Waldwirtschaft | 18. Februar 2014

Streitpunkt Holzauszeichnung

Von Henninger-Kusch/Franz
Schon seit längerem hat das Kartellamt die gemeinsame Holzvermarktung aus Privat-, Kommunal- und Staatswald als unzulässig gewertet. Mitglieder der Waldservice Ortenau eG (WSO) diskutierten in Ohlsbach den kürzlich vorgelegten Beschlussentwurf des Kartellamts (siehe BBZ 3, Seite 21) zur künftigen Holzvermarktung in Baden-Württemberg.
Bürgermeister der Mitgliedsgemeinden, Vertreter der Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) und vor allem Leiter der Reviere, die zum Gebiet der WSO gehören, waren der Einladung  der Waldservice Ortenau eG gefolgt. Denn auch innerhalb der WSO stellen sich alle auf Veränderungen durch den bevorstehenden Kartellamtsbeschluss zur Holzvermarktung ein. Prof. Dr. Bastian Kaiser, Rektor der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, erläuterte im Expertenkreis die wesentlichen Punkte des Beschlusses und schaute gemeinsam mit den WSO-Mitgliedern auf das weitere Vorgehen sowie die Handlungsmöglichkeiten und Lösungsansätze.
Holzauszeichnung als Knackpunkt
Privatwaldbesitzer wie Stefani von Roeder (re.) vertrauen auf „ihren” unabhängigen Revierleiter. Für Josef Nolle sind seine Ziele als Förster klar definiert: ein gesunder Wald sowie eine zukunftsfähige Holzwirtschaft, von der alle Marktpartner langfristig profitieren.
Und das sind laut Kaiser die wichtigsten Punkte, auf die sich das Kartellamt in seinem Beschlussentwurf festgelegt hat. Überraschenderweise sieht das Kartellamt bereits die Holzauszeichnung als Beginn des Holzverkaufs.
Außerdem darf ForstBW Nadelstammholz nur noch von Waldbesitzern mit einer Fläche von bis zu 100 Hektar statt bis zu 3000 Hektar gemeinsam mit dem Staatswald vermarkten; eine Bündelung im Verkauf ist dann nur noch in anderen Konstellationen möglich.
Kleinere Waldbesitzer bis 100 Hektar sind ausdrücklich von dem Kartellamtsbeschluss ausgeschlossen.
Bestehende Verträge mit der ForstBW sind ab 2015 allerdings unzulässig.   
„Im Ortenaukreis”, erklärt Ewald Elsässer, Leiter des Amts für Waldwirtschaft, „trifft es vor allem die Kommunalwälder, die vom Kreis betreut werden.” Und Prof. Bastian Kaiser ergänzt: „Das Kartellamt hat die Vorteile der Bündelung bei der Holzvermarktung durch ForstBW durchaus erkannt, auch den allgemeinen Nutzen einer nachhaltigen Waldwirtschaft sowie die Erholungs- und  Schutzfunktion des Waldes. Aber in Bezug auf den Wettbewerb, den das Amt bewertet, sind diese Argumente nicht ausschlaggebend. Dem Bundeskartell-
amt geht es um den Markt, nicht um den Wald”, so Prof. Bastian Kaiser.
„Es braucht aber trotzdem weiterhin einen Revierleiter in neutraler Funktion, der den vielfältigen Aufgaben gerecht wird”, betont WSO-Geschäftsführer Weber, „und der in der Lage ist, bei allen kleineren und größeren Waldbesitzern das Holz zu mobilisieren, und das  auch im Interesse der Sägewerke und Holzindustrie.”
Diese Unvoreingenommenheit und Vielseitigkeit sehen die Förster in ihrer täglichen Arbeit gewährleistet. Entsprechend empört und mit Unverständnis zeigten sich die anwesenden Revierleiter zum Beschlussentwurf. „Das Anzeichnen ist eine Zukunftsentscheidung, die über eine Zeitspanne von gut 100 Jahren Auswirkungen hat!”, so ihr Tenor. Die Frage nach dem Sortiment, also der gefragtesten Holzsorte, spiele in der Regel keine Rolle. Denn im Forst stehe die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Deshalb siedeln die Revierleiter ihre Tätigkeit ganz klar im Bereich Waldbau und nicht in der Vermarktung an. Damit stellen sie die Annahme des Kartellamts, dass sie mit dieser wichtigen Aufgabe den Wettbewerb beeinflussen, massiv in Frage.
