Politik | 28. Mai 2015

Agrarbericht über eine positive Einkommensphase hierzulande

Von AgE
Der Agrarbericht der Bundesregierung weist für die Jahre 2010 bis 2014 eine kontinuierliche Aufwärtsentwicklung der Einkommen aus. Seine Vorlage lieferte vergangene Woche Stoff für Kommentare von Politikern und Verbänden.
285000 landwirtschaftliche Betriebe sind 2013 in Deutschland noch gezählt worden.
Der Agrarbericht wird seit 2007 nur noch im vierjährigen Turnus vorgelegt. Der aktuelle Report umfasst den Berichtszeitraum von 2010 bis 2014. Bundesagrarminister Christian  Schmidt sprach bei der Vorstellung des Agrarberichts vergangene Woche in Berlin  von zuletzt „guten” Jahren für die Landwirtschaft. Allerdings dürfe dabei zum einen nicht außer Acht bleiben, dass der Einkommensanstieg nach den Krisenjahren 2007/08 von einem niedrigen Niveau aus erfolgt sei. Zum anderen seien die Aussichten für dieses Jahr verhalten.
Dies gelte auch für die Veredlungsbetriebe, denen Schmidt eine „holprige Wegstrecke” für die nächsten Monate prognostizierte.  Den tierhaltenden Betrieben sagte Schmidt Rückendeckung in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatte zu. So werde er dafür Sorge tragen, dass etwaige Probleme „nicht auf dem Rücken der Bauern” gelöst würden. Daher werde er keinen Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls zustimmen, die der Ökonomie der Tierhaltung entgegenlaufen.
Mit den Landwirten reden
Der Ressortchef bescheinigte den Bäuerinnen und Bauern, sie arbeiteten auf höchstem Niveau, „um den immensen Erwartungen aus allen Richtungen an sie gerecht zu werden”. Er erwarte deshalb, „dass alle, die über unsere Landwirte reden, auch mit unseren Landwirten reden”.
Schmidt  lehnt Größenvorgaben in der Agrarstrukturpolitik ab. Seine Politik ziele darauf ab, „für alle Betriebe die ökonomische Existenz zu sichern”. Leitbild sei eine nachhaltige, ökologisch verantwortbare und gleichzeitig ökonomisch ausgerichtete Landwirtschaft. Den Vorwurf der „Massentierhaltung” wies der Minister als „ideologischen Kampfbegriff” zurück. Für das Tierwohl sei nicht die Zahl der Tiere entscheidend, sondern „wie die Tiere gehalten werden”. Schmidt beklagt eine „nicht gerechtfertigte Entfremdung” zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen und der landwirtschaftlichen Realität.
Konsens brüchig
Der Konsens, demzufolge die Landwirtschaft ein elementarer Teil der Gesellschaft sei, werde zunehmend brüchig. Ziel müsse es daher sein, die Landwirtschaft wieder „in die Mitte der Gesellschaft” zu rücken. Schmidt bekräftigte das Vorhaben, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) konzeptionell weiterzuentwickeln und damit nicht zuletzt auf den demografischen Wandel zu reagieren. Die Gewinne der Haupterwerbsbetriebe sind seit dem Wirtschaftsjahr 2010/11 stetig gestiegen. Für das letzte ausgewiesene Wirtschaftsjahr 2013/14 verzeichnet der Agrarbericht ein Niveau von durchschnittlich 63 380 Euro je Unternehmen.
Ackerbauern vorn
Danach erzielten die Ackerbaubetriebe 2013/14 im Mittel einen Gewinn von rund 89 700 Euro je Unternehmen; das entsprach einem Rückgang um rund 20 % gegenüber dem Jahr davor. Hingegen verzeichneten die Milchviehbetriebe im gleichen Wirtschaftsjahr einen Gewinnzuwachs, und zwar um annähernd 32 % auf etwa 64 000 Euro je Unternehmen.  Mit fast 69 000 Euro im Schnitt konnten die Veredlungsbetriebe 2013/14 ihr Niveau halten. Unterdurchschnittliche Gewinne verzeichneten Sonderkulturbetriebe: 57625 Euro waren es im Obstbau,  60099 Euro im Weinbau und 52680 im Gartenbau.
An der Spitze der Einkommensskala rangieren die Haupterwerbsbetriebe in Sachsen- Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern mit zuletzt jeweils rund 130 000 Euro je Unternehmen und damit mehr als dem Doppelten des Bundesdurchschnitts.
