Politik | 03. Juli 2014

Bäuerliche Familienbetriebe als „Ja”-Gemeinschaft präsentiert

Von enz
Lebhaft, dynamisch, bei guter Stimmung – so bilanzierte Joachim Rukwied, der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), den Deutschen Bauerntag 2014, der am 25. und 26. Juni im pfälzischen Bad Dürkheim stattfand. Er stand unter dem Motto: „Bauern leben Verantwortung”.
Rund 600 Delegierte aus den regionalen Bauernverbänden nahmen am Deutschen Bauerntag 2014 in Bad Dürkheim teil. Hier verfolgen sie gerade die Grundsatzrede von Joachim Rukwied, dem Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), bei der Mitgliederversammlung des DBV.
Im UN-Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft rückte der DBV den Aspekt in den Mittelpunkt seiner Mitgliederversammlung, dass auch die Landwirtschaft in Deutschland familiengetragen ist: „Vom Einfamilien- bis Mehrfamilienbetrieb”, wie Präsident Joachim Rukwied in seiner Grundsatzrede betonte.  Zur Verdeutlichung der Familienorientierung  war Gerd Sonnleitner als ehemaliger Präsident des DBV nicht nur zuhörender Ehrengast, sondern als UN-Sonderbotschafter für das internationale Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft Akteur auf der Bühne. Evelyn Nguleka, die Vizepräsidentin des Weltbauernverbandes (WFO) aus Sambia, trat  beim Bauerntag auf, um auf die weltumspannende Bedeutung der von Familien getragenen Landwirtschaft hinzuweisen.
Mit deutlichen Worten untermauerte DBV-Präsident Joachim Rukwied in seiner Grundsatzrede, dass die Bauernfamilien in Deutschland  tagtäglich dem Motto „Verantwortung leben” gerecht werden. Sie gehen, so Rukwied, sorgsam mit der Umwelt um, sind aber auch ein Kernsegment der ländlichen Wirtschaft. Der DBV-Präsident forderte dafür die Begleitung der Politik und der Gesellschaft ein und reklamierte unternehmerische Freiräume und Offenheit für Innovationen, damit die Bauernfamilien  erfolgreich wirtschaften können.
Auf Verantwortung setzen
„Wir brauchen Rahmenbedingungen, die auf Verantwortung setzen, statt zu entmündigen”, so Rukwied.  
Auf konkrete aktuelle Politikfelder eingehend, bezeichnete Rukwied die Reformbeschlüsse zur EU-Agrarpolitik als tragfähigen Kompromiss, der bäuerlichen Anliegen unter Ökonomie- und Naturschutzgesichtspunkten nachkomme. „Es hat sich gelohnt, hart zu kämpfen und zu streiten”, bilanzierte der DBV-Präsident. Ein Wermutstropfen sei das Umbruchverbot von Grünland.
Rukwied forderte, die Zweite Säule (Förderung der ländlichen Entwicklung) zu stärken. So müssten die Mittel für die „Gemeinschaftsaufgabe” um 200 Millionen Euro, besser um 400 Millionen  Euro aufgestockt werden, betonte er unter dem Beifall der rund 600 Delegierten der regionalen Bauernverbände aus dem Bundesgebiet. „Nicht zufrieden” zeigte sich  Rukwied  mit dem Bundestagsbeschluss zum Erneuerbare-Energien-Gesetz. Als „noch viel zu hoch” bezifferte er den Flächenverbrauch. Beim Thema Mindestlohn wiederholte Rukwied die vehementen berufsständischen Forderungen nach einer Ausnahmeregelung für Saisonarbeitskräfte (siehe auch Seite 6 und Seite 10).
Das Heft in die Hand nehmen
In Fragen der Tierhaltung betonte Rukwied, dass sich der Berufsstand der Diskussion stelle und mit der Initiative Tierwohl selbst das Heft in die Hand nehme. Er verwahrte sich allerdings gegen „unflätige Kritik”. Das sei unverantwortlich gegenüber den Tierhaltern. Beim Thema Ackerbau lenkte Rukwied den Blick auf die kommende Novelle der Düngeverordnung und forderte: „Es muss in Deutschland auch zukünftig bedarfsgerecht gedüngt werden können.” Das Heft in die Hand nehmen will der DBV nach den Worten Rukwieds auch bei der Kommunikation und der Öffentlichkeitsarbeit nach innen und außen. Es gelte, „das, was wir haben, auszubauen und zu modernisieren”. Rukwied setzt hierbei auf bewährte Elemente wie den „Tag des offenen Hofes” ebenso wie auf den Einsatz neuer Medien. „Wir setzen auf Allianzen und den gesellschaftlichen Kontext”, schloss Rukwied seine Rede unter anhaltendem Beifall.

