Politik | 28. April 2016

Scharfe Kritik nach Preisabschlüssen für Milch

Von AgE
Als eine gemeinsame Bankrotterklärung von Molkereien und Lebensmittelhandel hat der Deutsche Bauernverband (DBV) deren aktuelle Abschlüsse für Trinkmilch gewertet.
Existenznot beim Bauern – Profit und Schnäppchenangebot im Laden: Der Lebensmitteleinzelhandel kann Milch zurzeit sehr günstig einkaufen und macht Gebrauch davon.
Dafür können „wir keinerlei Verständnis aufbringen”, erklärte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken am  Freitag voriger Woche  im Hinblick auf die erneuten Preissenkungen, die laut einem Bericht der „Lebensmittelzeitung” bis zu 10 Cent je Liter ausmachen sollen. Aus seiner Sicht haben Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in ihren Preisverhandlungen ihre Verantwortung gegenüber der Milcherzeugung und der Landwirtschaft erneut nicht wahrgenommen.
Damit hätten die Molkereien die Kritik an ihrem Angebotsverhalten und der LEH an seiner Dumpingpreisstrategie bestätigt, betonte der Generalsekretär. Auch hätten die Molkereien die Möglichkeiten des Wettbewerbsrechts nicht genutzt, etwa über Kooperationen oder die Bildung von Verkaufskontoren, um dem LEH in den Verhandlungen „auf Augenhöhe zu begegnen”.
Strukturbruch befürchtet
Der Bauernverband unterstrich zudem, dass er wiederholt in Gesprächen mit Vertretern der hiesigen Molkereien darauf hingewiesen habe, die Vermarktungsstrukturen mit Blick auf die existenzbedrohende Marktmacht des LEH anzupassen.
„Dringend auf den Prüfstand”
Für den Bauernverband gehören die kartell- und wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen „dringend auf den Prüfstand”. Dies gelte vor allem mit Blick auf Maßnahmen, mit denen unfairen Handelspraktiken in der Lebensmittelkette begegnet werden könne, aber auch für die Überprüfung der Lieferbedingungen zwischen Molkereien und Erzeugern. Der DBV stellte klar, dass letztlich die Mitglieder der genossenschaftlichen Molkereien über die Ausgestaltung von Satzungen und Milchlieferordnungen entscheiden müssten, wie die Bedingungen ausgestaltet sein sollen oder ob an einer Andienungspflicht festgehalten werde. Diese Prüfung müsse zwar sachgerecht erfolgen, aber die Möglichkeiten für Milcherzeuger berücksichtigen, auf Defizite in der Vermarktung zu reagieren.
Der Bauernverband befürchtet durch die Welle der Preissenkungen bei Milch und Molkereiprodukten einen enormen Strukturbruch in der Milcherzeugung.
Ostendorff: „Zahltag der Milchkrise”
Nach Auffassung des Agrarsprechers der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff, gestalten sich die Kontraktverhandlungen zwischen Molkereien und LEH als „Zahltag der Milchkrise”. Preisabschläge im zweistelligen Bereich zeigten, wohin die „absurde” Mengensteigerung auf dem Milchmarkt führe. Ostendorff sieht die Verantwortung dafür auch bei den Molkereien, die bis auf wenige Ausnahmen ihre Marktstellung nicht genutzt hätten, um effektive Anreize zur Mengenreduzierung zu entwickeln. Zugleich forderte er Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf, die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen und die Wirtschaftsakteure „in die richtige Richtung zu leiten”.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) warf mit Blick auf die Preisverhandlungen dem Molkereiunternehmen Deutsches Milchkontor (DMK) „unverantwortliches Handeln” vor, das „voll und ganz zu Lasten der Milchbauern und ihrer Familien” gehe. Man habe das DMK wiederholt aufgefordert, vor den Kontraktverhandlungen mit den Handelsketten Maßnahmen zur Drosselung der Milchmenge einzuführen. Das habe die größte deutsche Molkerei aber strikt abgelehnt.