Die Afrikanische Schweinepest (ASP) wirkt sich nun auch direkt auf Baden-Württemberg aus. Nachdem in einem hessischen Landkreis nahe der Landesgrenze ein Wildschwein positiv getestet wurde, müssen jetzt auch die Stadt Mannheim und der Rhein-Neckar-Kreis Sperrzonen einrichten.
Einer von sieben bisher von der ASP betroffenen Betrieben in Hessen. Dort mussten alle Tiere gekeult werden.
Die ASP hat in gewisser Weise auch den Südwesten erreicht.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk teilte am Dienstag mit, dass am vergangenen
Wochenende im hessischen Landkreis Bergstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zu
Baden-Württemberg ein Wildschwein positiv auf das ASP-Virus getestet worden
sei. Nach den EU-rechtlichen Vorgaben müssten jetzt auch die an Hessen
angrenzende Stadt Mannheim und der Rhein-Neckar-Kreis Restriktionszonen
einrichten.
In der infizierten Zone (Sperrzone II) gelten laut Hauk
Beschränkungen für Verbringungen von gehaltenen und wildlebenden Tieren oder
Erzeugnissen sowie weitere Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung und zum Schutz vor
biologischen Gefahren. Zudem werden befristete Jagdverbote und die
Fallwildsuche angeordnet. Alle tot aufgefundenen oder erlegten Wildschweine
werden untersucht. Außerdem könne die land- und forstwirtschaftliche Nutzung
eingeschränkt und das Anlegen von Jagdschneisen verfügt werden. Auch das
Errichten von Zäunen sei möglich. Hausschweinebetriebe unterliegen in dieser
Zone verstärkten Biosicherheitsmaßnahmen und Beschränkungen.
In der Pufferzone
(Sperrzone I), die sich um die infizierte Zone herum befindet, können dem
Minister zufolge Betretungs- und Befahrungsverbote ausgesprochen werden. Zudem
unterliegen auch die dortigen Hausschweinebetriebe verstärkten
Biosicherheitsmaßnahmen und Beschränkungen.
Getroffene Vorbereitungen
Hauk betont, dass das Land schon seit 2018 über einen
Maßnahmenplan zur Vorbeugung und Bekämpfung der ASP verfügt, der konsequent
umgesetzt werde. Neben einer erhöhten Wachsamkeit in den Grenzregionen nennt er
beispielhaft die Einrichtung von landesweit 210 Verwahrstellen zur Entsorgung
von Wildschweinekadavern oder die Förderung der Wildschweinbejagung. In den
Schweinebetrieben würden entsprechend den EU-Vorgaben pro Woche mindestens zwei
Falltiere älter als 60 Tage auf ASP untersucht. Zudem habe das Land bereits mit
einer „taktische Zäunung” begonnen. Das heißt, ASP-freie Gebiete werden
weiträumig vor infizierten Wildschweinen abgesichert, etwa entlang der Autobahn
A6 oder entlang des Rheindeichs in Mannheim.
Der Ressortchef wies außerdem auf das Baden-Württemberger
Modell der Suchhundeteams hin, die zentral ausgebildet und eingesetzt würden
und jetzt auch in Hessen helfen würden.
Fallzahlen steigen rasant an
Derweil meldete das hessische Landwirtschaftsministerium
einen weiteren ASP-Fall im Landkreis Groß-Gerau in einem Betrieb mit
1800 Hausschweinen. Somit sind bis zum Redaktionsschluss der BBZ am
Mittwochnachmittag sieben Fälle bei Hausschweinen in Hessen und mehr als 80
Fälle bei Wildschweinen in Hessen und Rheinland-Pfalz bekannt. Davon waren
allein 17 am Dienstag gemeldet worden.
Zusammenarbeit in der Kritik
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) meldete am
vergangenen Freitag den „Zentralen Krisenstab Tierseuchen” einberufen zu haben.
Beteiligt sind die Amtschefs der Ministerien des Bundes und der Länder, die für
die Tierseuchenbekämpfung zuständig sind. Sie beraten über politische und
überregionale Maßnahmen und beschließen bei Bedarf ein
bundeseinheitliches Vorgehen. So unterstützte der Bund beispielsweise bei den
epidemiologischen Untersuchungen oder bei der Abstimmung der Maßnahmen und
Sperrzonen mit der EU. Aktuell habe man eine Informationskampagne neu
gestartet, um Menschen dafür zu sensibilisieren, keine Lebensmittelreste
wegzuwerfen – etwa an Autobahnraststätten, wo gerade im Sommer viel
Reiseverkehr herrscht.
Unterdessen kritisierten der Deutsche Bauernverband (DBV),
der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT)
das uneinheitliche Vorgehen in den Bundesländern. Als Beispiel nennen die
Verbände die Vorgaben zum Umgang mit Erntegut, die in Südwestdeutschland
unterschiedlich ausgelegt würden. In einem Schreiben baten sie Katharina Kluge,
Unterabteilungsleiterin für Tiergesundheit im BMEL, sich für eine engere
Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und den Behörden vor Ort einzusetzen.
Zudem forderten sie regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sowie Krisenübungen.
Auch die Bundestierärztekammer meldete sich zu
Wort und wies im Zusammenhang mit der prekären Tierseuchensituation auf die
schlechte personelle Ausstattung der Veterinär- und Untersuchungsämter hin. Sie
warnt vor einer Überbelastung des Personals und einer bevorstehenden
Eskalation.