Pflanzen sind keine Milchprodukte
Von AgE
Rein pflanzliche Produkte dürfen grundsätzlich nicht unter Bezeichnungen für Milchprodukte wie „Käse”, „Milch”, „Rahm”, „Butter” oder „Joghurt” vermarktet werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.
Mehr Klarheit im Supermarkt: Der Europäische Gerichtshof hat jetzt Bezeichnungen wie „Soja-Milch” oder „Tofubutter”
Der Urteilsverkündung vom 14. Juni zufolge gilt dies für alle Bezeichnungen, die das EU-Recht Produkten tierischen Ursprungs vorbehält. Auch entsprechende klarstellende oder beschreibende Hinweise auf den betreffenden Produkten pflanzlichen Ursprungs ermöglichten keine Ausnahme. Auch dürfen laut der aktuellen Entscheidung des EuGH Bezeichnungen wie „Milch” oder „Butter” nicht durch Hinzufügung erläuternder Begriffe wie zum Beispiel „Soja-Milch” sowie „Tofubutter” bei der Vermarktung veganer Erzeugnisse genutzt werden. Dies wäre eine Verletzung des europaweit festgeschriebenen Bezeichnungsschutzes für Milch und Milchprodukte, stellten die Richter klar.
Urteil lässt Ausnahmen zu
Im Urteil wird jedoch auch eine Reihe von
Ausnahmen genannt. Hierzu gehört unter anderem das traditionell in
französischer Sprache benannte Produkt „crème de riz”. Unter bestimmten
Voraussetzungen ist auch die Bezeichnung eines Erzeugnisses mit dem
englischen Wort „cream” als ergänzender Zusatz erlaubt, so etwa zur
Bezeichnung alkoholischer Getränke oder von Suppen.
Enttäuscht über das EuGH-Urteil zeigte sich der Geschäftsführer des beklagten Unternehmens
TofuTown, Bernd Drosihn. Er kritisierte generell den Sinn der
gesetzlichen Regelungen. TofuTown war als Erzeuger und Vermarkter
vegetarischer und veganer Produkte vom Verband Sozialer Wettbewerb vor
dem Landgericht Trier auf Unterlassung der entsprechenden Bezeichnungen
verklagt worden. Die Richter in Trier hatten im Anschluss den EuGH
ersucht, die entsprechenden Vorschriften der EU auszulegen.
Nach Ansicht des Rechtsanwalts von TofuTown, Michael Beuger, hat der
EuGH mit dem Urteil die Chance verpasst, den Verbrauchern den Zugang zu
pflanzlichen Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten zu erleichtern.
Schmidt: „Gutes Signal”
Dagegen wertete Bundeslandwirtschaftsminister Christian
Schmidt die Entscheidung des EuGH als „ein gutes Signal für die Verbraucher”. „Ich habe immer deutlich gemacht: Was drauf steht,
muss auch drin sein”, betonte der CSU-Politiker. Schmidt plädiert für
eine eigene Kennzeichnung von Produkten, die herkömmliche tierische
Produkte nachempfinden. Nach diesem Urteil sei es noch schwerer zu erklären, weshalb für
Fleischprodukte ein anderer Ansatz gelten solle, erklärte der Minister.
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte das EuGH-Urteil. Er
forderte die Lebensmittelhersteller zu einer geänderten Bezeichnung
ihrer Produkte auf. Zugleich beklagte der Bauernverband, dass es für
Fleisch- und Wurstprodukte bisher an einem vergleichbaren
Bezeichnungsschutz fehle und zunehmend vegetarischer und veganer
Fleisch- und Wurstersatz mit Begriffen wie Schinken oder Schnitzel auf
den Markt komme. Vom Gesetzgeber erwartet der DBV hier eine
Nachschärfung der Regelungen und ein eindeutiges Bekenntnis zum
Original.
Der Generalsekretär des Europäischen Milchindustrieverbands (EDA),
Alexander Anton, sieht in dem Urteil einen wirkungsvollen Schutz der
europäischen Verbraucher. „Gemüse-Ersatzteile” dürften nicht als
Milchprodukte bezeichnet werden, da sich etwa Milch, Butter, Käse oder
Joghurt deutlich von pflanzlichen Produkten in der Zusammensetzung
unterschieden. Anton begrüßte zudem, dass es jetzt auch bei der
Erläuterung auf der Verpackung dieser pflanzlichen Produkte nicht mehr
erlaubt sei, „unsere Molkereiprodukte” für die Vermarktung dieser
Produkte zu missbrauchen.
MIV: „Wegweisende Entscheidung”
Der
Milchindustrie-Verband (MIV) sprach von einer wegweisenden Entscheidung.
Es bleibe zu hoffen, dass nun die Lebensmittelüberwachung in
Deutschland stärker als bisher gegen die vermehrte Verletzung des
Bezeichnungsschutzes, insbesondere bei veganen Produkten, vorgehen
werde, erklärte MIV-Geschäftsführer Jörg Rieke.