Betrieb und Wirtschaft | 06. Juli 2016

Schwarzwaldmilch warnt vor Bio-Euphorie

Von René Bossert
Trotz eines schwierigen Branchenumfeldes und rückläufigem Umsatzes im Jahr 2015 und möglicherweise auch im laufenden Jahr sieht sich die Freiburger Molkerei Schwarzwaldmilch auf Kurs. Vom Markt kommen erste positive Signale.
„Das Jahr 2016 ist noch schwieriger als das Jahr 2015”, stellte Geschäftsführer Andreas Schneider vergangene Woche vor Journalisten in Freiburg fest. Er sieht die Krise der Branche  derzeit  auch als gravierender an als in den Jahren 2008/09. Schneider beobachtet im Blick auf die Gesamtsituation des Milchmarktes eine große Hilflosigkeit, viele Diskussionen seien naiv. Eine Diskussion über Abnahme- bzw. Andienungspflicht beispielsweise führe zu gar nichts.
Den Landwirten sei bewusst, dass durch die Markenprodukte mehr Geld auf die Höfe fließe, berichteten Aufsichtsratsvorsitzender Markus Kaiser (links) und Andreas Schneider auf der Pressekonferenz von der Stimmung auf der am Vortag abgehaltenen Generalversammlung.
Zwar gebe es seit einigen Wochen bei zurückgehenden Anlieferungsmengen in der EU eine Marktstabilisierung, vor allem auf der Fettseite. Aber den Umsatz für das laufende Jahr stabil zu halten, sei angesichts der verheerenden Abschlüsse für die Weiße Linie im April ein sehr ambitioniertes Ziel. Per Ende Juni lag der Umsatz auf Höhe des entsprechenden Vorjahreszeitraums, wobei im Bereich der Marken ein Plus von über 3% zu Buche steht. Im vergangenen Jahr sank der Umsatz der Schwarzwaldmilch-Gruppe um 12,6% auf 163,4 Mio. Euro. Das gedrückte Preisniveau und das Zurückfahren der Pulverproduktion sorgten für das Minus. Auch bei den Markenprodukten fehlten am Ende 2,9% Umsatz, bei Bioprodukten ergab sich ein Plus von 13%. Der Anteil der Markenprodukte bei der Produktion im Freiburger Werk stieg um acht Prozentpunkte auf 66%. In Offenburg sank der Umsatz insgesamt gesehen, bei milchbasiertem Spezialpulver und sogenannten anwendungsspezifischen Ingredients stieg er um 1 %. Offenburg entwickle sich zu einem Standort weiter, an dem hochspezialisierte Produkte für die Ernährungsindustrie und Sportlernahrung produziert werden. Der durchschnittliche Auszahlungspreis für konventionelle Milch lag inklusive der gängigen Zuschläge bei 37,47 Cent/kg (4,2 % Fett/3,4 % Eiweiß, brutto, inkl. 10,7 % MwSt.). Laut Schneider war das der zweithöchste Preis in Deutschland. Dabei ergab sich trotzdem noch ein Bilanzgewinn von 1,02 Mio. Euro – aus Gründen der Eigenkapitalstärkung, sagte Schneider. In diesem Jahr gehe es dagegen angesichts der extrem niedrigen Preise darum, möglichst viel Geld auf die Höfe zu bringen. Dennoch investiert die Molkerei auch in die Marke, nicht zuletzt mit dem seit 1. Juli angelaufenen Werbevertrag mit dem SC Freiburg. Unter anderem durch Trikotwerbung ergeben sich dadurch über vier Milliarden Werbekontakte jährlich, wie Marketingleiterin Caroline von Ehrenstein berichtete. Der SC sei ein bodenständiger Partner, mit dem man die Bekanntheit regional steigern wolle, nationale Effekte nehme man gerne mit. Zur Resonanz unter den Erzeugern erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Markus Kaiser, dass seinem Eindruck nach die Mehrzahl das SC-Engagement als richtige Entscheidung ansehe. „Es entwickelt sich positiv, aber alles ist endlich”, fasste Schneider seine Einschätzung zum Bio-Bereich zusammen. Im ersten Halbjahr stieg der Bio-Umsatz um 20% und die Auszahlungspreis-Differenz liege im Moment bei 19 Cent netto. Bio sei inzwischen ein reifes Marktsegment, so dass die Preise sinken könnten, sagte Schneider. Gleichzeitig werde der konventionelle Preis wieder steigen. „Wir raten davon ab umzustellen, wenn es nur um den Preisabstand geht”, betonte Schneider. Gut 15 % erreicht der Biomilch-Anteil im Unternehmen inzwischen. Die Molkerei werde Ende des Jahres mehr Bio-Erzeuger haben als Ende 2015, nehme im Moment aber keine neuen Bio-Erzeuger mehr auf, wobei viele Betriebe umstellen wollen.

Käserei-Gedanken
Ein Bio-Produkt, das gut läuft, ist der vor knapp einem Jahr eingeführte Bergkäse in zwei Reifestufen. Eine weitere Produktvariante soll 2017 eingeführt werden, berichtete Schneider. Eine eigene Käserei zu bauen sei ein Thema, über das man nachdenke. Dabei gehe es um eine Spezialitäten-Manufaktur mit 1000 bis 1500 Tonnen Produktionskapazität jährlich. Das wolle angesichts  hoher Investitionskosten von etwa 10 Millionen Euro aber gut überlegt sein. Auch dem Thema Heumilch wolle sich die Molkerei stellen. Es gebe Anfragen von Gruppen und einzelnen Erzeugern, die an der Heumilch-Produktion interessiert seien. Dabei stellen sich aber laut Schneider eine Reihe von Fragen in Sachen Erfassung  und Vermarktung.