Pflanzenbau | 04. Februar 2016

Strip-Till: Gesetze der Bodenbearbeitung gelten weiter

Von Gernot Raiser
Die Bearbeitung des Bodens in Streifen (Strip-Till) war am 21. Januar Thema einer Tagung an der Universität Stuttgart-Hohenheim. Unter anderem wurden der Stand der Technik in Mais und Raps sowie Anbauversuche mit Sojabohnen ohne den Einsatz von Glyphosat vorgestellt.
Rapsbestände wie aus dem Bilderbuch. Links im Strip-Till-, rechts im Mulchsaat-Verfahren unter sonst gleichen Bedingungen. Der Vorsprung der Strip-Till-Variante durch zügigeres Auflaufen ist deutlich erkennbar.
Die Streifenbearbeitung oder Strip-Till ist ein Verfahren, das Stoppelbearbeitung, Grundbodenbearbeitung und Saatbettbereitung kombiniert.
Wie Dr. Wilfried Hermann in Hohenheim mehrfach betonte, sind hierbei – wie bei konventionellen Verfahren – die bekannten Gesetze der Bodenbearbeitung einzuhalten, sonst versagt das Strip-Till-System. Nach Auskunft des Gesamtleiters der universitären Versuchsstationen  muss sich die Streifenbearbeitung beispielsweise am ortsüblichen Termin der Grundbodenbearbeitung orientieren.
Damit die Ziele erreicht werden
Hierbei sind grundsätzlich zwei Varianten zu unterscheiden:
  • Kombiniert: die Streifenlockerung wird im selben Arbeitsgang wie die Aussaat durchgeführt.
  • Absätzig: Streifenlockerung im Herbst, Aussaat im Frühjahr.
Dr. Hermann ist eindeutig der Ansicht, dass für die allermeisten Standorte in Süddeutschland das absätzige Verfahren das Mittel der Wahl ist. Auf den hiesigen mittelschweren bis schweren Böden (Tongehalt > 10 %) lässt sich – im Gegensatz zu leichten, schüttenden Sandböden wie in Norddeutschland – meist nicht mit einem Arbeitsgang das erforderliche hochwertige Saatbett herstellen. Denn: „Je besser die Qualität des Saatbettes in den bearbeiteten Streifen, desto besser der Feldaufgang ”, betont der Wissenschaftler aufgrund seiner Untersuchungen.
Das absätzige Verfahren setzt aber die Verfügbarkeit von RTK-GPS voraus, damit die Sämaschine im Frühjahr zentimetergenau den Streifen trifft, der im Herbst des Vorjahres gelockert worden war. „Ich beobachte immer wieder, dass dieser Grundsatz ignoriert wird – mit entsprechenden negativen Folgen”, beklagt Dr. Hermann.
Gute Qualität bedeutet: Der Boden  soll, wie in konventiellen Verfahren, zur Saat keine Hohlräume, Kluten oder Mulchauflage haben, sondern eben und feinkrümelig sein. Je nachdem, wie gut oder schlecht das Saatbett im Streifen ist, kann der Feldaufgang, beispielsweise von Zuckerrüben, um bis zu 50 % variieren.
Weil dieser Zusammenhang nach Dr. Hermanns Erfahrung von so zentraler Bedeutung für den Erfolg des Strip-Till-Verfahrens ist, empfiehlt er den Landwirten, die im absätzigen Verfahren arbeiten, vor der Aussaat im Frühjahr zusätzlich noch eine „kleine” Saatbettbereitung einzuschieben, zum Beispiel mit einer Güttler-Walze. „Der Feldaufgang ist dann einfach besser”, so seine Erfahrungen.
Außerdem kommt es entscheidend darauf an, dass der Boden zum Zeitpunkt der Streifenbearbeitung trocken genug und schüttfähig ist. Die Landwirte sollten den Termin der Lockerung lieber hinausschieben, als bei zu nassen Verhältnissen Strukturschäden und Verdichtungen in den Streifen und Fahrgassen zu verursachen. Dies würde die Vorteile des Verfahrens schnell zunichte machen, ist Dr. Hermann überzeugt. Wenn es im Herbst zu nass sei, sollte lieber gewartet werden, bis Frost den Boden befahrbar gemacht habe. Die Befahrbarkeit des Bodens sei wichtiger als die Einhaltung eines avisierten Lockerungstermins.
