Politik | 29. April 2021

Bauernverband stellt Gretchenfrage

Von AgE
Der Deutsche Bauernverband (DBV) will, dass die Erzeugung von Nahrungsmitteln in der gesellschaftlichen Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft stärker gewichtet wird. In seinem Zukunftskonzept schlägt er dazu eine Grundgesetzänderung vor.
Zum Zukunftskonzept des DBV gehört die Forderung, dass die Ernährungssicherung ins Grundgesetz aufgenommen wird.
Der Deutsche Bauernverband stellte sein Zukunftskonzept für die Landwirtschaft vergangene Woche vor. Danach sollen die Ernährungssicherung ebenso wie der Klimaschutz als weitere Staatsziele neben dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Tierschutz in den Artikel 20a des Grundgesetzes aufgenommen werden. Verbandspräsident Joachim Rukwied begründete das gegenüber Journalisten mit der Notwendigkeit, zu einer ausgewogeneren Abwägung zwischen Belangen von Umwelt und Ernährung zu kommen. Sowohl in der politischen Entscheidungsfindung als auch in der Rechtsprechung komme die Erzeugung sicherer und hochwertiger Lebensmittel als zentrale Aufgabe der Landwirtschaft oftmals zu kurz.
Staatsziel Ernährungssicherung
Ein Staatsziel „Ernährungssicherung” könne zu einer höheren Wertigkeit beitragen und gehe weit über eine reine Symbolik hinaus.
Durch die derzeitigen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen sähen sich die Landwirte zunehmend unter Druck gesetzt. Dies gehe bis hin zu grundsätzlichen Zweifeln an der Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft in Deutschland. Mit dem Zukunftskonzept wolle man eine Diskussion in Gang bringen, wie sich das wieder ändern lasse. „Wir wollen einen Anstoß für eine grundsätzliche Diskussion über die Rolle der Landwirtschaft geben”, so Rukwied.
Die ersten Reaktionen aus der Politik fielen gemischt aus. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, begrüßte den Vorschlag, Ernährungssicherung und Klimaschutz als weitere Staatsziele in das Grundgesetz aufzunehmen. „Der DBV rennt mit beiden Forderungen bei uns offene Türen ein”, erklärte die CDU-Politikerin. Demgegenüber zeigte sich der Sprecher für Agrarpolitik bei den Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, enttäuscht. „Zu allgemein und unzureichend” nannte er das DBV-Zukunftskonzept.
Neben einer Grundgesetzänderung spricht sich der Bauernverband in seinem Zukunftskonzept konkret dafür aus, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) zu erweitern und finanziell aufzustocken. Dabei gehe es darum, Nachhaltigkeitsleistungen zu honorieren und die Investitionsförderung längerfristig auszurichten.
Darüber hinaus bedürfe es einer weiteren Stärkung der Landwirte in der Lebensmittelkette. Voraussetzungen dafür sei eine verbindliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung von nachhaltig erzeugten heimischen Produkten. Handel und Verarbeiter müssten den Landwirten dafür einen Bonus gewähren, der vollständig bei ihnen ankomme.
Vorfahrt für Kooperation
Schließlich erwartet der DBV eine verbindliche Zusicherung, dass im Natur- und Landschaftsschutz Kooperation Vorfahrt hat gegenüber dem Ordnungsrecht.
„Wir wollen mit unserem Zukunftskonzept den Grundpfeiler für eine neue Partnerschaft zwischen Ernährung und Landwirtschaft setzen”, betonte Rukwied. Die deutschen Bauern erzeugten nicht nur hochwertige und sichere Lebensmittel, sondern leisteten auch vielfältige Beiträge im Umwelt-, Klima- und Artenschutz. Künftig müsse es darum gehen, wie sich eine hochwertige Erzeugung von Lebensmitteln mit mehr Nachhaltigkeit verbinden lasse.
Rukwied bezeichnete den Vorstoß für eine Grundgesetzänderung als ureigenes Anliegen des landwirtschaftlichen Berufsstands.  Man habe daher bewusst diesen Weg gewählt, ein eigenes Konzept vorzulegen. Das stehe nicht im Widerspruch zur Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZkL), die mit der Suche nach einem breiten gesellschaftlichen Konsens einen anderen Ansatz verfolge. Der DBV sehe zudem die Aufgabe des Zukunftskonzepts nicht darin, Einfluss auf die Tagespolitik zu nehmen, etwa im Zusammenhang mit der Gestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), betonte der Verbandspräsident. Stattdessen gehe es um die Klärung grundsätzlicher Fragestellungen. Eine Gelegenheit dafür biete der anstehende Bundestagswahlkampf, bei dem das Thema „Landwirtschaft und Ernährung” nach DBV-Einschätzung eine wichtige Rolle spielen wird. Man erhoffe sich von den Parteien Hinweise, „wie sie zu unseren Vorstellungen stehen”, sagte Rukwied.