Umstrukturierung notwendig
 „Wenn ForstBW und der Unteren Forstbehörde untersagt wird, das Holz zu vermarkten, muss es jemand anderes tun”, gibt Rektor Kaiser zu bedenken. Auch wenn die Dienstleistungen von Vereinigungen wie der WSO übernommen werden könnten, hält Kurt Weber den zu erwartenden Kartellamtsbeschluss nicht unbedingt für auftragsförderlich. „Unsere gewachsenen Strukturen ermöglichen eine Waldbewirtschaftung auf sehr hohem Niveau. Diese sind durch die Ankündigungen des Kartellamtes gefährdet.”
Dennoch wertet der WSO-Geschäftsführer die Zukunft der Waldservice Ortenau eG nach wie vor optimistisch. „Die WSO ist in ihrem Angebot und ihren Dienstleistungen breit genug aufgestellt, um mit den kommenden Veränderungen gut umgehen zu können.” – Wie einschneidend und extrem die Veränderungen vor Ort für die Waldbesitzer, insbesondere die Kommunen und die Forstbetriebsgemeinschaften, schließlich sein werden, würden die nächsten Monate zeigen.
Inzwischen wehrt sich auch der Ortenaukreis gegen die Pläne des Bundeskartellamts, der ForstBW und den Forstämtern die Holzvermarktung aus Privat- und Kommunalwäldern, die größer als 100 Hektar sind, zu untersagen. „Problematisch daran ist, dass das Kartellamt überraschend  auch Dienstleistungen, die den Holzverkauf vorbereiten, zur Vermarktung zählt. Damit wäre das Herzstück unseres Dienstleistungsangebots für die Waldbesitzer betroffen”, erklärt Edwin Dreher, Forstdezernent des Ortenaukreises.
Weiterhin Dienstleistungen bei WSO
Landrat Frank Scherer betont: „Wir haben in Erwartung des Kartellrechtsbeschlusses die Vermarktung des Holzes privaten Vermarktungsorganisationen, nämlich der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Schwarzwald e.G., der Waldservice Ortenau GmbH e.G. und der Forstbetriebsgemeinschaft Wolfach/Oberwolfach überlassen. Diesen Teil des Beschlussvorschlags haben wir also vorausschauend schon umgesetzt.” Nun solle das Amt für Waldwirtschaft in Zukunft aber auch keine vorbereitenden Arbeiten wie das Auszeichnen des Holzes, die Organisation und Betreuung der Holzernte und die Holzaufnahme mehr ausführen. „Diese Arbeiten werden von kommunalen und privaten Waldbesitzern stark nachgefragt und sind Kernaufgabe unserer Revierleiter. Ein Verbot hätte massive Auswirkungen auf alle Waldbesitzer und auf die Organisation der Forstreviere”, so Dreher.
Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt und Technik folgten den Argumenten der Kreisverwaltung und beauftragten sie, zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden darauf hinzuwirken, dass das forstliche Dienstleistungsangebot des Landratsamts für den Kommunal- und Privatwald erhalten bleibt.
„proHolz Schwarzwald” gegründet
Zehn süd- und mittelbadische Organisationen aus dem Bereich der Forst- und Holzwirtschaft haben die regionale Clusterinitiative „proHolz Schwarzwald” ins Leben gerufen. Ziel der Clusterinitiative ist es, die Verwendung des Roh-, Werk- und Baustoffes Holz zu steigern sowie die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Unternehmen des Sektors Forst und Holz zu stärken. Darüber hinaus soll innerhalb der Wertschöpfungskette Forst und Holz eine stärkere Vernetzung erreicht werden.
Vorgesehen ist die Umsetzung umfangreicher Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, darunter die Veranstaltung von Holzbautagungen, Exkursionen und Fachvorträgen, Messebeteiligungen sowie Pressearbeit. Zusätzlich wird eine Internetplattform geschaffen. Beteiligt sind unter anderem folgende Netzwerkpartner: der BLHV, das Forum Weißtanne e.V., die  Holzkette Schwarzwald e.V. sowie der Naturpark  Schwarzwald Mitte/Nord und der Naturpark Südschwarzwald.
Eingebunden werden soll darüber hinaus die regionale Holz- und Sägeindustrie. Finanziert werden die Maßnahmen der Clusterinitiative zum einen über Fördermittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie des Landes Baden-Württemberg.