetzung der ersten Sonderflüge „skandalös und
in jeder Hinsicht unverantwortlich”. Der Grünen-Politiker kritisierte
auch den Gesundheitscheck bei der Ankunft in Deutschland, der lediglich
aus Temperaturmessung und einem Fragenbogen bestehe und damit Sicherheit
lediglich „vorgaukelt”. Er rief nach Bekanntwerden der Vorkommnisse
dazu auf, die Einreise sofort auszusetzen. Eine Fortsetzung fand die
Diskussion mit dem Bekanntwerden des Todes eines positiv auf das Coronavirus getesteten rumänischen Erntehelfers.
„Wenn der Infektionsschutz für Saisonarbeitskräfte nicht sicher
umgesetzt wird, ist ihr Einsatz unverantwortbar”, erklärte die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Kirsten
Tackmann. Dies gelte erst recht, wenn es nicht um Kulturen der
Grundversorgung oder gesunden Ernährung gehe.
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) rief die
Bundesregierung dazu auf, die Gesundheit von Erntehelfern besser zu
schützen. Anreisende Arbeitnehmer müssten unverzüglich die
Telefonnummer der Info-Hotline des DGB-Projekts „Faire Mobilität”
erhalten. Diese stelle sicher, dass Erntehelfer in ihrer jeweiligen
Sprache beraten werden können.
Unterdessen kündigte die niedersächsische Landesregierung an,
landwirtschaftlichen Betrieben eine finanzielle Unterstützung zu
gewähren, um die Hygieneanforderungen bei Beschäftigung und
Unterbringung von Saisonarbeitskräften zu erfüllen. Im Landeshaushalt
wurden dafür insgesamt vier Millionen Euro eingestellt.