Betrieb und Wirtschaft | 18. Februar 2014

Wie man seine Preise durchsetzt

Von Rolf Leicher
Mit Kunden über Preise sprechen, das kann nicht jeder gleich gut. Wie man richtig argumentiert, unaufdringlich erklärt und gelassen auf Einwände der Kunden reagiert, erklärt Kommunikationstrainer Rolf Leicher.
Für den Kunden steht der Verkaufspreis Ihrer Produkte im Mittelpunkt der Kaufentscheidung.  Im harten Verdrängungswettbewerb wollen Kunden das beste Produkt zum günstigsten Preis. Es ist deshalb kein Wunder, dass viele Anbieter ihre Verkaufspreise  reduzieren, damit sie Umsatz machen.  Landwirte sind keine Profi-Verkäufer und haben gelegentlich Bedenken, aufdringlich zu wirken, wenn sie ihren Preis erklären. Und dabei ist gerade die Erklärung wichtig, um den Preis zu verstehen. Ein Kunde muss informiert werden, was er davon hat, sich für das teure Produkt zu entscheiden.
Andere Argumentation
 Die Information, dass Sie selbst Erzeuger sind,  genügt dabei nicht.  Der Kunde fragt sich immer: Warum soll ich mehr Geld ausgeben, wenn es woanders günstiger ist? Deshalb argumentieren Sie mit den Vorteilen für Konsumenten: Gesunde Ernährung, schadstofffreie Behandlung von Gemüse und Obst. Oder saftigere Früchte.  
Bei gewerblichen Käufern sieht die Argumentation etwas anders aus. Da kommt es darauf an, mit dem Wiederverkauf und der besseren Verkaufsfähigkeit zu argumentieren. Gewerbliche Kunden haben andere Interessen als Endkunden. Aber auch bei ihnen gilt, dass Produktmerkmale weniger wichtig sind als der Kunden-Nutzen eines Produktes.
Viele Kunden sagen nicht ausdrücklich, dass sie sich am Preis stören. Als Anbieter erfahren Sie den Einwand nicht immer. Solange der Kunde ihn nicht nennt,  können Sie den Einwand nicht behandeln. Wenn Sie mit dem Kunden persönlich oder telefonisch im Gespräch sind, erkennen Sie den Preiseinwand. Sagt der Kunde ganz offen, dass es ihm zu teuer ist, dann sollten Sie Ihren Preis nicht sofort  rechtfertigen, sondern den Einwand hinterfragen. Dazu eignen sich Fragen wie: „Mit wem vergleichen Sie unseren Preis?”, oder: „Ist der Preis wirklich das Wichtigste?”. Das macht den Kunden nachdenklich. So erfahren Sie die Kundenvergleiche zu anderen Anbietern.
Oft misstraut der Kunde dem Preis, besonders bei Bio-Produkten. Viele glauben nicht, dass Bio auch wirklich Bio ist.   Zeigen Sie Verständnis für diese Situation. Mit der Erklärung des Preises können Sie höchstens ein Drittel der preissensiblen Kunden gewinnen, eine höhere Erfolgsquote ist Theorie.
Wer stolz ist auf die Qualität seiner Produkte und sich Zeit nehmen kann, seine Preise zu erklären, hat in Preisdiskussionen einen guten Stand.
Reagieren Sie gelassen auf den Preiseinwand des Kunden, regen Sie sich nicht auf, Sie reagieren dann meist falsch. Machen Sie Ihren Wettbewerb nicht schlecht – haben Sie das nötig? Wer wettbewerbsfähig ist, muss über andere nicht schlecht reden.
Ein weitverbreitetes Vorurteil: „Wenn ich die Preise um XY Prozent senke, mache ich viel mehr Umsatz.” Mag sein, dass es mehr Aufträge gibt, aber wo bleibt der Deckungsbeitrag? Außerdem senkt der Wettbewerb dann auch seine Preise, und Sie sind  nicht mehr der Günstigste. Betriebswirtschaftlich macht es nur Sinn, die Preise zu reduzieren, wenn auch die Leistungen im entsprechenden Umfang reduziert werden.
Vermeiden Sie im Kundengespräch die Floskeln wie: „Das ist sehr gute Qualität”,  „Das kann ich Ihnen empfehlen” oder „Dieses Produkt wird gerne gekauft”. Einen höheren Preis können Sie so nicht rechtfertigen. Sie wirken auch nicht überzeugend, wenn Sie nicht selbst überzeugt sind, dass Ihr Preis stimmt. Und: Wer keine Zeit hat, einen Preis zu erläutern, und wem die Fachkompetenz fehlt, hat es nicht leicht, Kunden vom Preis zu überzeugen.
Fühlen Sie sich nicht angegriffen oder provoziert, wenn Kunden am Preis nörgeln. Meist sind Preisgespräche nur eine Aufforderung, mehr über das Produkt zu sagen, Auskunft zu geben über den Gegenwert. Schließlich kommt es auf Ihre Reaktion an, wie Sie mit solchen Kunden umgehen, ob Sie Lust und Laune haben, das Gespräch zu führen.
Aktionspreise
 Durchgestrichene Preise sind keine Erfolgsgarantie für bessere Umsätze. In allen Branchen gibt es auf dem Etikett den alten und den neuen Preis. Die Differenz muss schon groß sein, um den Kunden zum Kauf zu bewegen. Je häufiger Schnäppchenpreise angeboten werden, desto wirkungsloser sind sie. Deshalb: Weniger ist mehr und die Differenz muss nicht gleich 30 Prozent betragen. Auch die „Schwellenpreise” haben an Attraktivität verloren. Typisch dafür sind  Preisangaben, die dicht unter einer Schwelle liegen: 1,98 oder 9,98 Euro. Nur bei einem großen Einkaufsvolumen spart der Kunde wirklich.
