Politik | 20. Juli 2017

„Wenig sinnvoll, Bäuerlichkeit an Tierzahlen oder Hektaren festzumachen”

Von AgE
Vor einfachen Lösungen in der Agrarstrukturpolitik hat der scheidende agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Franz-Josef Holzenkamp, gewarnt.
Franz-Josef Holzenkamp (CDU) scheidet mit Ende dieser Legislaturperiode aus dem Bundestag aus. Er wurde bereits zum neuen Präsidenten des Deutschen Raiffeisenverbandes gewählt.
Es sei wenig sinnvoll, „Bäuerlichkeit” an Tierzahlen oder Hektaren festzumachen, sagt der CDU-Politiker im Interview mit dem Fachpressedienst für Agrarpolitik und Agrarwirtschaft, Agra-Europe. Kriterium sei vielmehr, dass landwirtschaftliche Betriebe in Familienverantwortung bewirtschaftet werden, „und zwar von Menschen, die in dem Dorf leben”.
Zugleich müsse gewährleistet sein, dass auch Betriebe mit zwei oder drei Mitarbeitern existieren könnten. „Das kann Größenordnungen erfordern, die dem einen oder anderen schon nicht mehr passen, aber dennoch ihre Berechtigung haben”, so Holzenkamp.
Gegen industrielle Einheiten
Keinen Zweifel hat der langjährige Abgeordnete am politischen Handlungsbedarf. Man müsse verhindern, dass industrielle Einheiten die familiengeführte Landwirtschaft bedrohen.
Holzenkamp bekennt sich grundsätzlich zu einem staatlichen Tierwohllabel. Dabei dürfe es jedoch keinen „Schnellschuss” geben. Entscheidend sei zum einen Verlässlichkeit, weil sonst niemand investieren werde. Zum anderen müsse man „in die Breite kommen”.
Tierwohl-Finanzierung aus dem Markt heraus
Die Finanzierung der für die Tierhalter anfallenden Aufwendungen kann dem CDU-Politiker zufolge nur am Verkaufsort der Produkte („Point of Sale”) erfolgen. „Wir müssen also dahin kommen, dass die Finanzierung für die Bauern unabhängig vom Marktpreis gesichert ist, aber aus dem Markt heraus erfolgt”, erklärt Holzenkamp. Dafür biete sich eine Fondslösung an, mit der die Initiative Tierwohl gute Erfahrungen mache. Um die gewünschte Breitenwirkung zu erzielen, schlägt der Parlamentarier Branchenvereinbarungen zwischen Landwirtschaft und Fleischwirtschaft vor, die anschließend von der Politik für allgemeinverbindlich erklärt werden.
Holzenkamp räumt Versäumnisse seiner Partei in der Agrarpolitik ein: „Vielleicht haben wir den gesellschaftlichen Wandel und die sich ändernden Erwartungen an die Erzeugung von Lebensmitteln zu lange nicht ernst genug genommen.” Man habe eine Weile gebraucht, das Ausmaß dieser Veränderungen und deren Auswirkungen auf die Landwirtschaft zu realisieren. Inzwischen habe sich das jedoch grundlegend geändert.
Nach Überzeugung des Unionspolitikers ist der Weg der deutschen Landwirtschaft nicht der des „höher, schneller, weiter”. Stattdessen gehe es um „Qualität statt Quantität”.
Zufrieden zeigt sich der langjährige Abgeordnete mit der Arbeit der Großen Koalition. Zwar spielten bei der SPD sehr oft wirtschaftliche Aspekte von Landwirtschaft und ländlichen Räumen nur eine untergeordnete Rolle. Unter dem Strich könne sich das Erreichte jedoch sehen lassen. Dazu beigetragen habe nicht zuletzt ein gutes persönliches Verhältnis zwischen ihm und SPD-Agrarsprecher Wilhelm Priesmeier.
Anspruch auf Ministerium
Holzenkamp unterstreicht den Anspruch der CDU auf die Führung des Bundeslandwirtschaftsministeriums und begründet das mit der Stärke der Partei in den ländlichen Regionen.
Den Grünen wirft der Unionsabgeordnete vor, in ihrem Wahlprogramm bewusst auf Konfrontation zu setzen. Gleichwohl schließt er eine schwarz-grüne Zusammenarbeit nach der Bundestagswahl nicht aus. Sie biete sogar die Chance, die Auseinandersetzung mit der Landwirtschaft zu befrieden. Voraussetzung sei allerdings, „dass die Union die Verantwortung für den ländlichen Raum hat”.