Politik | 23. Juni 2017

Wahrscheinlich kein Pflanzenschutz mehr auf Vorrangflächen

Von AgE
Die EU-Kommission kann die Greening-Vorgaben ändern und wie von ihr beabsichtigt Pflanzenschutzmittel auf Ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) verbieten. Im Europaparlament wurde bei einer Abstimmung dazu die nötige Mehrheit für ein Veto verfehlt.
Die bisherigen Vorgaben für das Greening förderten stark den heimischen Anbau von Eiweißpflanzen, wie hier Soja. Das könnte sich bald ändern.
Das Europaparlament hat kein Veto gegen das von der Europäischen Kommission geplante Pflanzenschutzmittelverbot auf produktiven ökologischen Vorrangflächen (ÖVF) eingelegt. Zwar stimmte eine Mehrheit von 363 EU-Abgeordneten am 14. Juni in Straßburg gegen den betreffenden Kommissionsvorschlag; allerdings wurde damit das erforderliche Quorum für eine Zweidrittelmehrheit um 13 Stimmen verfehlt. Insofern ist der Weg für EU-Agrarkommissar Phil Hogan frei, den delegierten Rechtsakt zur Änderung der Greening-Vorgaben in Kraft zu setzen.
Die Mitgliedstaaten sind dann verpflichtet, die neuen Regelungen zeitnah in nationales Recht umzusetzen. Der Agrarrat hatte hierzu bereits im April angekündigt, kein Veto einlegen zu wollen. Kritiker, darunter der Deutsche Bauernverband (DBV) und der französische Bauernverband (FNSEA), hatten sich für eine Ablehnung der Verordnung stark gemacht, da sie unter anderem den Anbau von Leguminosen auf produktiven ÖVF durch ein Pflanzenschutzmittelverbot gefährdet sehen. Die Abstimmung im Plenum war durch das Votum des Landwirtschaftsausschusses des Europaparlaments erzwungen worden. Dieser hatte sich unter der Federführung des agrarpolitischen Sprechers der EVP, Albert Deß, Ende Mai mehrheitlich für eine Zurückweisung der Änderungen an der Greening-Verordnung ausgesprochen. Der CSU-Politiker bedauerte auch die Entscheidung des Parlaments. Der Kommission warf er vor, den Anbau von gentechnikfreien Leguminosen in Europa zu gefährden.
Der betreffende delegierte Rechtsakt enthält auch verschiedene potenzielle Vereinfachungen. Dazu gehören die Erlaubnis, Saatmischungen von stickstoffbindenden Pflanzen einsetzen zu dürfen, ferner die Streichung des vorgegebenen Aussaattermins für Zwischenfrüchte. Laut Deß unterbindet Hogan mit der Verordnung jedoch die bisher erfolgreiche europäische Eiweißstrategie und fördert dadurch den Import von Eiweißfutter aus Ländern wie Brasilien. Damit sei der Agrarkommissar auch mitverantwortlich für weitere Regenwaldrodungen, da der Proteinfutterbedarf weltweit stark ansteige, so der EVP-Agrarsprecher. Man wolle nun versuchen, den Anbau von Proteinpflanzen auf Vorrangflächen in den bevorstehenden Verhandlungen beim Omnibusverfahren erneut auf den Tisch zu bringen. Angesichts des Hungers in der Welt könne es sich Europa nicht leisten, fruchtbare Böden stillzulegen und auf einen Anbau von Proteinpflanzen gänzlich zu verzichten. Auch die ökologischen Vorteile von Eiweißpflanzen in Bezug auf den Bodenschutz und die Stickstoffbindung seien unbestreitbar, betonte der CSU-Agrarpolitiker.
DBV: Politisches Signal gegen heimischen Anbau von Eiweißpflanzen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisiert, dass das Europäische Parlament kein Veto   zustande brachte  gegen das Vorhaben der EU-Kommission, Pflanzenschutzmittel auf produktiven Ökologischen Vorrangflächen  zu verbieten. Der DBV sieht darin ein politisches Signal gegen den heimischen Eiweißpflanzenanbau. Die Europäische Kommission sei  nun gefordert, zielführende und praxistaugliche Maßnahmen für diesen Anbau zu ergreifen. Laut DBV bringt  das Abstimmungsergebnis für die Landwirte weniger Vereinfachungen als vielmehr einschneidende Verschärfungen mehrerer Regelungen beim Greening. So dürfen die Landwirte zum Beispiel auf ihren Ökologischen Vorrangflächen mit Körner- und Futterleguminosen ab 2018 keinen Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis mehr betreiben.
Damit wird der in der EU seit 2014 um rund 75 Prozent (+1,4 Millionen Hektar) gestiegene Eiweißpflanzenanbau wieder erheblich zurückgeworfen, befürchtet der DBV. Der Importbedarf von Eiweißfuttermitteln wie Sojaschrot aus Drittländern werde wieder steigen.
Der DBV kritisiert auch die mangelnde politische Verlässlichkeit der EU beim Greening. 2013 habe sich die EU auf ein produktionsintegriertes Greening ohne Beeinträchtigung des Produktionspotenzials der Landwirtschaft verständigt. Es gehe nicht an, grundlegende Spielregeln für das Greening durch die Hintertür des delegierten Rechtsaktes zu ändern, kritisiert der DBV.