Politik | 29. Juni 2017

Rukwied unterstützt erweiterte Förderung der ersten Hektare

Von AgE/enz
Unmittelbar vor dem Deutschen Bauerntag, der am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche in Berlin stattfand, machte sich Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), keine Illusionen über weiteren Anpassungsbedarf der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP).
Der DBV will laut Joachim Rukwied Kappung und Degression bei der GAP vermeiden.
Jede GAP-Reform habe Veränderungen mit sich gebracht. „Das wird diesmal nicht anders sein”, sagt Rukwied im Interview mit dem landwirtschaftlichen Pressedienst Agra-Europe. Der Bauernverband kämpfe für eine starke Erste Säule als Herzstück der GAP. Gleichzeitig wisse man jedoch, dass man über Themen wie das Risikomanagement diskutieren müsse.
Warnung vor tiefen Schnitten in Haushalt
Der DBV-Präsident bekennt sich zu einer stärkeren Förderung der ersten Hektare, die entsprechend der seit der letzten Reform gestiegenen Durchschnittsgröße noch ausgeweitet werden könne. „Wir müssen uns darüber klar sein, dass die Alternative Kappung und Degression heißen würde”, so Rukwied an die Adresse der ostdeutschen Landesbauernverbände, die grundsätzliche Vorbehalte gegen das System der ersten Hektare haben.
Auch im Hinblick auf das Greening werde man nicht auf dem bisherigen Stand stehenbleiben können. Eindringlich warnt der Bauernpräsident vor tiefgreifenden Einschnitten in den EU-Agrarhaushalt. Die ländlichen Räume und die Landwirtschaft spielten für die Stabilität der Europäischen Union eine wichtige Rolle. Die Mitgliedstaaten und allen voran Deutschland als größter Nettozahler werden nach Auffassung Rukwieds nicht umhinkommen, mehr aus den nationalen Haushalten nach Brüssel zu überweisen: „Anders wird das nicht funktionieren.” Entschieden widersetzen werde sich der Berufsstand jeglichen Versuchen, Agrargelder für andere Zwecke, beispielsweise im Naturschutz, abzuzweigen.
Im Mittelpunkt der Agrarpolitik steht für Rukwied eine Landwirtschaft, die auf Familienbetrieben basiert. Eine Absage erteilt er demgegenüber einer „Satellitenlandwirtschaft in Form von Holdings und Filialbetrieben”. Der DBV-Präsident betont den politischen Handlungsbedarf auf dem Bodenmarkt: „Wir stehen vor der Frage, wie wir es unterbinden können, dass nichtlandwirtschaftliche Investoren vor allem in Gunstregionen drängen und dort Landwirtschaft betreiben.” Dazu bedürfe es einer Lösung zu den Anteilskäufen. Rukwied räumt zugleich ein, dass es über das Wie innerhalb des Berufsstandes bislang keine Einigkeit gibt: „Wir haben darauf noch keine abschließende Antwort.”
Hohe Erwartungen an Nutztierstrategie
Hohe Erwartungen hat der Bauernpräsident an eine gesellschaftlich breit getragene nationale Nutztierstrategie. Diese sei allerdings nur dann sinnvoll, wenn sie die bäuerlichen Betriebe nicht überfordere. „Überzogene Forderungen und Wunschdenken bringen uns nicht weiter”, mahnt Rukwied. Erneut warnt er vor einer Überbetonung des Ordnungsrechts: „Mehr Ordnungsrecht führt zwangsläufig zu einer Beschleunigung des Strukturwandels.” Man könne nicht in Sonntagsreden das Bekenntnis zum Familienbetrieb ablegen und kleine Betriebe gesondert in der GAP fördern und gleichzeitig genau diesen Betrieben mit immer höheren Auflagen die Existenzgrundlage nehmen.
Für unverzichtbar hält Rukwied ein starkes Bundeslandwirtschaftsministerium, „das auch für den ländlichen Raum zuständig ist und sich wesentlich intensiver als bisher dem Export widmet”. Indirekt spricht sich der DBV-Präsident damit gegen eine Verlagerung der Exportförderung in das Bundeswirtschaftsministerium aus. Neue Aufgaben des Agrarressorts im Bereich der ländlichen Entwicklung müssen seiner Ansicht nach mit einer entsprechenden Aufstockung des Agrarhaushalts einhergehen.
Unzufrieden zeigt sich Rukwied mit der Zusammenarbeit zwischen dem Landwirtschafts- und dem Umweltministerium. Die wiederholte Einmischung des Umweltressorts in Agrarthemen sei nicht zu akzeptieren. Die von der Koalition beschlossene Verschärfung des Düngerechts war dem Bauernpräsidenten zufolge unumgänglich. Entscheidend sei jetzt, „dass die neuen Vorschriften pragmatisch umgesetzt werden und kein bürokratisches Monstrum entsteht”. Die Zusammenarbeit mit Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt in den letzten Jahren wertet Rukwied als „verlässlich und gut”.
„Wir stehen zu Ihnen”
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Deutschen Bauerntag 2017 in Berlin
Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannte sich am Mittwoch auf dem Deutschen Bauerntag in Berlin zur Landwirtschaft als Branche und zu den Bauernfamilien als wichtige Säulen des ländlichen Raumes.
„Wir stehen zu Ihnen”, betonte die Bundeskanzlerin gleich eingangs ihrer Rede und erhielt dafür den ersten Beifall. Im Verlauf ihrer Rede klatschten die über 600 Delegierten des Landesbauernverbände in Deutschland noch mehrfach. Nur einmal nicht, als sie das von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt ausgehandelte Düngepaket als gute Leistung für die Bauern bewertete.
Merkel ermunterte die Zuhörer im Saal, selbstbewusst ein modernes, realistisches Bild der Landwirtschaft zu zeigen. Problembereiche und Zielkonflikte wie im Bereich der Tierhaltung und des Umweltschutzes müssten thematisiert werden, das sei aber, so Merkel  wörtlich „null komma null Rechtfertigung, den bäuerlichen Berufsstand an den Pranger zu stellen”.
Die Kanzlerin unterstrich die Notwendigkeit eines breiten Dialogs darüber, „wie die Landwirtschaft von Morgen  aussehen soll”. In diesem Sinne lobte sie das Motto des Deutschen Bauerntages 2017 „Gemeinsam Zukunft gestalten”.
Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, bekannte sich bereits zuvor in seiner Grundsatzrede zu diesem Dialog mit Gesellschaft und Politik. „Wir müssen Veränderungsbereitschaft signalisieren und konkretisieren”, betonte er gegenüber den Delegierten. Allerdings könne es nur um Veränderungen „mit Maß und Ziel” gehen. Sonst seien der Exodus der Betriebe und die Verlagerung der Produktion ins Ausland die Konsequenzen. Die Bauern hätten allen Grund, selbstbewusst in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten, so der DBV-Präsident.