Politik | 23. Juni 2017

Pflanzen sind keine Milchprodukte

Von AgE
Rein pflanzliche Produkte dürfen grundsätzlich nicht unter Bezeichnungen für Milchprodukte wie „Käse”, „Milch”, „Rahm”, „Butter” oder „Joghurt” vermarktet werden. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.
Mehr Klarheit im Supermarkt: Der Europäische Gerichtshof hat jetzt Bezeichnungen wie „Soja-Milch” oder „Tofubutter”
Der Urteilsverkündung vom 14. Juni zufolge gilt dies für alle Bezeichnungen, die das EU-Recht Produkten tierischen Ursprungs vorbehält. Auch entsprechende klarstellende oder beschreibende Hinweise auf den betreffenden Produkten pflanzlichen Ursprungs ermöglichten keine Ausnahme. Auch dürfen laut der aktuellen Entscheidung des EuGH Bezeichnungen wie „Milch” oder „Butter” nicht durch Hinzufügung erläuternder Begriffe wie zum Beispiel „Soja-Milch” sowie „Tofubutter” bei der Vermarktung veganer Erzeugnisse genutzt werden. Dies wäre eine Verletzung des europaweit festgeschriebenen Bezeichnungsschutzes für Milch und Milchprodukte, stellten die Richter klar.
Urteil lässt Ausnahmen zu
Im Urteil wird jedoch auch eine Reihe von Ausnahmen genannt. Hierzu gehört unter anderem das traditionell in französischer Sprache benannte Produkt „crème de riz”. Unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Bezeichnung eines Erzeugnisses mit dem englischen Wort „cream” als ergänzender Zusatz erlaubt, so etwa zur Bezeichnung alkoholischer Getränke oder von Suppen. Enttäuscht über das EuGH-Urteil zeigte sich der Geschäftsführer des beklagten Unternehmens TofuTown, Bernd Drosihn. Er kritisierte generell den Sinn der gesetzlichen Regelungen. TofuTown war als Erzeuger und Vermarkter vegetarischer und veganer Produkte vom Verband Sozialer Wettbewerb vor dem Landgericht Trier auf Unterlassung der entsprechenden Bezeichnungen verklagt worden. Die Richter in Trier hatten im Anschluss den EuGH ersucht, die entsprechenden Vorschriften der EU auszulegen.
Nach Ansicht des Rechtsanwalts von TofuTown, Michael Beuger, hat der EuGH mit dem Urteil die Chance verpasst, den Verbrauchern den Zugang zu pflanzlichen Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten zu erleichtern.
Schmidt: „Gutes Signal”
Dagegen wertete Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt die Entscheidung des EuGH als „ein gutes Signal für die Verbraucher”. „Ich habe immer deutlich gemacht: Was drauf steht, muss auch drin sein”, betonte der CSU-Politiker. Schmidt plädiert für eine eigene Kennzeichnung von Produkten, die herkömmliche tierische Produkte nachempfinden. Nach diesem Urteil sei es noch schwerer zu erklären, weshalb für Fleischprodukte ein anderer Ansatz gelten solle, erklärte der Minister.
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte das EuGH-Urteil. Er forderte die Lebensmittelhersteller zu einer geänderten Bezeichnung ihrer Produkte auf. Zugleich beklagte der Bauernverband, dass es für Fleisch- und Wurstprodukte bisher an einem vergleichbaren Bezeichnungsschutz fehle und zunehmend vegetarischer und veganer Fleisch- und Wurstersatz mit Begriffen wie Schinken oder Schnitzel auf den Markt komme.  Vom Gesetzgeber erwartet der DBV hier eine Nachschärfung der Regelungen und ein eindeutiges Bekenntnis zum Original.
Der Generalsekretär des Europäischen Milchindustrieverbands (EDA), Alexander Anton, sieht in dem Urteil einen wirkungsvollen Schutz der europäischen Verbraucher. „Gemüse-Ersatzteile” dürften nicht als Milchprodukte bezeichnet werden, da sich etwa Milch, Butter, Käse oder Joghurt deutlich von pflanzlichen Produkten in der Zusammensetzung unterschieden. Anton begrüßte zudem, dass es jetzt auch bei der Erläuterung auf der Verpackung dieser pflanzlichen Produkte nicht mehr erlaubt sei, „unsere Molkereiprodukte” für die Vermarktung dieser Produkte zu missbrauchen.
MIV: „Wegweisende Entscheidung”
Der Milchindustrie-Verband (MIV) sprach von einer wegweisenden Entscheidung. Es bleibe zu hoffen, dass nun  die Lebensmittelüberwachung in Deutschland stärker als bisher gegen die vermehrte Verletzung des Bezeichnungsschutzes, insbesondere bei  veganen Produkten, vorgehen werde, erklärte MIV-Geschäftsführer  Jörg Rieke.