Tierhaltung | 31. Juli 2024

ASP: Erste Sperrzonen in Baden-Württemberg

Von der BBZ-Redaktion und AgE
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) wirkt sich nun auch direkt auf Baden-Württemberg aus. Nachdem in einem hessischen Landkreis nahe der Landesgrenze ein Wildschwein positiv getestet wurde, müssen jetzt auch die Stadt Mannheim und der Rhein-Neckar-Kreis Sperrzonen einrichten.
Einer von sieben bisher von der ASP betroffenen Betrieben in Hessen. Dort mussten alle Tiere gekeult werden.
Die ASP hat in gewisser Weise auch den Südwesten erreicht. Landwirtschaftsminister Peter Hauk teilte am Dienstag mit, dass am vergangenen Wochenende im hessischen Landkreis Bergstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zu Baden-Württemberg ein Wildschwein positiv auf das ASP-Virus getestet worden sei. Nach den EU-rechtlichen Vorgaben müssten jetzt auch die an Hessen angrenzende Stadt Mannheim und der Rhein-Neckar-Kreis Restriktionszonen einrichten.
 
In der infizierten Zone (Sperrzone II) gelten laut Hauk Beschränkungen für Verbringungen von gehaltenen und wildlebenden Tieren oder Erzeugnissen sowie weitere Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung und zum Schutz vor biologischen Gefahren. Zudem werden befristete Jagdverbote und die Fallwildsuche angeordnet. Alle tot aufgefundenen oder erlegten Wildschweine werden untersucht. Außerdem könne die land- und forstwirtschaftliche Nutzung eingeschränkt und das Anlegen von Jagdschneisen verfügt werden. Auch das Errichten von Zäunen sei möglich. Hausschweinebetriebe unterliegen in dieser Zone verstärkten Biosicherheitsmaßnahmen und Beschränkungen.
 
In der Pufferzone (Sperrzone I), die sich um die infizierte Zone herum befindet, können dem Minister zufolge Betretungs- und Befahrungsverbote ausgesprochen werden. Zudem unterliegen auch die dortigen Hausschweinebetriebe verstärkten Biosicherheitsmaßnahmen und Beschränkungen.
 
Getroffene Vorbereitungen
Hauk betont, dass das Land schon seit 2018 über einen Maßnahmenplan zur Vorbeugung und Bekämpfung der ASP verfügt, der konsequent umgesetzt werde. Neben einer erhöhten Wachsamkeit in den Grenzregionen nennt er beispielhaft die Einrichtung von landesweit 210 Verwahrstellen zur Entsorgung von Wildschweinekadavern oder die Förderung der Wildschweinbejagung. In den Schweinebetrieben würden entsprechend den EU-Vorgaben pro Woche mindestens zwei Falltiere älter als 60 Tage auf ASP untersucht. Zudem habe das Land bereits mit einer „taktische Zäunung” begonnen. Das heißt, ASP-freie Gebiete werden weiträumig vor infizierten Wildschweinen abgesichert, etwa entlang der Autobahn A6 oder entlang des Rheindeichs in Mannheim.
 
Auch die Arbeitsunterlagen, die Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung betreffen, wurden von Hauks Ministerium angepasst.

Der Ressortchef wies außerdem auf das Baden-Württemberger Modell der Suchhundeteams hin, die zentral ausgebildet und eingesetzt würden und jetzt auch in Hessen helfen würden.

 
Fallzahlen steigen rasant an

Derweil meldete das hessische Landwirtschaftsministerium einen weiteren ASP-Fall im Landkreis Groß-Gerau in einem Betrieb mit 1800 Hausschweinen. Somit sind bis zum Redaktionsschluss der BBZ am Mittwochnachmittag sieben Fälle bei Hausschweinen in Hessen und mehr als 80 Fälle bei Wildschweinen in Hessen und Rheinland-Pfalz bekannt. Davon waren allein 17 am Dienstag gemeldet worden.

Zusammenarbeit in der Kritik

Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) meldete am vergangenen Freitag den „Zentralen Krisenstab Tierseuchen” einberufen zu haben. Beteiligt sind die Amtschefs der Ministerien des Bundes und der Länder, die für die Tierseuchenbekämpfung zuständig sind. Sie beraten über politische und überregionale Maßnahmen  und beschließen bei Bedarf ein bundeseinheitliches Vorgehen. So unterstützte der Bund beispielsweise bei den epidemiologischen Untersuchungen oder bei der Abstimmung der Maßnahmen und Sperrzonen mit der EU. Aktuell habe man eine Informationskampagne neu gestartet, um Menschen dafür zu sensibilisieren, keine Lebensmittelreste wegzuwerfen – etwa an Autobahnraststätten, wo gerade im Sommer viel Reiseverkehr herrscht.

Unterdessen kritisierten der Deutsche Bauernverband (DBV), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) und der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) das uneinheitliche Vorgehen in den Bundesländern. Als Beispiel nennen die Verbände die Vorgaben zum Umgang mit Erntegut, die in Südwestdeutschland unterschiedlich ausgelegt würden. In einem Schreiben baten sie Katharina Kluge, Unterabteilungsleiterin für Tiergesundheit im BMEL, sich für eine engere Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern und den Behörden vor Ort einzusetzen. Zudem forderten sie regelmäßige Fort- und Weiterbildungen sowie Krisenübungen.

Auch die Bundestierärztekammer meldete sich zu Wort und wies im Zusammenhang mit der prekären Tierseuchensituation auf die schlechte personelle Ausstattung der Veterinär- und Untersuchungsämter hin. Sie warnt vor einer Überbelastung des Personals und einer bevorstehenden Eskalation.