Tierhaltung | 08. Februar 2018

Schlachthofdaten geben wichtige Hinweise

Von Dr. Thomas Ley, Ulm
Die Befunde, die bei der Schlachttier- und Fleischuntersuchung am Schlachthof gemacht werden, können dem Bullenmäster wichtige Informationen zur Optimierung der Produktion beziehungsweise zur Verbesserung der Tiergesundheit geben.
Bei der Schlachtung von Bullen stehen weniger Infektionskrankheiten im Vordergrund als vielmehr Einzeltierbefunde unterschiedlichster Ursache.
Am Schlachthof werden zum einen Befunde bei der Anlieferung (Schlachttieruntersuchung) und zum anderen nach der Schlachtung (Fleischuntersuchung) erhoben. Dabei geht es vor allem darum auszuschließen, dass durch das Fleisch die Gesundheit des Menschen beeinträchtigt werden kann. Daneben hat der amtliche Tierarzt die Einhaltung des Wohlbefindens der Tiere während des Transports und im Schlachthof zu überwachen sowie die Informationen zur Lebensmittelkette in Form der Standarderklärung zu überprüfen.
Die erhobenen Befunde werden dem Mäster über entsprechende Bescheinigungen oder Datenbanklösungen zugänglich gemacht. Grundsätzlich lassen sich die Befunde den Bereichen Haltung, Infektionskrankheiten, Parasiten, Transport oder Dokumente zuordnen.
 
