Betrieb und Wirtschaft | 07. Februar 2019

2019 kommt nicht wieder viel mehr Biomilch

Von René Bossert
Der Biomilch-Markt in Deutschland hat die Mehrmengen der vergangenen beiden Jahre bisher ohne größere Preiseinbrüche verkraftet. Um die Perspektiven im laufenden Jahr ging es bei einer Gesprächsrunde im Rahmen der Wintertage des Bioland-Landesverbandes in Bad Boll.
Runde 20 % Mehranlieferung an Biomilch gab es 2018 bundesweit, etwa 23 % waren es in Baden-Württemberg. Damit  erreichte die Anlieferungsmenge hierzulande rund 1,03 Milliarden Kilogramm,  was  einem Bio-Anteil von 3,6 % (2017: 3,0 %)  entspricht.   Diese Zahlen nannte Gabriele Fiebinger von der Geschäftsstelle der Bio-MEG Süd.
 Wenn die Nachzahlungen in üblicher Höhe von rund 0,5 Cent/kg geleistet werden, dann wird sich ihrer Schätzung nach  2018 der Milchauszahlungspreis für Bioerzeuger im Bundesschnitt  auf 48,3 Cent/kg (netto, 4,0 %/3,4 %, inklusive Nachzahlungen) belaufen.    Das wären 0,8 Cent/kg weniger als im Jahr zuvor und einer der drei höchsten Preise der vergangenen zehn Jahre. „Das Mengenwachstum  hat der Markt ganz gut verkraftet”, so ihr Fazit.  2019 werde der Zuwachs deutlich geringer ausfallen. 
„Das tut uns im Moment ganz gut und nimmt  Druck aus dem Markt”, sagte Bioland-Berater Martin Weiß. Er bekomme derzeit fast keine Anfragen von Umstellungsinteressierten.
Michael Welte erinnerte daran, dass Mehrmengen nicht nur von Umstellungsbetrieben stammen.

Aus Sicht von  Michael Welte, Geschäftsführer der Käserei Leupolz , braucht es zwei bis drei Jahre, bis der deutsche Biomilch-Markt sich konsolidiert haben wird. Er  stellte in Frage, ob die ausbezahlten Biomilch-Erzeugerpreise im zweiten Halbjahr 2018 überhaupt alle vollständig erwirtschaftet wurden. Mehrmengen kämen  nicht nur durch Umsteller. Im Moment gehe  trotz der Futterknappheit bisher die Anlieferungsmenge nicht zurück.  Die Käserei Leupolz mit Sitz in Wangen im Allgäu erfasst 48 Mio. kg Milch, davon sind rund 10 Mio. Biomilch.
Ein großer Verarbeiter von Bio-Magermilch sei ausgestiegen, außerdem habe ein großer Bio-Hersteller in Norddeutschland Edeka als Kunden an einen österreichischen Konkurrenten verloren, nannte er zwei aktuelle Belastungsfaktoren. Nach wie vor seien ausländische Bio-Molkereien stark auf dem deutschen Markt vertreten, so erreichte beispielsweise der Auslandsanteil im Jahr 2017 bei Biobutter  43 % und bei H-Milch  46 %.
Neue Absatzkanäle finden
Welte sieht Marktperspektiven  in der Weiterverarbeitung, er nannte als Beispiel die Belieferung einer Firma, die Cordon Bleu herstellt. Auch beim Thema Convenience gebe es noch Möglichkeiten. Die Belieferung von Discountern sei so lange in Ordnung, wie die Preisstellung passe. Wenn große Mengen in einen Markt hineinkämen, gebe es immer Preisgefahr: „Zuerst saugen die Kunden dich leer,  drei Monate später kann es dann wieder ganz anders aussehen.”   Mit Blick auf die Partnerschaft  zwischen Lidl und Bioland sagte er, es sei wichtig zu wissen, wo man hinwolle.
Eine   Sorge von ihm ist, was mit dem Bio-Markt passiere, wenn es in Deutschland wirtschaftlich einmal wieder schlecht laufen sollte. Seit mehr als zehn Jahren seien es hierzulande wirtschaftlich gute Zeiten gewesen.
 
Perspektive entscheidend
Er erinnerte daran, dass die Molkereien in den vergangenen Jahren ihre Kosten erheblich gesenkt hätten und auch ihre Spanne bräuchten. Preissteigerungen bei Löhnen, Energie und Verpackungen  seien festzustellen, das gelte nicht nur für den Bio-Bereich. Nicht der letzte Cent Milchgeld sei entscheidend, sondern die Perspektive der Entwicklung.
Der Milcherzeuger Stefan Weiß aus Ebersbach ist Vorsitzender der Bio-MEG Süd. Sie wurde 2007 gegründet und hat mittlerweile 480 Milcherzeuger in Bayern und Baden-Württemberg als Mitglieder. Sie sind in neun Liefergruppen zusammengefasst.  Die als wirtschaftlicher Verein organisierte Erzeugergemeinschaft  will in Süddeutschland Milch aller Bio-Verbände unter einem Dach bündeln und darf Lieferverträge für ihre einzelnen Liefergruppen  abschließen. 
„Unser Ziel ist, auf Augenhöhe mit den Molkereien zu kommunizieren”, sagte Weiß. Diese seien Partner und müssten auch so behandelt werden. Gleichzeitig  müsse man sich als Erzeuger auf die Hinterfüße stellen. Kommunikation mit der Molkerei schaffe Bindung und man sei nicht so austauschbar. Wichtig sei  der Informationsfluss unter den Erzeugern.  Im Schwarzwald habe man keine Mitglieder, bedauerte Weiß.