Ad-libitum-Tränke: Mehr Milch fürs Kalb
Traditionell werden Nachzuchtkälber in vielen Milchviehbetrieben mit einer Milchmenge getränkt, die etwa 10 % ihres Körpergewichtes entspricht, also etwa 4 l pro Tag für ein 40 kg schweres schwarzbuntes Kalb – bei Fleckviehkälbern oft etwas mehr. Dieses Verfahren wird seit nahezu hundert Jahren propagiert. Ziel ist es, die Kälber zu zwingen, frühzeitig Festfutter aufzunehmen, damit sie rasch entwöhnt werden können. Auf diese Weise versuchte man, an der relativ teuren Milch oder Milchaustauschern zu sparen.
Allerdings ist diese geringe Menge an Milch gerade ausreichend, um den Erhaltungsbedarf des Kalbes zu decken, und erlaubt unter günstigen Bedingungen allenfalls Zunahmen von 300 g am Tag. Wenn die Umgebungstemperaturen auf unter 15 °C sinken oder die Kälber anderweitig gestresst sind, verlieren sie sogar an Gewicht. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt brauchen Kälber schon den Energiegehalt von etwa 2 l Milch, nur um ihre Körpertemperatur aufrechtzuerhalten und nicht zu frieren.
Es ist seit langem bekannt, dass Kälber wesentlich höhere Zunahmen erreichen können, wenn sie mehr Milch erhalten. Allerdings ist weltweit das Interesse an der Fütterung junger Kälber erst mit wissenschaftlichen Untersuchungen Anfang dieses Jahrhunderts aufgekommen. Mutterkuhkälber und Kälber, die anderweitig ad libitum gefüttert werden, nehmen täglich etwa 20 % ihres Körpergewichtes auf und erreichen tägliche Zunahmen von bis zu 1000 g.
Seit rund zehn Jahren belegen Studien den positiven Einfluss einer physiologischen Ernährung der Kälber in den ersten Lebenswochen auf deren Gesundheit, aber auch auf Stoffwechselgesundheit und Leistungsvermögen der späteren Milchkuh. Das heißt, die Kuh zahlt dem Landwirt die Ausgaben für die zusätzlich vertränkte Milch durch eine höhere Milchleistung später wieder zurück. Für das Kalb bedeutet es, dass es wesentlich höhere Chancen hat, die ersten Lebenswochen gesund zu überstehen. Insbesondere Kälberdurchfall und Rindergrippe treten bei unterernährten Kälbern wesentlich häufiger auf als bei gut ernährten.
Hierbei steht den Kälbern ab der zweiten Mahlzeit jederzeit Milch in einem Nuckeleimer zur Verfügung. Es ist wichtig, dass der Eimer nie leer wird, da sonst die Gefahr besteht, dass das Kalb beim nächsten Befüllen eine sehr große Menge aufnimmt. Dies kann dem Labmagen schaden. Die Milch wird durch Zugabe organischer Säuren oder durch die Joghurtbereitung leicht angesäuert, um der Vermehrung von schädlichen Bakterien entgegenzuwirken. Die Eimer werden zweimal am Tag befüllt und sollten mindestens einmal mit heißem Wasser ausgespült und der Nippel durchgemolken werden. Es ist sinnvoll, Eimer mit Deckel zu verwenden.
Die aufgenommenen Mengen unterscheiden sich zwischen den Kälbern stark; im Durchschnitt trinken sie 8 bis 11 l, je nach Alter. Nach frühestens drei Wochen kann man damit beginnen, die Milchmenge auf 8 l am Tag zu beschränken. Danach wird die Menge in Abständen von zwei bis drei Wochen bis zur Entwöhnung weiter reduziert. Ein mögliches Tränkeschema ist im Kasten unten beschrieben. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kälber genügend Festfutter aufnehmen, sodass es zu keinem Einbruch der Zunahmen kommt. Voraussetzung hierfür ist, dass ab der zweiten Lebenswoche Kälberstarter, Raufutter und Wasser zur freien Aufnahme angeboten werden.
- Lebenswoche 1–3: ad libitum
- Lebenswoche 4/5: 2×4 l
- Lebenswoche 6/7: 2×3 l
- Lebenswoche 8/9: 2×2 l
- Lebenswoche 10: 1×2 l
- Karlsruhe 0721/926-7211
- Fellbach 0711/3426-1360
- Freiburg 0761/1502-266
- Aulendorf 07525/942-270.