Pflanzenbau | 24. Juli 2014

Mulchen nach der Ernte ist Pflanzenschutz

Von Stefan Schröder
Für die Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten ist eine konsequente Hygiene auf dem Feld wichtig. Deshalb sollten Pflanzenreste direkt nach der Ernte und vor der anschließenden Bodenbearbeitung intensiv zerkleinert, zerfasert und gleichmäßig verteilt werden.
Diese Maßnahmen verbessern auch erheblich die Ergebnisse der Bodenbearbeitung und erleichtern damit die anschließende Aussaat. Es wirkt sich positiv auf die Bestandesführung und damit den Ertrag aus, wenn das Saatgut präzise, verstopfungsfrei und gleichmäßig in der Tiefe abgelegt wird.
Das Mulchen der Stoppel macht sich vor allem in den Kulturen  Getreide, Raps und Mais bezahlt. In Getreide ist das Stoppelmulchen für die Fusarium-Bekämpfung und die gleichmäßige Strohverteilung vorteilhaft.
Fusariumpilzen einen Riegel vorschieben
Gleich nach der Ernte und vor der Bodenbearbeitung sollten die Stoppeln gemulcht werden, um Schädlinge und Krankheiten zurückzudrängen.
Wenn Lagergetreide auftritt, wird dies häufig mit extremen Wettereinflüssen und einem verspäteten Erntetermin erklärt. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor wird jedoch häufig übersehen, weil er wenig bekannt und schwer nachweisbar ist: Der Befall der Halmbasis mit Fusarium. Die allgegenwärtige Präsenz von Fusariumpilzen, deren Sporen sich über den Wind verbreiten, ist bekannt. Gegen Infektionen mit diesen Pilzen führen Landwirte meist späte Fungizidbehandlungen in der Blütezeit durch.
Mittlerweile konnte aber nachgewiesen werden, dass der Pilz auch auf Ernteresten überdauert und vom Boden in den Halm einwächst. In diesem Fall wird das Mykotoxin Deoxynivalenol (DON) bereits dann gebildet, wenn der Pilz den Weizenhalm an der Basis durchdringt. Das wasserlösliche DON verlagert sich anschließend mit dem Transpirationsstrom nach oben in die Ährenspindel.
Das könnte auch eine Erklärung für die gelegentlich nicht überzeugende Wirkung von Fungiziden sein, die gezielt in der Blüte eingesetzt wurden. Es leuchtet ein, dass ein Pilz, der von unten in der Pflanze hochwächst, mit einer von oben applizierten Fungizidgabe genauso wenig bekämpft werden kann wie Verticillium im Raps. Unter diesen Bedingungen erreicht der Wirkstoff den Erreger nicht.
Fusariumpilze überleben in totem Pflanzengewebe, durchwachsen es und produzieren im Frühjahr Sporen. Um den Erregern ihre Nahrungs- und Überlebensquelle zu entziehen, sollten die Stoppeln direkt nach der Ernte konsequent mit einem Schlegelmulchgerät zerkleinert werden. Auf diese Weise zersetzen sich die Pflanzenreste durch intensive Rotte schnell und werden den Pilzen als Nahrungsquelle entzogen.
Eine gute Strohrotte reduziert Pilzbefall
Untersuchungen der Fachhochschule Kiel, veröffentlicht von Professor Klaus Schlüter, beleuchten die Problematik. 2011 konnte man in vielen Regionen Schleswig-Holsteins in der späten Abreife des Weizens ein „hohes” Lager beobachten. Das unterste Halmstück war durch den Wachstumsregler gut gefestigt und widerstand der Zerstörung. Aber das darüber liegende, sehr viel weichere Gewebe wurde durch den einwachsenden Pilz zersetzt, wodurch die Halme knickten. Es ist vorgekommen, dass sich in Ernteproben DON-Gehalte bis über 600 μg/kg (Mikrogramm je Kilogramm) nachweisen ließen, ohne dass die Ähre Symptome gezeigt hatte.
