Politik | 14. Januar 2016

Neue Düngeverordnung auf der Zielgeraden

Von AgE
Die Bundesregierung hat vor Weihnachten ihren Entwurf zur Neuordnung der guten fachlichen Praxis beim Düngen der EU-Kommission zur Notifizierung übermittelt. Der Entwurf der Novelle der Düngeverordnung entspricht weitgehend der Fassung der Regierung vom Juni 2015.
Eine Verkürzung der Einarbeitungsfrist für Gülle auf eine Stunde ist vom Tisch.
Eine zwischenzeitlich diskutierte Verkürzung der Einarbeitungsfrist für Gülle auf eine Stunde ist vom Tisch. Für Wintergerste soll es eine Ausnahme von der Sperrfrist für die Herbstdüngung geben.
Zeitplan
Die Prüfung der insgesamt 130 Seiten umfassenden Novelle durch die Brüsseler Administration wird voraussichtlich Ende März abgeschlossen sein. Anschließend soll der Verordnungsentwurf dem Bundesrat zugeleitet werden. Parallel zur Novellierung der Düngeverordnung soll die dafür erforderliche Änderung des Düngegesetzes erfolgen. Der Bundestag wird sich voraussichtlich im Februar in erster Lesung mit dem Regierungsentwurf befassen.
Bestandteil des Verhandlungspakets zwischen Bund und Ländern ist zudem die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV), die ebenso wie die Düngeverordnung im Frühjahr der Länderkammer vorgelegt werden soll. Im Bundeslandwirtschaftsministerium geht man davon aus, dass die drei Vorlagen bis zur Sommerpause beschlossen sein werden.
Die vorgesehenen Regelungen entsprächen in weiten Teilen den Forderungen, wie sie die Kommission in den seit nunmehr zwei Jahren andauernden Verhandlungen erhoben habe, heißt es im Bundeslandwirtschaftsministerium. Dies gelte beispielsweise für die vorgesehene Absenkung des Stickstoffüberschusses, die Ausweitung der Sperrfristen oder auch die Erhöhung der Lagerkapazitäten für Gülle und Festmist. Gleichzeitig habe man die Kommission von „völlig realitätsfremden” Vorstellungen abbringen können, etwa die Forderung nach einem absoluten Düngeverbot auf Flächen mit einer Hangneigung von mehr als 15 Prozent. Den Entwurf zur Änderung des Düngegesetzes hatte das Bundeskabinett Ende letzten Jahres beschlossen.
Die Gesetzesänderung ist unter anderem notwendig, um Gärreste pflanzlichen Ursprungs in die betriebliche Obergrenze von 170 kg N/ha einbeziehen zu können. Die Einfügung von Vorschriften zum Umgang mit Nährstoffen im Betrieb sowie die Schaffung von Verordnungsermächtigungen sollen gewährleisten, dass in der Düngeverordnung Regelungen zu Nährstoffvergleichen für den Gesamtbetrieb erlassen werden können. Damit soll die Voraussetzung für die Einführung einer Hoftorbilanz geschaffen werden. Gelten soll die Hoftorbilanz ab 2018 zunächst für Betriebe mit mehr als 2000 Mastschweineplätzen und über drei Großvieheinheiten je Hektar.
Schließlich soll im Düngegesetz eine Rechtsgrundlage für die geplante Datenübermittlung geschaffen werden.  Auf einer Änderung der Anlagenverordnung bestehen sowohl das Bundeslandwirtschaftsministerium als auch die Unionsagrarier sowie die von CDU und CSU geführten Länderministerien. Sie wollen im Rahmen der vorgesehenen schärferen Anforderungen an die Lagerung von Jauche, Gülle und Sickersäften Bestandsschutz für vorhandene Anlagen. Einen Kompromissvorschlag dazu erarbeiten derzeit  Bayern und Rheinland-Pfalz.
Längere Sperrfristen
Auf Ackerland sollen künftig ab der Ernte der letzten Hauptfrucht bis zum 31. Januar grundsätzlich keine stickstoffhaltigen Düngemittel mehr aufgebracht werden dürfen. Allerdings soll es Ausnahmen geben. So soll zu Zwischenfrüchten, Winterraps und Feldfutter sowie zu Wintergerste bei Getreidevorfrucht in begrenztem Umfang bis 1. Oktober gedüngt werden dürfen. Beim Anbau von Gemüsekulturen soll die Sperrfrist am 1. Dezember beginnen. Für Grünland ist eine Sperrfrist vom 1. November bis zum 31. Januar vorgesehen. Erstmals soll für Festmist und Kompost eine Sperrfrist eingeführt werden, und zwar vom 15. November bis zum 31. Januar. Erweitert werden sollen die Vorschriften, um ein Abschwemmen von Dünger zu verhindern. Das Aufbringungsverbot, das generell stickstoff- und phosphathaltige Düngemittel umfassen soll, soll sich künftig nicht nur auf überschwemmte, wassergesättigte und gefrorene, sondern auch auf schneebedeckte Böden beziehen.
