Betrieb und Wirtschaft | 18. Februar 2014

VZ steht hinter der Initiative Tierwohl

Von Matthias Borlinghaus
Die Bedeutung der Initiative Tierwohl für Schweine und die Rindfleischvermarktung über McDonald’s waren die beiden Schwerpunktthemen bei der diesjährigen Winterveranstaltung der Viehzentrale Südwest (VZ) in Ulm-Seligweiler.
„Aldi brüstet sich, dass zehn Eier aus der Bodenhaltung 99 Cent kosten. Da müssen wir uns als Landwirte fragen, wie dies nachhaltig überhaupt noch möglich sein soll. Hier müssen wir stärker aktiv werden”, forderte  Dr. Reinhard Funk, Vorstandsvorsitzender des VZ-Mehrheitsgesellschafters VG und VZ-Geschäftsführer Dr. Rainer Pflugfelder betonten, dass  VG und VZ beim Vermarkten der Tiere im bäuerlichen Verbund arbeiten: „Unser Auftrag ist klar.”  Die Tierwohl-Initiative sehen Funk und Pflugfelder als Chance und als ein  Instrument, um gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.  Man müsse  Abnehmern und Kunden Argumente an die Hand geben. Nichts tun wäre das komplett falsche Signal, so ein Fazit in der Diskussionsrunde. „Wir alle, auch wir hier vor der Haustüre,  bewegen mit den  Weltmärkten. Störungen dort spüren wir eins zu eins”, berichtete Pflugfelder. Probleme bereiteten immer wieder die nichttarifären Handelshemmnisse, zum Beispiel wenn Russland die Grenzen unter fadenscheinigen Vorwänden dicht macht.
In Deutschland, so Pflugfelder, ist man sowohl bei den Schweinen als auch bei den Rindern auf den Absatz in Drittländer angewiesen. Unzufrieden ist er mit der Preisfindung für Schweinefleisch: „Wir müssen es schaffen, dass die Preisbildung auf eine breitere Basis gestellt wird.” Die  Konzentration in der Schlachtbranche – allein Marktführer Tönnies hält 30 %  Anteil bei den Schweinen – sieht Pflugfelder kritisch. Diese gefährde den Wettbewerb. Gleichwohl seien  starke weltmarktfähige Schlachthöfe wichtig. In Baden-Württemberg liefern die VZ-Betriebe  überwiegend nach Ulm und nach Crailsheim.
Breit aufgestellt
„Unser Ziel ist es, dass wir möglichst breit aufgestellt sind”, so Pflugfelder. Wichtigstes Standbein der VZ/VG ist der Inlandsmarkt. Regionale Programme und Marken sind Edeka Gutfleisch, Feneberg Prima Schwein, das VZ-Jungbullenprogramm und das Bayerische Jungbullenprogramm, Best Beef für McDonald’s und Württemberger Lamm. Da die Märkte innerhalb Europas immer enger verknüpft seien, dürften die Preise in einem einzelnen Land nicht zu stark abweichen, erläuterte Pflugfelder das Geschäft. Italien zum Beispiel sei auf Fleisch aus Polen und Frankreich ausgewichen, als in Deutschland die Preise zu stark anstiegen.
Dramatisch sei die Situation bei den Holstein-Bullenkälbern. Sie erlebten kräftige Preiseinbrüche. Italien habe sich als wichtiger Abnehmer für Kalbfleisch größtenteils verabschiedet. Für 2014 rechnet Pflugfelder damit, dass die Zahl der Rinderschlachtungen  konstant bleibt oder leicht steigen wird.
Referierten in Ulm-Seligweiler (von links): Rainer Pflugfelder, Jaroslaw Benkowski, Peter Spandau und Reinhard Funk.
Bei den Schweinen wurden die Bestände in Deutschland entgegen dem weltweiten Trend aufgestockt. Erst im November 2013 wurden es weniger. Dramatisch war der Rückgang bei den Zuchtsauen. „Wir haben in einem Jahr 7,3 % der Betriebe verloren, in Bayern waren es sogar 10 %.” Eklatante Einbrüche durch Konsumverzicht von Schweinefleisch habe es jedoch keine gegeben. 2014  dürften die Preise und die Schlachtungen auf einem ähnlichen Niveau wie 2013 bleiben. Bei der Produktion rechnet Pflugfelder mit einem leichten Wachstum von 0,7 %.
Laut Peter Spandau von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gibt es dort  durch   die Änderungen im Baugesetzbuch mit dem Wegfall der Außenbereichs-Privilegierung de facto einen Baustopp für Schweinehalter.  Bei der Tierwohl-Initiative gebe es 100 Mio. Euro vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Dieses Geld, das  über eine Clearingstelle ausgezahlt werden soll, reiche rechnerisch für rund 30 % der in Deutschland geschlachteten Schweine (pro Schwein gibt es maximal sechs Euro).
Vorbehaltlos
Nach  Berechnungen in Nordrhein-Westfalen kommen überdurchschnittliche Sauenhalter mit den Kriterien besser zurecht als durchschnittliche oder unterdurchschnittliche Betriebe. In der Mast scheint es eher umgekehrt zu sein, wobei größere Betriebe gegenüber kleineren eher im Vorteil seien.  Wichtig sei jetzt, dass man vorbehaltlos in den Markt starte und die Initiative nicht schon im Vorfeld kaputtrede. „Am besten wissen immer die Bescheid, die es noch nicht ausprobiert haben”, warnte Spandau. Er sieht es positiv: „Wir können 100 Mio. Euro abrufen. So können wir zeigen, dass wir sehr wohl bereit sind, Tierwohl umzusetzen, wenn die Mehrkosten bezahlt werden.”