Politik | 21. Dezember 2017

„Wir wollen nahe an unseren Mitgliedern dran sein”

Auch 2017 war wieder ein ereignisreiches Jahr für den BLHV: Regionalkonferenzen, Frost-Katastrophe und Wolf sind nur einige der wichtigen Ereignisse und Themen. BLHV-Präsident Werner Räpple zieht im Interview sein persönliches Fazit.
Werner Räpple will Junglandwirte stärker in die Verbandsarbeit einbinden.
Blickt man auf das zuende gehende Jahr zurück, so waren die Regionalkonferenzen des BLHV für den Verband eine wichtige Wegmarke. Welches Fazit ziehen Sie von den regionalen Basisveranstaltungen?
Die Regionalkonferenzen sind auf gute Resonanz  gestoßen. Wir wollen möglichst nahe an unseren  Mitgliedern dran sein.   Die Diskussionen an den einzelnen Thementischen waren teils sehr intensiv – das ist gut und mir viel lieber, als wenn die Leute  nicht viel sagen und man  nicht weiß, was sie wirklich denken.
 
Kamen die Themen am stärksten zur Sprache, die Sie erwartet haben?
Für mich überraschend war, dass Auflagen, Einschränkungen und Dokumentationspflichten die Bauern fast noch stärker belasten als die wirtschaftliche Situation. Das wird als Gängelung empfunden, oft wird auch der Nutzen hinterfragt. Die ganzen Themen rund um den Naturschutz haben eine große Rolle gespielt. Auch der Druck auf die Flächen macht Sorgen. 
Was den Dienstleistungsbereich angeht, war die Zufriedenheit regional unterschiedlich. Hier sind wir als Verband gefordert, überall ein  nachhaltig  gutes Dienstleistungsangebot zu setzen. Da besser zu werden, wo es notwendig ist, bleibt eine Herausforderung für uns.  Insgesamt gesehen haben wir  aber eine positive Bewertung unserer Arbeit erfahren. Das wird auch  bestätigt durch das Ergebnis der Mitgliederbefragung, die wir ebenfalls in diesem Jahr durchgeführt haben. Auch da war das Fazit: Unzufriedenheit in dem einen oder anderen Punkt, aber das Gesamtergebnis ist recht gut ausgefallen.
 
Welche Konsequenzen zieht der Verband aus den Regionalkonferenzen?
Das war  die zweite Regionalkonferenz und in gewissen Abständen sollten wir so etwas wiederholen. Wir wollen  an unseren Mitgliedern dran sein und noch mehr über sie wissen. Wir haben deshalb in Software investiert, so dass wir Mitglieder künftig  besser auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten  informieren können. In der   innverbandlichen Kommunikation wollen  wir die  neuen Medien stärker nutzen. Beispielsweise haben wir kürzlich unseren YouTube-Kanal gestartet und am 15. Januar wird die Facebook-Seite des BLHV online gehen. Ich hoffe, dass gerade  jüngere Mitglieder sich rege beteiligen und beispielsweise auch einmal ein Video ins Netz stellen.
 
Was erhoffen Sie sich dadurch?
Wir können auf diese Weise   über Positives reden und nicht nur auf Anklagen reagieren, sondern  zeigen, was wir Gutes machen. Manches mag für uns selbstverständlich sein und nicht der Rede wert –  aber für die Bevölkerung ist es durchaus von Interesse.
 
Es gab ja auch Tische speziell für die Junglandwirte bei den Regionalkonferenzen. Wie fließen deren Ergebnisse in die Verbandsarbeit mit ein?
Vereinbart wurde, dass mindestens einmal jährlich ein Vertreter von Präsidium oder Vorstand des BLHV bei den jeweiligen  regionalen Junglandwirtegruppen für  ein Gespräch zur Verfügung steht. Wir wollen  erreichen, dass in jedem Kreisvorstand ein Junglandwirt Sitz und Stimme hat – das klappt leider noch nicht überall. Eine weitere Veränderung in den Gremien ist, dass jede der im Moment sechs regionalen Junglandwirte- bzw. Jungwinzer-Gruppen  im Verbandsausschuss vertreten sein wird. Bisher haben die Junglandwirte nur vier Sitze im Verbandsausschuss. Wir haben wirklich Interesse an der jungen Generation und  erhoffen uns  mehr Dialog und Verständnis für die Prozesse und Ergebnisse von Verbandsarbeit.
Wir verzahnen  auch die Bildungsarbeit von Landjugend und BLHV besser, so wollen wir den Übergang von der Jugendarbeit zur Verbandsarbeit nahtloser gestalten. Dass wir mit Michaela Schöttner als neuer Bildungsreferentin jemanden mit engen Kontakten zur Landjugend geholt haben, senkt hoffentlich  die Schwelle, sich in der BLHV-Verbandsarbeit zu engagieren.
 