Verschärfte Anforderungen sollen für die Düngerausbringung gelten. Beispielsweise soll Gülle ab 1. Februar 2020 auf bestelltem Ackerland nur noch streifenförmig aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden dürfen.
In die Obergrenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar sollen alle organischen und organisch-mineralischen Düngemittel einbezogen werden, einschließlich pflanzlicher Gärrückstände.  Als Grundlage für die Düngebedarfsermittlung wird der Nährstoffbedarf bei einem bestimmten Ertragsniveau genannt. Hierfür soll grundsätzlich der dreijährige Durchschnitt herangezogen werden müssen. Auch für Grünland und Feldfutterbau soll künftig eine Düngebedarfsermittlung für Stickstoff durchgeführt werden müssen. Die Ermittlung des Düngebedarfs bei Phosphor soll auch weiterhin anhand der Empfehlungen der zuständigen Länderstellen möglich sein. Generell soll auf allen Böden ab 2018 ein Überschuss von 10 kg Phosphat je Hektar und Jahr nicht überschritten werden dürfen. Nicht mehr enthalten ist die ursprünglich geplante Vorgabe, auf Flächen mit hohen und sehr hohen Phosphatgehalten gar keinen Überschuss mehr zuzulassen.
Fassungsvermögen von Güllelagern
Verringert werden sollen die Kontrollwerte für die Differenz von Zu- und Abfuhr im Nährstoffvergleich. Ab 2018 soll der Kontrollwert für den Stickstoffüberschuss von bislang 60 kg/ha auf 50 kg/ha abgesenkt werden. Erstmals sollen in die Düngeverordnung bundeseinheitliche Vorgaben für das Fassungsvermögen von Güllelagern und Dungstätten aufgenommen werden. Gülle soll danach mindestens sechs Monate, auf Betrieben mit hohem Tierbesatz und ohne eigene Ausbringungsflächen ab 2020 mindestens neun Monate gelagert werden können. Für Festmist soll die Mindestlagerkapazität vier Monate betragen.
Länder dürfen verschärfen und erleichtern
In besonders mit Nitrat belasteten Gebieten sollen die Länder weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Nitrateinträge erlassen können. Beispielsweise sollen sie das Fassungsvermögen für Güllelager auf sieben Monate erhöhen können.
Zudem sollen die Länder in diesen Gebieten mit einem Gehalt von mehr als 50 mg Nitrat je Liter Grundwasser oder 40 mg Nitrat bei steigender Tendenz die zusätzliche Nachdüngung aufgrund vorangegangener Witterungsereignisse auf 10 Prozent des ermittelten Düngebedarfs deckeln können. Die Sperrzeit für die Stickstoffdüngung im Gemüsebau sollen die Länder um vier Wochen verlängern dürfen.
Für die Ausnahme kleiner Betriebe von der Düngebedarfsermittlung und vom Nährstoffvergleich sollen die Grenzwerte auf die bislang geltenden Werte abgesenkt werden können. Nicht gelten sollen die Beschränkungen für Betriebe, deren Kontrollwert des betrieblichen Nährstoffvergleichs 35 kg Stickstoff pro Hektar nicht überschreitet. Nehmen die Betriebe an Agrarumweltprogrammen teil, die der Reduzierung der Nitrateinträge auf der gesamten Betriebsfläche dienen, sollen sie ebenfalls von verschärften Regeln ausgenommen werden können.
Neben zusätzlichen Beschränkungen in belasteten Gebieten sollen die Länder in Regionen, die nicht mit Nitrat belastet sind, Erleichterungen ermöglichen können. So sollen Betriebe bis 30 ha von der Aufzeichnung der Düngebedarfsermittlung und vom Nährstoffvergleich ausgenommen werden können. Voraussetzung ist, dass sie höchstens zwei Hektar  Sonderkulturen anbauen und der jährliche Nährstoffanfall aus Wirtschaftsdünger 80 kg Stickstoff pro Hektar nicht überschreitet.