Technische Aspekte
Der Aufbau eines Streifenlockerers für das Strip-Till-Verfahren sieht in aller Regel wie folgt aus: Schneidscheiben öffnen den Boden entlang des späteren Streifens und zerkleinern gleichzeitig die dort liegenden Pflanzenrückstände. Sternräder räumen Mulchreste aus den Streifen und die nachgeordneten Zinken lockern den Boden. Neben den Zinken sind Scheiben angebracht, um den gelockerten Boden im Steifen zu halten. Andruckrollen laufen am Ende der Kombination, um den Boden rückzuverfestigen. Bei der Streifenbearbeitung kann es zum Verstopfen der Werkzeuge kommen, wenn Ausfallgetreide oder Unkraut zu dicht steht. Dann ist der Einsatz von Glyphosat das Mittel der Wahl.
Wenn man nicht aufpasst, kann das Unkraut beim absätzigen Verfahren während des Winters überhand nehmen.
Ein genereller Vorteil des Strip-Till-Verfahrens ist, dass die Wasserinfiltration des Bodens bei Starkregen sogar deutlich höher ist als selbst  bei einer Mulchsaat, das konnte auf dem Versuchsgut Ihinger Hof der Universität Hohenheim nachgewiesen werden. Im Klartext: Strip-Till schützt besser vor Wassererosion als Mulchsaat.
Mit Blick auf die erzielbaren Erträge bei der Anwendung
des Strip-Till-Verfahrens fasste Dr. Hermann zusammen: „Wir können keine Wunder im Vergleich zu intensiven Verfahren der Bodenbearbeitung erwarten. Aber wo Strip-Till sachgerecht angewendet wird, erntet man in der Regel deutlich mehr als in extensiven Direktsaatverfahren und liegt immer noch gleichauf mit einer Mulchsaat. Außerdem hat die Streifenbearbeitung durch die geringeren Verfahrenskosten einen Wettbewerbsvorteil.”
Raps und Strip-Till
Eine Stoppelbearbeitung zu Strip-Till ist in Raps nötig, sonst kann es zu Mäuseschäden wie diesem hier kommen.
„Raps ist nach unseren Beobachtungen eine der Kulturen, bei denen Strip-Till am besten funktioniert”, hebt Dr. Hermann hervor. Auf den schweren Böden Süddeutschlands, zum Beispiel auf dem Ihinger Hof, sei es oft eine Herausforderung, ein Saatbett für den Raps herzustellen, das einen gleichmäßigen und zügigen Aufgang gewähre. Während der in konventionellen sowie Mulchsystemen meist erforderlichen, mehrfachen Bodenbearbeitung trocknet die Erde leicht aus, bevor gesät werden kann. Dann läuft der Raps erst auf, wenn es regnet. Und das Unkraut kommt gleichzeitig.
„Im Vergleich dazu haben wir im Verfahren Streifenbearbeitung einen deutlich geringeren Bearbeitungsaufwand. Wir machen nach der Getreideernte eine sehr flache Stoppelbearbeitung. Dann folgt die Strip-Till-Maschine und anschließend wird gesät”, beschreibt Dr.  Hermann die übliche Vorgehensweise auf den Hohenheimer Versuchsbetrieben.
Der dann noch feuchte Boden in den Bearbeitungsstreifen in Kombination mit einer Einzelkornsaat bewirke einen um mindestens zwei Tage schnelleren Feldaufgang des Rapses als bei einer Pflugfurche mit anschließender mehrfacher Bodenbearbeitung, zum Beispiel mit einer Kreiselegge (siehe Bild S. 18 oben links). Dieser Vorzug von Strip-Till tritt nicht in jedem Jahr deutlich hervor, aber besonders dann, wenn spät gesät werden muss. Was den Rapsertrag betrifft, wurde in Hohenheimer Untersuchungen festgestellt, dass Strip-Till inklusive Stoppelbearbeitung immer gleichauf liegt mit einer Mulchsaat oder sogar besser ist.   
Allerdings müssen zwei Dinge beachtet werden, damit das Streifenverfahren im Rapsanbau wirklich funktioniert:
  • Unverzichtbar ist eine Stoppelbearbeitung vor der Saat, „und sei sie noch so flach”, sonst kommt es zu massiven Mäuseschäden (Bild rechts oben).
  • Der Raps wird im Einzelkornverfahren gesät mit 50 cm Reihenabstand und 25 Körnern pro Quadratmeter.
Mais und Strip-Till
Mais ist auf einen warmen Boden zum Start angewiesen. Mittels Strip-Till können im Mais-
anbau sowohl die Arbeitsgänge als auch der Dieselverbrauch reduziert werden im Vergleich zu üblichen Mulchsaat- oder Pflugverfahren – so lautet das Fazit der Hohenheimer Untersuchungen.
Vor der Streifenbearbeitung im Herbst wird im Strohmulchverfahren der gesamte Schlag mit einem Totalherbizid behandelt. Möglich ist auch ein Zwischenfruchtanbau nach flacher Stoppelbearbeitung. Die Streifen werden etwa  20 cm tief gezogen. Im Frühjahr wird der Mais mit einem mulchsaatfähigen Einzelkornsägerät bestellt. Die Streifenbearbeitung kann in Kombination durchgeführt werden. Zudem ist eine Unterfußdüngung möglich.