2017 war  auch geprägt von  Einzelthemen, die für Frust sorgen, insbesondere im Bereich Naturschutz. Was kann der  BLHV hier erreichen  und was nicht?
Unser Ansatz ist, dass wir versuchen, über gute Kontakte und eine vertrauensvolle Basis frühzeitig unsere Anliegen einzubringen. Wir brauchen für diese Arbeit ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Verband und Behörden.  Wenn ich unser Verhältnis etwa zum Regierungspräsidium Freiburg und zum Stuttgarter Landwirtschaftsministerium betrachte, dann kann ich sagen: Wir haben eine Basis, auf der wir reden können. Und wir haben Strukturen für den Dialog, ich nenne als Beispiel das neu eingeführte Dialogforum, wo sich Landwirte und die Naturschutzverwaltung austauschen. Aber ich sage deutlich: Strukturen allein lösen die Probleme nicht. Oft haben wir Situationen, wo der Naturschutz vom Gesetz her schon eine starke Stellung hat und der Schutz der landwirtschaftlichen Flächen nicht zufriedenstellend ist.
 
Zielen Sie damit auf den Triel ab?
Ja. Das Maximalziel – das Vogelschutzgebiet im Bereich Bremgarten wegzubekommen – haben wir nicht erreicht. Über die Strategie des Dialogs haben wir die Auflagen auf  den Gelegeschutz eingrenzen können. Es ist klar: Kompromisse sind eben nur Teilerfolge. Einige Landwirte sind inzwischen in Bezug auf solche Naturschutzthemen zur Haltung gekommen: Jetzt ist es dann mal gut und wir wollen auch keine Kompromisse mehr. Da wird es dann natürlich schwierig für den Verband. Wenn wir in Totalopposition gehen, dann würden wir die Gesprächsebene für Kompromisse risikieren.
Ich meine, wir müssen innerverbandlich intensiv kommunizieren  und den Weg bestimmen.   Zu diesem Weg müssen dann alle stehen. Trotz  aller Liebe zum Gespräch und zum Kompromiss können wir bei bestimmten Themen   keine Kompromisse eingehen.
Wenn ich mir die Themen Biber und Wolf ansehe, stelle ich fest: Unter dem Dach des Naturschutzes  baut sich eine geschützte Population auf und die Landwirte werden dann  mit  dem Problem allein  gelassen. Das kann es nicht sein.
 
Wie stehen Sie vor diesem Hintergrund zum Thema Allgemeinverfügung gegen den Maiswurzelbohrer?
Hier geht es unter anderem um den Schutz der Kultur Mais. Vergangene Woche haben wir in der um die Kreisvorsitzenden erweiterten Vorstandssitzung diskutiert und kamen zum Ergebnis, dass wir auch aus Eigeninteresse heraus den Fruchtwechsel nutzen sollten. Aber wir wollen noch einmal eine Initiative in Richtung Landesregierung starten, um den Einstieg in die Fruchtfolge zeitlich flexibler – eben 2018 oder 2019 – zu gestalten.
 
Auch  FFH sorgt fortgesetzt für Frust . .. 
Das ist ein Dauerthema und es ist ärgerlich, dass  über die FFH-Abgrenzung hinaus weitere Mähwiesen kartiert werden und uns derzeit niemand sagt, was das für diese Flächen bedeutet. Also irgendwann muss es doch mal gut sein! Zum Schluss ist alles mit Einschränkungen und Auflagen belegt. Das ist doch keine Perspektive für junge Leute!
 
Im benachteiligten Gebiet  sorgen die Neuabgrenzung und die Gülleausbringung an Steillagen derzeit für Gesprächsstoff. Wie ist Ihre Sicht darauf?
Die Neuabgrenzung ist ein einschneidendes Thema. Betriebe auf der Baar profitieren teils davon,  aber über 100 Gemarkungen  in unserem Gebiet fallen heraus. Unser Anliegen ist nun, dass die mögliche  dritten Stufe der Abgrenzung genutzt wird, um Härten zu reduzieren. Das hat uns das Land für 2018 zugesagt.
Zur Gülleausbringung an Steillagen ist zu sagen, dass ein Arbeitskreis gebildet wurde. Ich bin zuversichtlich, dass wir für Steillagen gangbare Lösungen außerhalb des Schleppschlauches finden werden. Das Ministerium hat die Problematik erkannt und Gespräche laufen.
Zur Anbindehaltung bei Milchkühen ist unsere Haltung, dass  Betriebe mit ungeklärter Hofnachfolge nicht zu großen Investitionen gezwungen werden. Sie würden dann die Milchviehhaltung aufgeben.   Die Politik ist sich nicht zuletzt wegen des gemeinsamen Positionspapieres der süddeutschen Bauernverbände des Themas bewusst. Das kleine Agrarinvestitions-Förderungsprogramm ist gut geeignet  für die Betriebe, die investieren wollen. Für diese Betriebe  müssen auch  die Beratungsaktivitäten verstärkt werden. Hier könnte man über ein Stallbau-Modul im Rahmen der Neukonzeption der Beratung vorwärts kommen. 
 
Der Druck auf die Flächen brennt vielen Betrieben unter den Nägeln. Was tun?
Wir sind in unserem Verbandsgebiet in einer Boom-Region und deshalb stark betroffen.
Unser Ansatz ist hier: Wir brauchen vernünftige Lösungen beim Thema Ausgleichsflächen. Diese müssen wir in intelligentere Bahnen lenken: Flächen an Gewässern oder  Weinberg-Böschungspflege. Hier geht unsere Forderung auch an die  Mitglieder: Wenn man sich als Landwirt Öko-Punkte sichern kann, sollte man das tun. Wenn wir das nicht selbst tun, dann tun es  andere. Aber nicht unbedingt in unserem Sinne.
Mit Werner Räpple sprach René Bossert