Land und Leute | 09. August 2017

Passgenaue Förderung für Weidfelder gesucht

Von René Bossert
Für die Weidfelder im Allmendgebiet des Südschwarzwaldes braucht es neue Ansätze in der Flächenförderung. Das bestehende System schafft für die Verwaltung große Probleme und sorgt für Unmut bei den Landwirten. Für eine Verbesserung kommt dem Biosphärengebiet eine wichtige Rolle zu.
„Wir brauchen eine ganzheitliche Betrachtung dieser Flächen”, sagt  Michael Kauffmann. Der unter anderem für Landwirtschaft und Naturschutz zuständige Dezernent des Landkreises Lörrach erklärt, dass Weidfelder für die Bewirtschafter eine Einheit seien und er als Vertreter der Verwaltung das gerne genauso sehen würde. „Aber das geben die derzeitigen Förderverfahren nicht her”, kritisiert der  Kreisbeamte und räumt ein, dass es  ein Vollzugsproblem gibt. Die Vor-Ort-Kontrollen seien mit  unglaublichem Verwaltungsaufwand verbunden.
Ein Weidfeld ist für Michael Kauffmann eine Einheit - und so solle man es auch fördern.

Derzeit müssen bei extensiv beweideten Allmendweiden einzelne Teilflächen aus der landwirtschaftlichen Bruttofläche herausgemessen werden, wenn auf ihnen ein Grünlandanteil von 50 Prozent unterschritten wird. In der geltenden Förder-Logik sind das dann keine landwirtschaftlichen Flächen mehr und die Bewirtschafter können keine Agrar-Flächenprämien mehr bekommen. 
Mosaik
„Diese Weidfelder sind ein Mosaik aus Grünland, Heiden, Zwergsträuchern, Borstgrasrasen und verschiedenen Sukzessionsstadien. Der Grünlandanteil erreicht  nicht überall 50 Prozent – trotzdem wird die ganze Fläche beweidet”, beschreibt Kauffmann die Weidfelder. Die extensiv bewirtschafteten Flächen seien „Trockene Heiden”, zumindest teilweise keine Bruttoflächen – aber gleichzeitig  ein definierter FFH-Lebensraumtyp. Falls ein Landwirt die Flächen intensiver bewirtschaften wolle, um sie als Bruttofläche anerkannt zu bekommen, würde er gegen FFH-Vorschriften verstoßen. „Der Landwirt kann es gar nicht richtig machen”, stellt Kauffmann fest.  
Dazu komme noch das Forstrecht: „Wenn ich fortentwickelte Sukzessionsflächen habe, befinde ich mich sozusagen im Wald. Dort darf ich gar nicht weiden. Das ist also auch nicht schlüssig”, sagt er.
Das Problem wurde aus dem Südschwarzwald von Verwaltung und Lokalpolitikern in Stuttgart schon mehrmals vorgetragen. Das sei  ein Problem, das den Landkreis Lörrach besonders stark betreffe, aber solche extensiven Weiden gebe es auch in den benachbarten Landkreisen im Südschwarzwald, bei den Grinden im Nordschwarzwald sowie  auf der Schwäbischen Alb.
Eine  Einstufung solcher Flächen als „Trockene Heiden” könnte nach Vorstellung des Landwirtschaftsministeriums Abhilfe schaffen: Trockene Heiden würde die  EU als traditionelle Nutzungsform anerkenen  und so würden die Flächen weiterhin als  Bruttofläche eingestuft. Eine entsprechende Kartierung soll durch die Landesanstalt LUBW   im Laufe des Jahres 2019 erfolgen.
Eine solche Kartierung wäre ein Ansatz, um das Geld auf der Fläche zu halten. Schnellere Lösungen seien wegen der Komplexität der Probleme nicht machbar, so  Kauffmanns Fazit aus Gesprächen mit Regierungspräsidium  und Landwirtschaftsministerium. Kurzfristig könne man den Bewirtschaftern nur ein Stück weit mit LPR-B-Verträgen entgegenkommen, die sich eben nicht auf die Bruttofläche beziehen. 
Aufgabe für das Biosphärengebiet
Die ins Auge gefasste Kartierung durch die LUBW  sei aber   wiederum ein kleinteiliger Ansatz und ein Behelfskonstrukt, sagt Kauffmann. Ihm wäre ein ganzheitlicher Ansatz lieber. „Wir brauchen einen großen Wurf”, wie Kauffmann sagt. Den sollte aus seiner Sicht das Biosphärengebiet Südschwarzwald entwickeln, wobei es nicht nur um die Förderproblematik gehen sollte.
 „Das Thema Offenhaltung ist für den Südschwarzwald systemrelevant. Wir brauchen passgenaue Lösungsansätze, die verwaltungsmäßig zu leisten sind und Akzeptanz bei den Bewirtschaftern finden”, betont er. Schließlich sei das Biosphärengebiet überhaupt gegründet worden, weil es das Alleinstellungsmerkmal der Allmendweide gebe. 
Das, was sich auf den Weidfeldern innerhalb des Zaunes befindet, wäre in Kauffmanns Vorstellung dann als Gesamtheit zu fördern. Wobei es in manchen Fällen Unschärfen in der  Abgrenzung  zum Wald hin gebe, wie er  einräumt. Aber wenn man sich Gedanken über die Zukunft der Weidfelder macht, brauche man eine definierte Kulisse, die wiederum eine Kartierung voraussetze.
 Das Biosphärengebiet habe, unterstützt vom Landschaftserhaltungsverband und der Weideberatung, den Sachverstand und die Mittel, so etwas umzusetzen. Diese Einschätzung werde im   Übrigen auch im Landwirtschafts- und Umweltministerium geteilt.
Im Laufe einer Förderperiode könne man nicht einfach den Hebel umlegen. Aber aus dem Prozess könnten  mit allen Akteuren abgestimmte Lösungsansätze für die Zukunft entstehen. Es spricht für Kauffmann dennoch  nichts dagegen, auch schon in der laufenden Förderperiode auf abgegrenztem Raum modellhaft andere Instrumente auszuprobieren.
 Klar ist für ihn  auch: „Wir dürfen die Bewirtschafter nicht vergrätzen, die meisten sind Nebenerwerbslandwirte und der Arbeitsmarkt in der Region ist aufnahmefähig.”