Unterdurchschnittliche Gewinne weist der Agrarbericht 2013/14 insbesondere für das Schlusslicht Baden-Württemberg, das Saarland und Bayern aus. Deutlich angestiegen sind seit 2010/11 auch die Einkommen der juristischen Personen, und zwar zuletzt auf einen Jahresüberschuss vor Steuern plus Personalaufwand von durchschnittlich rund 43.000 Euro je Arbeitskraft.
Die günstige Entwicklung der vergangenen Jahre führte zudem dazu, dass bei den Nebenerwerbsbetrieben der Gewinn aus der Landwirtschaft einen steigenden Anteil am Gesamteinkommen des Betriebsinhaberehepaares ausmachte; 2013/14 lag dieser Anteil bei etwa 41 %. Absolut erzielten die Nebenerwerbsbetriebe einen Gewinn von gut 13400 Euro je Unternehmen. Der Anteil der Direktzahlungen an den landwirtschaftlichen Einkommen reichte 2013/14 von rund 40 % in den Haupterwerbsbetrieben über knapp 50 % in den juristischen Personen bis zu annähernd 90 % in den Klein- und Nebenerwerbsbetrieben.
Strukturwandel hat sich verlangsamt
Rund 90 % der Betriebe sind dem Agrarbericht zufolge familiengeführt. Sie stünden im Mittelpunkt seiner Agrarpolitik, betonte der Bundeslandwirtschaftsminister. Die Gesamtzahl der Betriebe lag bei der letzten Agrarstrukturerhebung 2013 bei rund 285 000; das bedeutete einen Rückgang im Vergleich zur Landwirtschaftszählung von 2010 um knapp 5 %. Schmidt wies darauf hin, dass sich damit der Strukturwandel verlangsamt habe. Die Wachstumsschwelle liege inzwischen bei 100 ha.
Bedrohungen für die Entwicklung der Familienbetriebe sieht der Minister auf dem Bodenmarkt. Er verwies auf den anhaltend hohen Verlust von landwirtschaftlichen Flächen und den seit Jahren zu verzeichnenden Anstieg der Kauf- und Pachtpreise. Gefordert seien in erster Linie die Länder, denen die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Bodenmarktpolitik” mit ihrem Bericht die bestehenden Handlungsmöglichkeiten dargelegt habe.
Der Bund selbst habe die Bereitschaft erklärt, die Privatisierungstätigkeit der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) stärker an den Interessen „kleinräumi- ger Strukturen” auszurichten. Schmidt bekräftigte darüber hinaus sein Vorhaben, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) konzeptionell weiterzuentwickeln und die Aufgabenstellung um Maßnahmen der Infrastruktur und der Nahversorgung zu erweitern.
Nicht die derzeitige Situation
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim  Rukwied, wies darauf hin, dass sich die wirtschaftlichen Ergebnisse der Betriebe  im Wirtschaftsjahr 2014/15 wieder deutlich nach unten bewegten. Die relativ positiven Buchführungsergebnisse 2013/14 des Agrarberichtes gäben die derzeitige wirtschaftliche Situation nicht wieder.
Der DBV unterstützt laut Rukwied  die agrarpolitischen Zielsetzungen der Bundesregierung. Verlässliche Rahmenbedingungen, Markt- und Verbraucherorientierung sowie Wettbewerbsfähigkeit seien Voraussetzungen für eine bäuerlich-unternehmerische Landwirtschaft, betonte Rukwied. Eine nachhaltige, ressourcenschonende und effizient wirtschaftende Landwirtschaft sei aber darauf angewiesen, dass Betriebe sich weiterentwickeln könnten. Gerade die Forderungen nach mehr Tierwohl seien ohne Investitionen in neue Ställe nicht umsetzbar.
Rukwied  bezeichnete die Abkehr von staatlicher Markt- und Preisregulierung als „grundsätzlich richtig”. Die Bundesregierung dürfe aber nicht die Augen vor den Kräfteverhältnissen in der Lebensmittelkette und der Konzentration von Nachfragemacht verschließen. Leider ausgespart bleibe im Agrarbericht die Frage, „welche Rahmenbedingungen Landwirte für eine bessere Wertschöpfung in der Vermarktung ihrer Erzeugnisse benötigen”.
Weitere Informationen unter www.bmel.de/situation-landwirtschaft.