Tierärzte und Tierhalter in der Europäischen Union müssen sich auf strengere Regeln für die Abgabe beziehungsweise den Einsatz von Antibiotika bei Nutztieren einstellen.
Gemäß der Neuregelung dürfen bei Erkrankung eines Tieres im Bestand die noch gesunden Tiere nicht mehr ohne weiteres prophylaktisch mit Antibiotika behandelt werden.
Das Europaparlament hat am 25. Oktober für eine Regelverschärfung gestimmt, die auf die Einigung aus dem Trilog mit der EU-Kommission und dem Rat vom Juni dieses Jahres zurückgeht. Bis das Vorhaben EU-weit in Kraft treten kann, bedarf es allerdings noch der formellen Zustimmung der Mitgliedstaaten.
Prophylaktisch nur noch ausnahmsweise
Gemäß der Neuregelung dürfen bei Erkrankung eines
Tieres im Bestand die noch gesunden Tiere nicht mehr ohne weiteres
prophylaktisch mit Antibiotika behandelt werden. Dies soll in Zukunft
nur noch in absoluten Ausnahmefällen und lediglich für Einzeltiere
erlaubt sein. Außerdem sollen bestimmte Reserveantibiotika
ausschließlich dem Menschen vorbehalten bleiben.
Darüber hinaus ist
vorgesehen, dass Tierärzte dazu verpflichtet werden, eine dokumentierte
Rechtfertigung im Falle einer prophylaktischen oder metaphylaktischen
Verschreibung von antimikrobiellen Mitteln auszustellen. Voraussetzung
dafür ist eine klinische Untersuchung des betreffenden Tieres.
Berichterstatterin Françoise Grossetête von der Fraktion der
Europäischen Volkspartei (EVP) bezeichnete das Votum als wichtigen
Schritt für mehr öffentliche Gesundheit. Abgesehen von Landwirten oder
Tierhaltern betreffe der Einsatz von Tierarzneimitteln alle Bürger, da
diese direkte Auswirkungen auf die Umwelt und die Nahrung hätten und
somit auch auf die Gesundheit. Lobend hob die Französin hervor, dass nun
der Verbrauch von Antibiotika in Tierhaltungsbetrieben gesenkt werden
könne und damit das Risiko von Antibiotikaresistenzen auch beim Menschen
deutlich verringert werde.
Eine der „drängendsten globalen Gefahren”
Das stellvertretende Mitglied
im Landwirtschaftsausschuss, Susanne Melior, kritisierte, dass durch den
übermäßigen Einsatz von Antibiotika bei Tieren die Entstehung
multiresistenter Keime befeuert werde. Das sei nicht nur für die Tiere,
sondern vor allem für die Menschen gefährlich. Deshalb sei es höchste
Zeit, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung zu senken, so die
SPD-Politikerin.
Martin Häusling, Agrarsprecher der Grünen, sieht in
Antibiotikaresistenzen eine der „drängendsten globalen Gefahren”.
Bislang würden doppelt so viele Antibiotika in der Tiermast wie in der
Humanmedizin eingesetzt. Häusling bezeichnete es als großen Erfolg, dass
Reserveantibiotika künftig den Menschen vorbehalten bleiben sollen.
Derweil würden bessere Haltungsbedingungen und die Separierung kranker
Tiere helfen, den Antibiotikaeinsatz herunterzufahren. Jetzt gehe es
darum, dass die neuen Vorschriften auch umgesetzt würden.