In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass pfluglos bestellter Weizen (Ritmo) deutlich weniger unter Taubährigkeit zu leiden hatte als Weizen, der nach dem Pflügen einer Blattfrucht bestellt worden war. Die Ursache für dieses überraschende Phänomen fand sich in infektiösem Material aus Pflanzenresten und Dauersporen. Nicht zerkleinerte Reste von Maispflanzen waren untergepflügt worden. Dadurch fand keine Verrottung statt, sondern eine Konservierung. Im weiteren Fruchtfolgeverlauf wurden diese Pflanzenreste wieder hochgepflügt. Mithilfe des Windes wurden dann die Sporen in den auflaufenden Mais zurücktransportiert und natürlich auch in das Getreide.
Außer Fusarium ist auch Drechslera tritici-repentis (DTR) eine Pilzerkrankung, die auf den Stoppeln von Weizen, gelegentlich auch von Gerste und Roggen, überdauert. Das Stoppelmulchen kann auch in diesen Fällen vorteilhaft sein.
Das Stoppelmulchen ist aber nicht nur eine hygienische Maßnahme gegen Fusarium, sondern verteilt nach der Ernte das Stroh gleichmäßig, das vom Mähdrescher oder Häcksler oft in Schwaden abgelegt wurde.
Düngewirkung des Strohs optimal nutzen
Die Erntefenster werden kleiner, die Schneidwerksbreiten größer. Doch die Strohverteilung wird beim Mähdrusch oft stiefmütterlich behandelt. Dabei geht es hier um Verteilungsdifferenzen von 100 bis 200 % durch Unter- und Überlappung. Das ist nicht nur für die Rotte von Bedeutung, sondern auch für die Düngewirkung des Strohs.  Die darin enthaltenen Nährstoffe sollten möglichst exakt verteilt werden. Das umso mehr, als Mineraldünger immer teurer wird. Unter einer ungenauen Strohverteilung leidet schließlich auch der Feldaufgang der Folgekultur.
Eine sinnvolle Alternative zu einer mangelhaften Strohverteilung kann der Getreidehochschnitt mit nachfolgendem Mulchen der Getreidestoppel sein. Das gilt vor allem bei schwierigen bis miserablen Erntebedingungen, bei denen oft jede Stunde und höchste Flächenleistung zählen. Beachtenswert sind folgende Vorteile des Hochschnitts mit anschließendem Mulchen:
  • Erhöhung der Druschleistung des Mähdreschers, da weniger Stroh durch die Maschine geht
  • Höhere Fahrgeschwindigkeit und höhere Flächenleistung
  • Reduzierter Treibstoffverbrauch des Mähdreschers
  • Reduzierte Kornfeuchte
  • Geringere Verschleißkosten am Mähdrescher.
In der Summe führt das Stoppelmulchen in Getreide durch seine positive Wirkung auf Pflanzengesundheit und Strohverteilung, trotz der zusätzlichen Kosten des Mulchereinsatzes, zu einem bemerkenswerten Mehrertrag.
Ausfallraps zum Auflaufen bringen
Auch in Raps ist das Stoppelmulchen sinnvoll. Beim Rapsdrusch fallen immer Körner auf den Boden. In engen Fruchtfolgen wird nicht selten beobachtet, dass mehr Ausfallraps als neu gedrilltes Z-Saatgut aufläuft. Da dieser Ausfallraps bis zu zehn Jahre keimfähig ist, muss in den Folgekulturen ständig Durchwuchsraps bekämpft werden. Es besteht die Gefahr „grüner Brücken”, durch die sich Nematoden und Rapskrankheiten wie Phoma auf dem Feld festsetzen und vermehren können.
Wenn nach der Rapsernte professionelle Mulchgeräte zum Einsatz kommen, saugen sie die am Boden liegenden Rapskörner auf, vermischen sie mit den zeitgleich zerhäckselten Rapsstoppeln und Bodenkrümeln und legen das Gemenge bodenschließend ab. Dadurch werden optimale Auflaufbedingungen für den Ausfallraps geschaffen. Außerdem verrotten die Pflanzenreste zügig, was wiederum überdauernden Krankheiten wie Phoma und Rapskrebs den Nährboden entzieht. Mit der anschließenden Bodenbearbeitung kann das zerkleinerte Rapsstroh zur Stickstoffsicherung problemlos flach eingearbeitet werden, der gekeimte Ausfallraps wird zerstört.
