Waldwirtschaft | 08. Januar 2015

51,2 Meter hoch, 300 Jahre alt und ein Durchmesser von 1,78 Metern

Von Gabriele Hennicke
Die mächtigste Tanne Baden-Württembergs steht an der Sirnitz in der Nähe des Kohlgartens, etwas unterhalb der Landesstraße 131 von Badenweiler nach Schönau. Im bundesweiten Ranking nimmt sie den vierten Platz ein. Grund genug, ihr einen Besuch abzustatten.
Wenn man die Arme zur Seite ausstreckt, zeigt das etwa die Breite des mächtigen Baumstamms.
Man muss schon ein ganzes Stück von ihr entfernt sein, um sie in ihrer ganzen Größe wahrnehmen zu können. Schließlich ist die Weißtanne 51,2 Meter hoch und überragt damit alle anderen Bäume in ihrer Umgebung.
Der Stammumfang in einem Meter Höhe beträgt 6,35 Meter, ihr Durchmesser  in Brusthöhe beläuft sich auf  1,78 Meter, sie ist etwa 300 Jahre alt. Wenn Förster Wolfgang Huber seine Arme zur Seite ausstreckt, zeigt das in etwa die Breite des mächtigen Baumstamms. Einen eindeutigen Namen hat die alte Dame, die ihren Standort in 820 Metern Höhe beim früheren Weiler Sirnitz hat, nicht. Huber spricht von der „Großen Tanne am Klemmbach”, andere von der „Sirnitz-Tanne”, wieder andere von der Großvater-Tanne auf Müllheimer Gemarkung.
Auf jeden Fall ist der Revierförster stolz auf den Methusalem, den er seit 27 Jahren unter seinen Fittichen hat, und verweist auf die erst 2012 von einem Trupp der Bundeswald-Inventur durchgeführte Vermessung. Verschiedene  Listen alter Baumexemplare existieren im Internet, und nicht bei allen besteht Einigkeit, welche denn nun die dickste oder höchste Tanne im Schwarzwald sei, weiß der Förster.  
„Egal ob dickste oder stärkste, auf jeden Fall gehört dieser Baum zu den Baumgiganten Deutschlands, wenn nicht sogar Westeuropas”, so Huber. Auch über den abgegangenen Weiler Sirnitz weiß der Förster zu berichten: Wo heute nur noch offene Wiesen, das frühere Forsthaus und die Ruine des in den 90er-Jahren abgebrannten Gasthauses Auerhahn stehen, war bis ins 19. Jahrhundert ein Weiler mit vier Lehnhöfen.  Die Bewohner stellten  Holzkohle für die Eisenverhüttung in Niederweiler und Kandern her und betrieben eine karge Höhenlandwirtschaft.
Schon viele Stürme überstanden
Die mächtigste Tanne in Baden-Württemberg wird immer lichter.
Direkt am Klemmbach, an einem  Weg, der die frühere Hauptverbindung von Schönau nach Badenweiler war, steht der Baum der Spezies Abies alba. „Die Tanne hat nur wenige Meter vom Bach entfernt den idealen Standort. Das Wasser ist für sie Tankstelle und Überlebenselixier”, erklärt Huber, „die relativ geschützte Lage in der Klamm hat sie all die vielen Stürme im Lauf ihres langen Lebens überstehen lassen.” Nur wenige hundert Meter oberhalb tobte 2005 der Sturm „Gerrit”, der in wenigen Minuten 6000 Fest-
meter Holz umlegte.
Am Fuße des Baumes hat sich eine große Höhle im Stamm gebildet. Ein Kind fände auf jeden Fall Platz darin, vielleicht sogar ein  Erwachsener. Wenn man den mächtigen, mit Moos und Flechten bewachsenen Stamm hinaufschaut, sieht man einen großen Kranz abgestorbener Äste und nur Teile der Baumkrone. „Die Tanne ist im Greisenalter, noch bildet  sie jedes Jahr neue Seitenzweige aus. Sie wird aber immer lichter und nadelt immer mehr”, sagt der Forstfachmann, „vermutlich wird sie in 20 bis 30 Jahren absterben. Man sollte ihr also noch mal die Ehre erweisen und sie besuchen.”
Damit das leichter fällt, möchte Huber einen kleinen Parkplatz an der Landstraße anlegen, von dem aus man in wenigen Schritten zur Tanne gelangt. Im Jahr 2000 hat er ein Schild aufstellen lassen, das die Größe mit 45 Metern beschreibt. Trotz des hohen Alters hat die Tanne also noch deutlich zugelegt, auch am Brustumfang. Eine besondere Pflege erfährt der Baumgigant  nicht, lediglich zu nahe stehende Bäume habe man entfernt, so Wolfgang Huber. Und nach ihr schauen müsse er regelmäßig, denn je älter die Tanne werde, bestehe eben auch die Gefahr, dass Äste oder gar der ganze  Baum Stürmen nicht mehr standhalten könne. 42 Festmeter Holz würde der Baum momentan liefern, zwei Langholz-Transporter voll wären das, erläutert der Fachmann. Doch ans Fällen  will Huber noch lange nicht denken.