Haltung
Deformationen und Missbildungen von Knochen/Gelenken haben auf die Schlachtfähigkeit eines Masttieres in der Regel keinen Einfluss. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Transportfähigkeit, über die im Einzelfall, gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Tierarztes, zu entscheiden ist.
Haltungsbedingte Technopathien (Schäden an Klauen oder Schwanz) sollten heutzutage schon aus Gründen des Tierschutzes der Vergangenheit angehören.
Injektionsstellen mit Schädigung des umliegenden Gewebes resultieren meist aus falsch gesetzten Einstichstellen, einer falschen Anwendung des Medikamentes oder der Injektion mit unsauberen Instrumentarien.
Aufgrund des tierischen Verhaltens führen gegenseitige Verletzungen der Bullen durch Tritte und Stöße häufig zu umfangreichen Blutungen (blutig-sulzige Stellen) im Unterhautfettgewebe, der Muskulatur, an Unterbeinen bis hin zu unentdeckten Frakturen der langen Röhrenknochen.
Liegegeschwüre sollten ernst genommen und zügig behandelt werden, da sie oftmals umfangreiche Entzündungen in den darunter liegenden Gewebeschichten verursachen, bis hin zu einer Allgemeinerkrankung, wenn die Keime bzw. deren Abbauprodukte über die Blutbahn verteilt werden.
Nicht behandelte, länger andauernde Klauen- und Gelenkentzündungen stellen eine Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und letztlich des Tierwohls dar. Darüber hinaus kommt es an den entzündlich veränderten Stellen der Haut meist zu einem Übergang von Keimen (Eitererregern) aus der Umgebung in tieferes Gewebe, in die Gelenke und die Blutbahn mit nachfolgenden fieberhaften Krankheitszuständen.
Die Eitererreger siedeln sich im weiteren Verlauf oftmals an den Herzklappen ab, so dass eine stetige Erregerabgabe in den Blutkreislauf über entsprechend veränderte Zubildungen an den Herzklappen (Herzklappenentzündung) stattfindet. Werden solche Tierkörper einer bakteriologischen Fleischuntersuchung unterzogen, ist oftmals eine Keimbesiedelung von Muskulatur und Organen festzustellen. Diese Tierkörper werden für genussuntauglich erklärt. Eine intensive Tierbeobachtung mit unverzüglicher Behandlung kann hier Schlimmeres verhindern.
Infektionskrankheiten
Von besonderer Bedeutung sind Zoonosen, also Krankheiten beim Tier, die bei Übertragung auf den Menschen zu Erkrankungen führen können. Hierzu zählt die Salmonellose als klassische Lebensmittelinfektion, indem mit Erregern belastete tierische Lebensmittel roh oder unzureichend erhitzt vom Menschen verzehrt werden. Problematisch sind besonders die Tiere, die als Dauerausscheider im Bestand nicht erkannt werden, zumal die klinischen Symptome wenig ausgeprägt sind. Daneben gilt die Salmonellose des Rindes als anzeigepflichtige, bekämpfungspflichtige Tierseuche. Vorbeugend steht daher die strikte Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen auf dem Betrieb im Vordergrund.
Die Listeriose, auch als Silagekrankheit beim Rind bekannt, kann durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln zu schwerwiegenden Erkrankungen bei Risikogruppen wie Schwangeren, Säuglingen oder abwehrgeschwächten Personen führen. Auf die Verfütterung von Silage schlechter Qualität, insbesondere aus den Randbereichen, sollte daher verzichtet werden.
Weitaus häufiger kommen Atemwegsinfektionen beim Bullen vor, verursacht durch den Rindergrippe-Komplex sowie das Zusammenbringen von Tieren unterschiedlichster Herkunft zur Mast. Durch die teilweise massive Schädigung der Lunge kommt es zur Entzündung und großflächigen Verwachsung mit dem Brustfell, dem Herzen und der Brustwand. Durch Gewebeeinschmelzungen treten erhebliche Geruchsveränderungen auf, die bis zum Verwurf des Tierkörpers führen können. Mit Impf- und Prophylaxeprogrammen kann der Erkrankung zunächst entgegengewirkt werden. Dennoch erkrankte Tiere sind unverzüglich zu behandeln.
In der Mastbullenhaltung tritt die Schwanzspitzenentzündung sowie im fortgeschrittenen Stadium die Schwanzspitzennekrose immer wieder auf. Als Ursache wird die mechanische Schädigung der Schwanzspitze angesehen, während aber auch pathophysiologische Prozesse bei der Versorgung von kapillaren Endstrombahngebieten wie Schwanzspitze, Klauen oder Hörner genannt werden. Letztlich können Erreger über die veränderte Schwanzspitze in den Wirbelkanal eindringen mit Schädigung des Rückenmarkes und ausgedehnter Abszessbildung entlang der Wirbelsäule.
Die Verschleppung von Eitererregern über die Blutbahn (Bakteriämie) führt dann regelmäßig zu einer Herzklappenentzündung. Symptome am lebenden Tier können zurückgebliebenes Wachstum, wiederkehrendes Fieber oder Festliegen des Bullen sein, was dann in der Schlachttieruntersuchung bereits zum Verwerfen des Tieres führt. Daher sind das rechtzeitige Erkennen und die unverzügliche Behandlung einer veränderten Schwanzspitze von immenser Bedeutung.
Parasiten
Unter dem Parasitenbefall beim Bullen hält sich seit vielen Jahrzehnten recht hartnäckig der Rinderbandwurm des Menschen. Das Rind infiziert sich über Bandwurmeier, die vom Menschen ausgeschieden werden und über das Futter in die Tiere gelangen. Treten nur wenige dieser Zwischenstadien, sogenannte „Finnenblasen”, im Tierkörper auf, kann der Tierkörper durch eine entsprechend lange Gefrierbehandlung zur Abtötung dieser Stadien für den menschlichen Verzehr noch brauchbar gemacht werden, ansonsten ist der Tierkörper genussuntauglich.
Kommt es hingegen zu einem massiven Befall des Tierkörpers mit Zwischenstadien von Sarkosporidien − einzellige Lebewesen, die im Darm vorkommen − und der Ausbildung von sogenannten „Miescher’schen Schläuchen” in der Muskulatur, ist das Fleisch nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet. Auch hier nimmt das Rind die Dauerstadien dieser Einzeller über das Futter auf. Sie stammen überwiegend aus dem Kot von Heimtieren wie Hund und Katze, weshalb diese von Futterlagern konsequent ferngehalten werden sollen.
Tiere aus feuchten Niederungsgebieten weisen regelmäßig in der Leber einen Besatz mit dem großen oder kleinen Leberegel auf. Die Tiere nehmen auch hier die parasitären Zwischenstadien über das Futter auf. Solche Lebern mit stark veränderten Gallengängen sind für den menschlichen Verzehr ungeeignet.
Transport
Die Transportfähigkeit der Bullen muss ohne Einschränkungen gewährleistet sein. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei Lahmheiten, Verletzungen sowie einem ungestörten Allgemeinbefinden. Beim Transport sind die Bullen ausreichend abzutrennen und es ist für genügend Freiheit über Rücken und Widerrist zu sorgen. Auch hier können durch das tierische Verhalten dieselben Schädigungen wie im Herkunftsbetrieb auftreten.
Nach Ankunft am Schlachthof sollen die Bullen möglichst zügig der Schlachtung zugeführt werden, um weitere Rangordnungskämpfe mit der Gefahr der Ausbildung von DFD-Fleisch zu verhindern. Solches Fleisch ist dunkel, trocken, lederartig und macht auch keine Fleischreifung, wie bei Rindfleisch notwendig, durch.
Die Anlieferung sauberer Tiere am Schlachthof wird künftig eine noch größere Bedeutung bei der Reduzierung lebensmittelbedingter Erkrankungen beim Menschen erlangen. Abhängig vom Verschmutzungsgrad des Tieres hat der Schlachthof besondere Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um eine Kreuzkontamination des Fleisches mit Keimen aus dem verschmutzten Fell während des Schlachtvorgangs weitestgehend zu verhindern. Der erhöhte Aufwand durch diese Tiere entsteht entweder durch die separate Schlachtung oder die Herabsetzung der Schlachtgeschwindigkeit.
Dokumente
Hinsichtlich der Dokumente, die die Tiere an den Schlachthof begleiten, ist auf die vollständig ausgefüllte und unterschriebene Information zur Lebensmittelkette (Standarderklärung) hinzuweisen. Zur ordnungsgemäßen Kennzeichnung der Bullen gehören aber auch zwei Ohrmarken sowie das Original-Stammdatenblatt. 
Fazit
Bei der Schlachtung von Bullen stehen weniger die klassischen Infektionskrankheiten der Rinder im Vordergrund als vielmehr Einzeltierbefunde unterschiedlichster Ursache. Trotz der Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen kann sich der Bullenmäster gegen einen Eintrag von parasitären Zwischenstadien über das Futter nicht immer ausreichend schützen.