Zu den Politiker-Persönlichkeiten, die dem Deutschen Bauerntag ihre Aufwartung machten, gehörten (von links) Malu Dreyer, ...
In einem Grußwort würdige Malu Dreyer, Ministerpräsidentin des Gastgeberlandes Rheinland-Pfalz, die  heimische Landwirtschaft: „Ich weiß, was unsere Betriebe leisten.” Das Bauerntag-Motto „Wir leben Verantwortung” stehe für eine Landwirtschaft, die von Nachhaltigkeit geprägt ist. Sie betrete hier kein Neuland. Dreyer redete einer „Verantwortungsgemeinschaft aus Landwirtschaft, Politik und Verbrauchern” das Wort.  Nicht auf Bauernverbandslinie begab sie sich beim Thema Mindestlohn und bat hierbei betont freundlich „um Verständnis”.
Grüße der Bundeskanzlerin und unterstützende Worte brachte beim anschließenden Begegnungsabend „Bauern treffen Bauern” auf Gut Rehhütte der BASF in Limburgerhof Kanzleramtsminister Peter Altmaier mit.
Schmidt: leise, aber kampfbereit
... Günther Oettinger, EU-Kommissar für Energie, ...
Der zweite Tag der Mitgliederversammlung war geprägt von den Reden von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und Günther Oettinger, dem EU-Kommissar für Energie. Schmidt bekannte sich als „Kind des ländlichen Raumes” klar zu einer Landwirtschaft, die von Unternehmertum geprägt ist. Auch auf seinen Politik-Stil ging er ein. Er sei „für die schrillen Töne nicht zu haben”, betonte er und schob ergänzend nach, dass   „Schlagzeilen machen nicht unbedingt schon bedeutet, dass man etwas für die Landwirtschaft erreicht hat”. Der Minister präsentierte sich gegenüber den bäuerlichen Delegierten als – so wörtlich –  „kampfbereit”. In Anlehnung an seine früheren Aufgaben beim Bundesverteidigungsministerium erklärte er, dass er beim Kampf zunächst gerne mit kleineren Kalibern auskomme. Bei der Umsetzung der EU-Agrarreform betonte er sein Eintreten für nachhaltige und verlässliche Regelungen.
... und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.
Beim Thema Tierwohl sprach er sich für praxistaugliche Lösungen aus: „Wo Kritik gerechtfertigt ist, müssen wir Anpassungen vornehmen. Unser Ziel ist es, europaweit höhere Standards zu verankern. Dafür brauchen wir jedoch mehr als reine Verbotspolitik. Ich setze auf die Wissenschaft und die Suche nach realistischen Alternativen”, betonte Schmidt. 
Der Minister streifte in seiner viel beachteten Rede alle aktuellen landwirtschaftlichen Themenfelder. Stets ließ er durchblicken, dass ihm viel an pragmatischen Lösungen liegt. Ein besonderes Anliegen war ihm noch das Thema Hofabgabeklausel. „Ich möchte mit der Hoferbengeneration reden, wie sie ihre Zukunft umsetzen will, und nicht nur mit älteren Berufsstandsvertretern”, betonte er und erhielt dafür reichlich Beifall.
Oettinger als überzeugter Europäer
EU-Kommissar Günther Oettinger nutzte seine Rede für ein flammendes Bekenntnis zu Europa.   Europa sei Friedensunion, Wertegemeinschaft und Binnenmarkt. „Alle drei Säulen sind notwendiger denn je. Wer daran sägt, sägt am eigenen Ast”, erklärte er. Oettinger kritisierte eine gesellschaftliche Tendenz des „Nein-Sagens”. Das sei weder attraktiv noch innovativ. DBV-Präsident Joachim Rukwied nahm den Ball auf und bezeichnete die Bauernfamilien als „Ja”-Gemeinschaft, die engagiert die Zukunft in Angriff nehme. Zum Thema Erneuerbare Energien äußerte sich Oettinger vergleichsweise knapp. Er tritt nach eigenen Worten für einen maßvollen, sinnhaften und zielgerichteten Ausbau ein.