Politik | 31. Juli 2014

SPD: Direktzahlungen schrittweise abbauen

Von AgE
Für ein neues agrarpolitisches Selbstverständnis seiner Partei hat der zuständige Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wilhelm Priesmeier, geworben. „Für uns ist moderne Agrarpolitik Politik für den ländlichen Raum”, sagte Priesmeier in einem Gespräch mit dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe.
Die SPD sieht den Schwerpunkt der Agrarpolitik nicht mehr im landwirtschaftlichen Sektor, sondern in den Wirtschafts- und Lebensbedingungen der Menschen, die auf dem Land leben.
Der Schwerpunkt liege nicht mehr auf dem landwirtschaftlichen Sektor, sondern auf den Wirtschafts- und Lebensbedingungen der Menschen, die auf dem Lande leben. Dies habe Konsequenzen für die  Politikgestaltung und betreffe die Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes” (GAK) ebenso wie einen schrittweisen Abbau der Direktzahlungen im Rahmen der EU-Agrarpolitik nach 2020. „Direktzahlungen bieten keine Lösung für Probleme auf dem Lande”, betonte Priesmeier.
Er kündigte an, seine Fraktion werde sich nicht mit halbherzigen Lösungen bei der Neugestaltung der Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte zufriedengeben. Zufrieden äußerte sich Priesmeiers Stellvertreter in der Fraktion, der ostfriesische Abgeordnete Johann  Saathoff, über die Zusammenarbeit innerhalb der Koalition. Beide Seiten hätten sich in den vergangenen Monaten in der Agrarpolitik angenähert.
Bei Grünland Ziel erreicht
Sowohl Priesmeier als auch Saathoff erinnerten an die schwierigen Verhandlungen ihrer Fraktion mit der CDU/CSU beim Greening. Mit dem absoluten Umwandlungs- und Umbruchverbot für Dauergrünland in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und dem einzelbetrieblichen Autorisierungssystem in den übrigen Regionen habe die SPD ihr Ziel eines weitgehenden Grünlandschutzes erreicht, unterstrich Priesmeier. Im Gegenzug habe man bei den ökologischen Vorrangflächen Zugeständnisse machen müssen. Saathoff sprach im Zusammenhang mit der Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Gebieten und der Teilhabe der dort lebenden Menschen am gesellschaftlichen Fortschritt von „sozialdemokratischen Grundanliegen”. Das werde man künftig stärker als in der Vergangenheit „nach außen und innen” kommunizieren. Für den ehemaligen hauptamtlichen Bürgermeister der niedersächsischen Gemeinde Krummhörn kommt den Kommunen eine Schlüsselrolle für die Entwicklung ländlicher Räume zu.  Dazu gehöre nicht zuletzt die Möglichkeit, sich wirtschaftlich zu betätigen, etwa als Betreiber von Windkraftanlagen.
Förderung konzentrieren
Die sektorübergreifende Sichtweise seiner Partei auf die Agrarpolitik bedeutet laut Priesmeier nicht, „dass wir die Landwirtschaft vernachlässigen”. Die SPD betrachte sie aber viel stärker unter dem Aspekt, „welche Rolle sie zur Entwicklung ländlicher Räume spielt und welchen Beitrag zur Wertschöpfung sie leistet”. Die Förderung müsse künftig stärker auf bedürftige Regionen konzentriert werden. Seine Fraktion werde versuchen, die Gemeinschaftsaufgabe (GAK) „so weit zu öffnen, wie es möglich ist”, kündigte Priesmeier an. Zumindest wolle man erreichen, dass künftig die Fördermöglichkeiten des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) vollständig genutzt werden können. Keinen Zweifel ließ der niedersächsische Abgeordnete daran, dass die Weiterentwicklung der GAK für seine Fraktion eine hohe politische Priorität habe. Hohe Erwartungen setzt Priesmeier in das für 2015 angekündigte neue Bundesprogramm ländliche Entwicklung.  Priesmeier: „Das kann eine Blaupause für eine künftige Gemeinschaftsaufgabe ländliche Entwicklung werden.” Die Große Koalition biete die einmalige Chance für eine Neujustierung der Gemeinschaftsaufgabe. Der SPD-Agrarsprecher geht davon aus, dass sich die Länder dem nicht verweigern werden.
„Tierschutz-TÜV wird kommen”
Bedeutung misst Priesmeier der Einführung eines bundeseinheitlichen Prüf- und Zulassungsverfahrens für Tierhaltungssysteme bei: „Der Tierschutz-TÜV wird kommen.” Kein Weg führt dem gelernten Tierarzt zufolge zudem an einer Größendiskussion vorbei. Nicht akzeptabel seien aus seiner Sicht Tierhaltungsanlagen in einer Dimension von mehreren zehntausend Plätzen, „wie wir sie bislang nicht kannten”. Ziel der Koalition sei vereinbarungsgemäß eine flächengebundene Tierhaltung. Gewerbliche Großanlagen stünden damit nicht in Einklang.
Beschlusslage zur Grünen Gentechnik
Für  einstweilen abgeschlossen hält der SPD-Abgeordnete die grundsätzliche Diskussion seiner Partei über die Grüne Gentechnik: „Wir haben  eine eindeutige Beschlusslage und lehnen den Einsatz der Grünen Gentechnik ab.” Die SPD trage damit den Vorbehalten einer großen Mehrheit der Bevölkerung Rechnung.
Für Rente mit Abschlag ohne Hofabgabe
Als weiteres wichtiges Thema seiner Fraktion bezeichnete der Agrarsprecher die Neugestaltung der Hofabgabeklausel in der Alterssicherung der Landwirte (AdL). Nicht hinnehmen will der SPD-Politiker eine Verschiebung der Thematik unter Hinweis auf die ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer. Die bislang bekanntgewordenen Überlegungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums gehen Priesmeier nicht weit genug. „Das ist nicht annähernd das, was wir uns vorstellen”, betonte der Sozialdemokrat. Ältere Landwirte, die ihren Betrieb über das 65. Lebensjahr hinaus weiterführen wollen, müssten dies künftig tun können. Dafür müsse ihnen eine Rente mit Abschlag gewährt werden.