Studien haben gezeigt, dass Kunden eher mehrere kleinere Scheine ausgeben als einen größeren, auch wenn der Verkaufswert der gleiche ist. In kleineren Scheinen kommt dem Kunden das Geld weniger vor als in einem großen Schein. Zudem zahlen die meisten bereitwillig höhere Beträge mit der Kreditkarte als in bar, da sie das Geld nicht real in den Händen halten.  
Der Kunde will den Preis verstehen. Es ist Ihre Aufgabe, ihn   ihm zu erklären. Den Unterschied bei den verschiedenen Produkten machen Sie deutlich, wenn Sie neben dem „Premium-Produkt” die billigere Ausführung präsentieren. Man nennt das die „Worst Case Methode”, bei der die Nachteile deutlich gemacht werden. Sie überzeugen schneller, wenn Sie nicht nur über die Qualitätsunterschiede reden, sondern sie auch zeigen. Wenn der Kunde Nachteile für sich befürchtet, kann er einen höheren Preis verstehen.
Gewährte Rabatte sind meist lebenslänglich. Den Rabatt, den Sie heute geben, müssen Sie in der Zukunft auch gewähren – die Höhe des Nachlasses ist dann selbstverständlich. Es gibt Kunden, für die nicht die Höhe der Preissenkung, sondern die Genugtuung wichtig ist, den Preis gedrückt zu haben. Andererseits schafft Rabatt auch Misstrauen. Der Kunde fragt sich: Hätte ich nicht noch mehr rausholen können? Viele Kunden haben sehr gute Verbindungen zueinander. Sobald ein Kunde einen Rabatt auf den Endpreis erzielt hat, geht das durch die Gegend wie ein Lauffeuer.
Wenn kein Weg an einem Preisnachlass vorbeiführt, sollte die Mengenabnahme erhöht werden. Viel wichtiger als Rabatte ist die permanente Zufriedenheit des Kunden mit Ihren Angeboten. Schon bei der ersten Reklamation kommen beim Kunden Bedenken auf: Hängt der Rabatt mit minderer Qualität zusammen? Reklamationskunden sind sehr preissensibel und versuchen den Preis zu drücken, weil sie mit der letzten Lieferung unzufrieden waren.  Gewinnbringende Umsätze erzielen Sie dauerhaft nur mit den sehr zufriedenen Kunden, die  nie reklamiert haben und deshalb bereit sind, ein wenig mehr zahlen.
Manche wollen trotzdem um einen Rabatt „kämpfen”. Erwähnen Sie die Gleichbehandlung aller Kunden. Vor allem bei erhöhten Vorstellungen des Kunden lohnt sich die Frage. Vielleicht erfahren Sie, wer günstiger angeboten hat. In bestimmten Fällen ist es besser, auf einen Auftrag zu verzichten, oder wollen Sie sich erpressen lassen? Fragen Sie Ihre gewerblichen Kunden, wie sie sich selbst verhalten, wenn der Endkunde im Laden einen Nachlass möchte.  Erklären Sie dem Kunden, dass es auch für ihn besser ist, gute Qualität zu einem etwas höheren Preis zu verkaufen und nicht nur Schnäppchen anzubieten. Im unteren Preissegment ist der Preiskampf viel größer und das Image des Anbieters wegen möglicher Reklamationen nicht sehr hoch.
Auch der gewerbliche Kunde muss wissen, wie er Hochwertiges erfolgreich verkaufen kann. Wenn der Endkunde keine Vorteile für sich erkennt, kann er einen Preis nicht verstehen und entscheidet sich für billigere Produkte, die dem Anbieter auch eine geringere  Spanne bringen.
Andere Kriterien spielen eine Rolle
Konkurrenz findet nicht ausschließlich auf dem Preissektor statt, sondern beim Sortimentsvergleich. Außerdem spielen auch das Vertrauen und die Kundenbindung  eine Rolle. Stammkunden, die immer zufrieden waren, nörgeln weniger am Preis. Die Freundlichkeit des Anbieters und die Kundenbeziehungen sowie der Standort spielen eine große Rolle. Premium-Produkte sind immer teurer, weil sie besser sind. Und auch im harten Wettbewerb haben sie ihre Zielgruppe. Die Frage ist doch: Welchen Nutzen hat der kritische Kunde vom höheren Preis des leistungsstarken Anbieters? Stehen Sie hinter Ihrem Preis! Wer Angst vor dem Konkurrenzpreis hat, lässt dieses Gefühl erkennen. Beeindrucken Sie Ihren Kunden mit Ihrem selbstbewussten Auftreten und mit erstklassiger Qualität. Wenn Sie den Glauben an Ihren Preis verloren haben, haben Sie verloren. Es gibt Anbieter, die sich bestens positioniert haben, die  eine entsprechende Kundenzielgruppe erreichen – und die auch  im oberen Preissegment  interessant sind.
Nur wer den Preis versteht, kann ihn akzeptieren. Preiseinwände des Kunden sind auch Informationswünsche des Kunden nach Herkunft oder Anbau der landwirtschaftlichen Produkte. Es gibt immer Kunden, die ausschließlich auf den Preis sehen und mit keinen Argumenten zu überzeugen sind. Aber ein „verlorener Auftrag” ist kein verlorener Kunde, denn  oft kommen  Kunden wieder zurück, weil sie  mit dem Billiganbieter nicht zufrieden waren.