EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat am Montag beim
Treffen der EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel angekündigt, die Antragstellungen für Direktzahlungen und Mittel aus der ländlichen Entwicklung weiter zu vereinfachen.
Bauern von Schreibtischarbeit entlasten: EU-Agrarkommissar Phil Hogan hat den Landwirtschaftsministern der Mitgliedstaaten einige konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau unterbreitet, die er bereits 2016 umsetzen will – einige sogar rückwirkend für 2015.
Wie der Ire auf dem Agrarrat in Brüssel mitteilte, ist insbesondere vorgesehen, dass die Verwaltungen die Anträge für Betriebsprämien einem Schnellcheck unterwerfen und Landwirte auf Fehler hinweisen sollen. Bis zu 35 Tage nach dem finalen Abgabedatum können Änderungen vorgenommen werden, um Sanktionen zu vermeiden. Der gleiche Zeitraum gilt für Greening-Anpassungen, die ein Betriebsleiter wegen kurzfristig geänderter Anbauentscheidungen durchführen möchte.
Weniger Kontrollen möglich
Ferner sollen die Behörden in bestimmten
Bereichen weniger Kontrollen durchführen dürfen, falls sich die
Unregelmäßigkeiten in den vorangegangenen Jahren in Grenzen hielten.
Dazu muss ein Mitgliedstaat dafür sorgen, dass die Fehlerquote drei
Jahre lang weniger als zwei Prozent beträgt.
Außerdem muss das satellitengestützte System zur Flächenerkennung (LPIS)
auf dem neuesten Stand gehalten werden. Dann ist die Kommission bereit,
die notwendige Stichprobengröße für Kontrollen vor Ort von fünf Prozent
auf ein Prozent der Betriebe zu senken.
Gruppenanträge
In der ländlichen
Entwicklung wiederum soll Landwirten die Möglichkeit gegeben werden, im
Rahmen von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen Gruppenanträge zu stellen,
beispielsweise zur Installation von Solaranlagen. Die Vorschläge
befinden sich laut Hogan bereits in der Abstimmung mit den
Mitgliedstaaten und dürften ab 2016 Anwendung finden, einige sogar
rückwirkend für 2015.
Weitere Anpassungen betreffen laut Hogan freiwillige gekoppelte
Zahlungen – hier soll insbesondere ein nach Betriebsgröße abgestufter
Fördersatz ermöglicht werden –, ferner die Junglandwirteförderung bei
gemeinschaftlich geführten Betrieben sowie die Verwaltung der
Marktmaßnahmen.
Deutlich weniger Verwaltungsakte
Für 2016 kündigte Hogan Vereinfachungen unter anderem in
den Bereichen Wein, Obst und Gemüse und der Klassifizierung von
Schlachtkörpern an. Insgesamt soll die Zahl der Verwaltungsakte
innerhalb der Gemeinsamen Marktorganisation von rund 200 auf etwa 40
gesenkt werden.
Bis zum nächsten Sommer will der Kommissar auch eine Überprüfung des
Greening in die Wege leiten. Eventuell beschlossene Änderungen würden
aber erst ab dem Antragsjahr 2017 gelten. Erstmals ließ Hogan
durchblicken, dass er über technische Änderungen hinaus eine gewisse
Anpassung des politischen Kompromisses zur Agrarreform von 2013 nicht
ausschließt, was die Einbindung des Europaparlaments erforderlich machen
würde. Er sei solchen Schritten gegenüber aufgeschlossen, wenn dies
allgemein gewünscht werde, stellte der Ire klar.
Lagerbeihilfe für Schweinefleisch
Die EU wird voraussichtlich ab Januar erneut eine
Beihilfe zur privaten Lagerhaltung von Schweinefleisch gewähren. Hogan
kündigte an, ein entsprechender
Vorschlag solle den EU-Mitgliedstaaten am 1. Dezember zur Abstimmung
vorgelegt werden. Wie der Kommissar ergänzte, sollen die Beihilfesätze,
die bei der vorangegangenen Aktion im März gewährt wurden, um 20 Prozent
aufgestockt werden. Daneben ist erstmals ein Zuschuss für die Lagerung
von frischem Speck vorgesehen. Schließlich will Hogan eine vorzeitige
Unterbrechung der Lagerhaltung nach zwei Monaten zu Exportzwecken ermöglichen. Die Beihilfe würde dann
entsprechend verringert. Der Kommissar sprach gegenüber den Ministern
von einem wachsenden Druck auf den Schweinefleischmarkt. Deshalb sei
jetzt der richtige Zeitpunkt zum Handeln.
Mit Moskau weiter verhandeln
Gleichzeitig drängten viele Mitgliedstaaten
EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis, mit Moskau weiter über
eine mögliche Wiederöffnung des russischen Marktes zumindest für die
weniger edlen Teile vom Schwein wie Fett und Innereien zu verhandeln.
Diese Produkte unterliegen nicht dem politischen Importembargo, das im
Zuge der Ukrainekrise verhängt wurde. Vielmehr wurde ihre Einfuhr von
Moskau formell wegen des Auftretens der Afrikanischen Schweinepest (ASP)
in Polen und dem Baltikum untersagt. Andriukaitis bekräftigte, dass die
Kommission bilaterale Übereinkünfte einzelner Mitgliedstaaten mit
Russland über die Wiederaufnahme von Lieferungen nicht akzeptieren
könne. Moskau müsse die EU als Einheit akzeptieren.
Aufruf zur Wachsamkeit
Um die Lage auf verschiedenen Agrarmärkten transparenter zu
machen, hat sich die Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche
Entwicklung entschlossen, auf ihrer Internetseite nach dem Vorbild der
Milchmarktbeobachtungsstelle regelmäßig aktualisierte Überblickstafeln
mit Preis- und Mengenentwicklungen sowie ergänzenden Informationen zu
veröffentlichen. Gestartet wird mit Rindfleisch, Schweinefleisch,
Geflügel, Getreide und Zucker.
Mit Blick auf die laufenden und geplanten bilateralen
Freihandelsabkommen „mit einigen der im Agrarsektor wettbewerbsfähigsten
Ländern der Welt” rief Hogan die Minister dazu auf, sich für die
Interessen der Landwirtschaft stark zu machen.
Schulprogramme
Hinsichtlich der laufenden Schlussverhandlungen mit dem
Europaparlament zur Zusammenlegung der Schulmilch- und
Schulobstförderung zeigte sich der luxemburgische Ratsvorsitzende
Fernand Etgen optimistisch, eine Einigung noch vor Weihnachten zu
erreichen.