Ein Ende der starken Selektion von Kühen auf die Milchleistung zu Lasten der Tiergesundheit hat die Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) aus Horstmar-Leer gefordert.
Die durchschnittliche Nutzungsdauer der Milchkühe liegt bei weniger als drei Laktationen.
Wie die Fortbildungsgesellschaft mitteilte, haben sich Tierärzte und Praktiker auf ihrer Jahrestagung Mitte März in Göttingen in einer Erklärung eindeutig für eine Neubewertung der Zuchtziele ausgesprochen. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die erfolgte Steigerung der Milchleistung mit leistungsbedingten Erkrankungen bei mehr als der Hälfte der Kühe in der Laktation einhergehe und daraus frühe Abgänge folgten. Die derzeitige Nutzungsdauer von weniger als drei Laktationen liege zudem unter der ökonomisch optimalen Periode von sechs bis sieben Jahren, heißt es in der Erklärung. Problem sei, dass eine höhere Milchleistung zwingend eine entsprechend höhere Futteraufnahme erfordere. Gelinge das nicht, verlängere sich die negative Energiebilanz der Milchkühe nach dem Abkalben und Stoffwechselstörungen und Folgeerkrankungen träten auf.
AVA-Leiter und Tierarzt Ernst-Günther Hellwig stellte vor diesem Hintergrund fest: „Die Zeiten der überhasteten Jagd auf Milchleistung gehören der Vergangenheit an. Eine Jungkuh, die möglichst schnell ihre ersten 10000 kg Milch geben soll, dann aber nicht einmal das Ende der Laktation erlebt, wollen weder die Verbraucher noch die milchproduzierenden Landwirte.” Hellwig forderte, dass die Kühe wieder älter werden müssten, um in der Kombination mit einer stabilen Milchleistung auf größtmöglichem tiergesundheitlichem Niveau eine höhere Lebenseffektivität zu erreichen. Er bemängelte, dass bei der Zuchttierbewertung der Deutschen Holsteins die Milchleistung mit fast 50 % gegenüber anderen Merkmalen wie Nutzungsdauer, Exterieur oder Fruchtbarkeit nach wie vor das höchste Gewicht habe. Das sei auch mehr als in Zuchtprogrammen anderer EU-Staaten. Die Göttinger Erklärung 2016 zur Milchproduktion kann abgerufen werden unter www.ava1.de.