Von Dr. Martin Armbruster
Nachdem die Afrikanische Schweinepest (ASP) den Rhein-Neckar-Kreis im Land erreicht hat, wurde auf Initiative der nördlichsten BLHV-Bezirksgeschäftsstelle Achern eine Online-Veranstaltung durchgeführt. Es wurde informiert und auf viele Fragen von Landwirten geantwortet.
Drohnen halten ausschau nach Wildschweinen und leisten so bei den Maßnahmen gegen die Afrikanische Schweinepest wertvolle Dienste.
Der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Hessen und die direkte Betroffenheit Baden-Württembergs in der nordwestlichen Region im Bereich Mannheim bedrohen die Landwirtschaft in verschiedenen Bereichen. Es gibt viel Informationsbedarf wegen Vorsorgemaßnahmen, Risikomanagement und Schadensbegrenzung. Auf Initiative der nördlichsten BLHV-Bezirksgeschäftsstelle Achern wurde eine Online-Veranstaltung durchgeführt, nicht nur, um zu informieren, sondern besonders, um die Fragen der Landwirte zu beantworten.
Michael Fröhlin, Müllheimer Kreisvorsitzender des BLHV und Sprecher der schweinehaltenden Betriebe im BLHV-Gebiet, stellte gleich zu Beginn klar heraus, dass direkt betroffene Betriebe mit infizierten Schweinen Unterstützung von der Tierseuchenkasse (TSK) bekämen, während es bei Betrieben, die nicht infiziert, aber gesperrt seien, keine Leistung von der TSK gebe. Daher seien gewaltige Probleme zu befürchten.
Liquidität der Betriebe gefährdet
Verbringungsverbote für Nutz- und
Schlachttiere könnten über die Zunahme der Lebendgewichte mittelfristig
zu tierschutzrelevanten Zuständen führen. Parallel dazu ist zu
befürchten, dass über Einnahmeausfälle die Liquidität der Betriebe
gefährdet wird. Des Weiteren ist zu erwarten, dass auch viehlos
wirtschaftende Betriebe über Ernteverbote, Behandlungsmaßnahmen des
Ernteguts und Lagervorgaben beeinträchtigt wären. Dr. Hans-Peter
Sporleder vom Kompetenzzentrum Afrikanische Schweinepest bei der
Wildforschungsstelle des Landwirtschaftlichen Zentrums Baden-Württemberg
(LAZBW) in Aulendorf informierte über die aktuelle Rechtslage, aber
auch über offene Fragen und praktische Probleme bei der Bekämpfung der
Tierseuche.
Könnten Fliegen ASP übertragen?
Überraschend und
besorgniserregend ist, wie schnell sich die ASP in den
Wildschweinbeständen ausgebreitet hat und einige Hausschweinebestände
in Hessen, darunter auch große Betriebe, infiziert wurden. Die Fachleute
diskutieren, ob Fliegen Überträger der Krankheit sein könnten, die in
Folge des Westwinds schnell und weit nach Osten getragen werden. Für
diese These spricht, dass westlich des Rheins in Rheinland-Pfalz bislang
keine Seuchenfälle aufgetreten sind. Einige Fragen zum Thema,
welche Einschränkungen die Landwirtschaft bei einem Seuchenausbruch im
BLHV-Gebiet zu erwarten hat, können wie folgt beantwortet werden:
- In
der Sperrzone 1, ehemals Pufferzone, gibt es für viehlos wirtschaftende
Betriebe eigentlich keine Auflagen. Schweinehaltende Betriebe müssen
ein Gesundheitsmonitoring und Biosicherheitsmaßnahmen durchführen.
- In
der Sperrzone 2, ehemals als gefährdetes Gebiet oder infizierte Zone
bezeichnet, gibt es für viehlos wirtschaftende Betriebe Auflagen wie
beispielsweise die Duldung von Zäunungsmaßnahmen und Jagdschneisen. Es
darf keine Schweinegülle von außerhalb des Gebietes eingeführt werden
und es gibt Erntebeschränkungen. Zum Glück ermöglicht der
Drohnenüberflug die Freigabe von Maisbeständen zur Ernte und auch die
Grünlandnutzung ist bei geringer Wuchshöhe möglich. Problematisch ist
die vorgeschriebene Lagerung von Stroh und Heu für mindestens sechs
Monate oder aber die Erhitzung auf mindestens 70 Grad. Getreide muss
ebenfalls 30 Tage gelagert oder hitzebehandelt werden. Für
schweinehaltende Betriebe würde dann, wie bereits von Michael Fröhlin
angemerkt, ein Verbringungsverbot gelten. Davon kann, mit viel
bürokratischem Aufwand, abgewichen werden. Es stellt sich jedoch die
Frage, ob es im Zweifel Abnehmer für Nutztiere aus der infizierten Zone
geben würde. Ähnliches ist auch für Verbringung von Schlachttieren zu
befürchten. „Welcher Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb möchte im
Zweifel Tiere aus der infizierten Zone zu Konserven verarbeiten, wenn
ein Imageschaden zu befürchten ist?”, erklärte Sporleder.