Von der Ernte der Vorfrucht bis zur Maissaat sind nur vier Arbeitsschritte erforderlich.
Soja und Strip-Till
Um trotz der enormen Biomasse der Vorfrucht Winterroggen säen zu können, werden die Pflanzen mit einer Messerwalze platt gemacht.
Rund 15000 bis 20000 ha Sojabohnen werden in Deutschland aktuell angebaut. Das ist sehr wenig – im Vergleich zu den zwölf Millionen Hektar, auf denen die Leguminose weltweit steht. Des Weiteren wachsen auf 80 % der globalen Anbauflächen gentechnisch veränderte Sorten. Und normalerweise wird Soja in Übersee meist ohne vorherige Bearbeitung in den Boden gebracht. Die Direktsaat ist also, global betrachtet, Stand der Technik. Erosionsschutz und geringe Kosten sind ihre Hauptvorteile.
Ob sich das „No-Till-Verfahren”, kombiniert mit einem Verzicht auf Glyphosat, auf mitteleuropäische Verhältnisse übertragen lässt, untersucht in Hohenheim der Doktorand Jonas Weber. Dreh- und Angelpunkt ist die Unkrautbekämpfung.
Die Unkrautbekämpfung in Soja hat es, da es sich um eine Sommerung handelt, vor allem mit Frühjahrskeimern zu tun. Dazu gehören Amaranth, Knöterich- und Hirsearten, Gänsefuß/Melde sowie Vogelmiere, Klettenlabkraut und Schwarzer Nachtschatten. Sie laufen aber, bei entsprechender Witterung,  teilweise bereits im Herbst auf und werden durch winterannuelle sowie mehrjährige Arten „ergänzt”.
Um den Sojapflanzen diese Konkurrenz vom Hals zu schaffen, setzt Weber in seinen Versuchen auf den Anbau von Winterroggen und Wintergerste als vorgeschaltete Zwischenfrucht. Das Getreide wurde 2013 und 2015 Ende September mit 150(Roggen)/130 (Gerste) kg/ha ausgesät. „Bis zum Mai des Folgejahres  ist das Getreide bis zu zwei Meter hoch”, berichtet Weber. Um trotz dieser enormen  Bestände – bis zu acht Tonnen Bio-Trockenmasse pro Hektar – noch erfolgreich säen zu können, wird die Getreidezwischenfrucht zunächst mit einer Messerwalze niedergedrückt und die Stängel geknickt, um die Pflanzen zum Absterben zu bringen (Foto links). In diese Mulchdecke wird Soja mit einer Direktsaatmaschine (Strip-Till-Gerät oder Streifenfräse) eingesät.
Die Unkrautunterdrückung im Winter und Frühjahr funktionierte – wen wundert es – in  den Versuchen von Weber recht ordentlich.  Schließlich stellt die Getreideauflage eine massive mechanische Barriere dar, deren Wirkung vermutlich noch durch die Auswaschung von keimhemmenden Substanzen aus dem Mulch in den Boden verstärkt wird. Auf jeden Fall muss die Mulchschicht sachgerecht gemanagt werden, damit das Verfahren Erfolg hat. Von Interesse ist vor allem die Frage, ob und wie sich in dieser speziellen Strip-Till-Variante noch ein leistungsfähiger Sojabestand etablieren lässt. Denn auch die Kulturpflanzen haben ja mit der Mulchauflage zu kämpfen.
Da die Versuche unter den Bedingungen des Ökolandbaus durchgeführt wurden, hält Jonas Weber die von ihm gemessenen Erträge von maximal 20 dt/ha für tragbar. 
Knackpunkte des Systems, die einen weiteren Forschungsbedarf erkennen lassen, sind:
Da die Zwischenfruchtauflage die Erwärmung des Bodens im Frühjahr verzögert, können die Sojabohnen erst Mitte Mai gesät werden, rund zehn Tage später als üblich. Der Ertrag fällt im Vergleich zu konventionellen Verfahren niedriger aus. Der Anbau von sehr frühen 0000-Sorten wäre sinnvoll, da sie nur 90 bis 110 Tage bis zur Reife benötigen.
Beim Anbau von Soja mithilfe von Strip-Till laufen in den bearbeiteten Streifen vermehrt Unkräuter auf. Deren Bekämpfung wirft Fragen auf.
Wenn es, wie hier im Bild, gelingt, die Mulchschicht so zu managen, dass die Sojabohnen beim Auflaufen und Wachsen möglichst wenig behindert werden, ist ein Verzicht auf Glyphosat denkbar.