Politik | 11. August 2016

Tierärzte kaufen deutlich weniger Antibiotika

Von AgE
Die pharmazeutische Industrie und der Großhandel haben 2015 insgesamt deutlich weniger Antibiotika an Tierärzte in Deutschland abgegeben. Allerdings sind die Abgabemengen von Wirkstoffen, die auch eine besondere Bedeutung für die Therapie beim Menschen haben, gestiegen.
Medikamente für Tiere im Medikamentenschrank des Tierarztes
Wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Anfang August mitteilte, ging 2015 die Gesamtmenge der an Veterinäre ausgereichten Antibiotika im Vergleich zum Vorjahr um 401 t oder 32 % auf 837 t zurück. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Erfassungsjahr, ergibt sich sogar ein Minus von 869 t oder 51 %.
Die höchsten Abgabemengen entfielen 2015 laut BVL – wie in den Vorjahren – auf Penicilline mit rund 303 t und auf Tetrazykline mit 221 t, gefolgt von Polypeptidantibiotika (Colistin) mit 82 t, Sulfonamiden mit 73 t und Makroliden mit 53 t.
Das Bundesamt registrierte bei den Wirkstoffen mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen erhebliche Zuwächse. So wurden 2015 rund 14,9 t Fluorchinolone an Tierärzte abgegeben, was im Vorjahresvergleich ein Plus von 2,6 t oder 21 % bedeutete und bezogen auf 2011 sogar einem Zuwachs um 6,7 t oder 82 % entsprach. Gleichzeitig erhöhte sich die Abgabemenge von Cephalosporinen der dritten Generation um 0,9 t oder 39 % beziehungsweise um 1,1 t oder 52 % auf 3,2 t.
Tierärzte sehen Erfolg
Indes zeigte sich der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) erfreut über die weiter gesunkenen Antibiotikaabgabemengen. „Das zeigt den Fortschritt in den Bemühungen der Tierärzte, den Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung vor dem Hintergrund der Problematik antimikrobieller Resistenzen deutlich zu senken”, erklärte bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder. Er wertete die rückläufigen Zahlen als einen Beweis für den Erfolg der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG).
Außerdem sei die Abgabe von für die Humanmedizin wichtigen Reserveantibiotika mit rund 2,3 % der Gesamtmenge erneut sehr gering gewesen, betonte Moder. Den Anstieg bei den Fluorchinolonen und Cephalosporinen der dritten Generation bezeichnete der bpt als „leicht”.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) kritisierte, dass es zum Vergleich und zur Abschätzung der Resistenzgefährdung keine verlässlichen Antibiotikadaten im humanmedizinischen Bereich gebe. Eine vollständige Transparenz sei aber notwendig, um die nationale Strategie zur Eindämmung von Antibiotikaresistenzen zum Erfolg zu führen. Kritisch zu bewerten sei auch, dass das Arzneimittelgesetz nur für Nutztierhalter hohe Auflagen vorsehe, nicht aber für Halter von Haustieren und für Humanmediziner. Die Strategie gegen resistente Keime verliere an Glaubwürdigkeit, wenn die Antibiotikareduktion nicht in allen Bereichen der Medizin gefordert und gefördert werde, betonte der DBV.
Nach Ansicht des Agrarsprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Wilhelm Priesmeier, ist nichts gewonnen, wenn in der Summe die Menge der verabreichten Antibiotika zwar sinkt, aber gleichzeitig Reserveantibiotika häufiger verordnet werden. So seien weitere Anstrengungen für ein besseres Hygiene- und Gesundheitsmanagement in den Ställen, eine effektivere Arzneimittelüberwachung und ein klarerer Rechtsrahmen dringend notwendig.
Umwelt- und Tierschutzverbände sowie die Partei Die Grünen nahmen das BVL-Statement zum Anlass, gegen den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung Stellung zu nehmen.