Versicherung gegen Ertragsschaden
Eine Ertragsschaden-Versicherung kann in diesem Fall hilfreich sein.
Dies gilt insbesondere für spezialisierte, große schweinehaltende
Betriebe, die über eine entsprechende Liquidität verfügen müssen. Die
Versicherung springt dann ein, wenn alle physikalischen
Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden und die ASP dennoch ausbricht,
erklärte Thomas Zwick von der R+V-Versicherung. Die R+V-Versicherung
würde in diesem Fall den Ertragsschaden sowohl bei direkt betroffenen
schweinehaltenden Betrieben als auch bei viehlos wirtschaftenden
Ackerbaubetrieben bezahlen, wenn diese infolge der Auflagen
Einkommenseinbußen hätten, so Zwick.
Wie geht es weiter nach Bestandskeulung?
Die Frage, wie lange ein Betrieb, dessen Tierbestand
aufgrund der Infektion gekeult werden musste, warten muss, bis er wieder
neu einstallen kann, lässt sich wie folgt beantworten: Nach Keulung,
Reinigung, Desinfektion und einer Wartezeit von drei Monaten könnte
theoretisch wieder eingestallt werden. In der Regel dauert es jedoch
weit länger, da sich die Betriebe vom wirtschaftlichen Schaden erholen
müssen und auch die psychische Belastung aufgrund der Keulung der Tiere
für die bäuerliche Familie derart groß ist, dass vielfach die
Schweinehaltung nicht wieder aufgenommen wird, berichtete Sporleder.
Fragen zur Körnermaisernte
Der
Ablauf der Körnermais-ernte im infizierten Gebiet ist demgegenüber laut
Sporleder relativ einfach. Der Maisbestand wird mit einer Drohne, die
mit Wärmebildkamera ausgestattet ist, überflogen und die
Wildschweinfreiheit festgestellt, dann kann geerntet werden. Sind
Wildschweine im Maisbestand, muss gewartet werden, bis die Schweine
abgezogen sind. Schlimm wäre, wenn man mithilfe der Drohne kranke
Wildschweine finden würde. „Worst case” (schlimmster Fall) wäre ein
infizierter Kadaver, der bei der Ernte gefunden würde.
Handel mit Getreide und Mais
Ob landwirtschaftliche Betriebe mit eigener Schlachtstätte in
der infizierten Zone weiterhin Mastschweine schlachten und verarbeiten
dürfen, kann mit JEIN beantwortet werden. Die Herstellung von
Konserven/Dosenwurst wäre möglich, die Verwertung und Vermarktung von
Rohfleisch aufgrund der hohen Auflagen und des bürokratischen Aufwands
jedoch kaum umsetzbar, so Sporleder. Die Frage, ob Getreide oder
Körnermais aus der infizierten Zone, das/der die Mindestlagerdauer
erfüllt hat oder wärmebehandelt wurde, frei gehandelt werden kann, ist
differenziert zu beantworten. Formal wäre diese Ware ohne
Einschränkungen innerhalb und außerhalb der Restriktionszone marktfähig.
Auf einem freien Markt kann sie allerdings aufgrund der Herkunft mit
Blick auf den Preis als minderwertig eingestuft werden, und
schweinehaltende Betriebe außerhalb der Restriktionszone wollen diese
Ware wegen des Bauchgefühls wahrscheinlich gar nicht haben. Das Gleiche
gilt für Stroh, befürchtet Sporleder.
Für die Weinlese sollte es
wenig Probleme gebenWegen der Weinlese sollte es wenig Probleme geben,
da Weinberge in der Regel für Wildschweine wenig attraktiv sind, es sei
denn, es gibt aufgegebene verwilderte Weinberge oder Biotopbereiche, die
als Rückzugsort dienen könnten. Im Zweifel sollte die
Wildschweinfreiheit ebenfalls mittels Drohnenflug überprüft werden
können.
Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass es bei der
Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest auch eine
grenzüberschreitende Abstimmung mit Frankreich und der Schweiz gibt.
Basis dafür ist die seit langem bestehende Oberrheinkonferenz.