Zünsler und Fusarium im Mais stoppen
In Mais bekämpft das Mulchen der Stoppel gleichzeitig Fusariumpilze und Raupen des Maiszünslers.
Schließlich ist auch im Mais das Stoppelmulchen von großer Bedeutung. Der Maiszünsler hat sich fast überall festgesetzt, wo Mais angebaut wird. Der Schädling wirkt sich negativ auf den Anbau aus. Es gibt bereits eine neue Rasse, die zwei Larvengenerationen pro Jahr entwickeln kann. Dadurch verlängert sich der Flug des Falters von Juni/Juli bis September. Direkte chemische oder biologische Bekämpfungsmaßnahmen kosten Geld, und die Bekämpfungserfolge in der Praxis sind nicht immer zufriedenstellend.
Die Maiszünslerlarve hat bereits 10 bis 14 Tage nach der Eiablage den schützenden Stengel erreicht. Sie dringt in ihn ein und frisst sich nach oben in Richtung Kolben durch. Die Kolbenschäden können bis zu 30 % erreichen. Zum Spätherbst fressen sich die Raupen dann wieder nach unten in Richtung Stützwurzeln. Während ihrer Wanderung zerstören sie einerseits Leitungsbahnen, wodurch Kolbenmasse und damit Energieertrag verlorengehen. Andererseits
beschädigen sie das Stängelmark, worunter die Standfestigkeit der gesamten Pflanze erheblich leidet.
Das kann zu massiven Ernteverlusten führen. Das durch den Fraß zerstörte Pflanzengewebe ist ein Einfallstor für Fusarien. Ein Stoffwechselprodukt dieser Pilze sind die bereits beim Getreide genannten, gefährlichen Mykotoxine.
Die Zerkleinerung der Maisstoppeln mit dem Mulchgerät sollte die erste Maßnahme nach der Ernte sein. Um hierbei effektiv zu arbeiten, muss der Maisstängel zwischen der Stützwurzel und dem ersten Knoten abgeschlagen und intensiv zerkleinert und zerfasert werden. Und gleichzeitig muss das zerkleinerte Mulchgut auch gleichmäßig verteilt auf der Bodenoberfläche abgelegt werden.
Ein kritischer Punkt sind niedergefahrene Stoppeln. Um dem Ziel näher zu kommen, beim Mulchen möglichst alle Stoppeln zu erfassen, hat sich eine leicht schräg gegen die Stoppelrichtung arbeitende Vorgehensweise bewährt. Das heißt, dass der Mulcher nicht in der Fahrspur, sondern in einem Winkel von etwa 10 Grad schräg zur Fahrspur arbeitet. Bei pflügenden Betrieben ist der Boden zur Maisernte vergleichsweise wenig tragfähig; deshalb liegen niedergefahrene Stoppeln zum Teil viele Zentimeter tief in den Fahrspuren, so dass der Mulcher erst Dämme von Erde wegbewegen müsste, um diese Täler zu erreichen. Aus diesem Grund sollten Fahrspuren möglichst vermieden werden. Es hat sich herausgestellt, dass Mulchsaatbetriebe beim Wirkungsgrad der Mulcharbeit wegen ihrer kompakteren Böden klar vorn liegen.
Bei der Maiszünslerbekämpfung mittels Mulchen kommt es aber nicht nur auf die Arbeitsqualität im einzelnen Betrieb an. Genauso wichtig ist das gemeinschaftliche Vorgehen aller benachbarten Landwirte. Den Erfolg der Fusarium-Reduzierung durch das Mulchen kann jeder Landwirt für sich alleine verbuchen – den Erfolg der Maiszünslerbekämpfung gibt es nur in der Gemeinschaft. Was nützt es schließlich, auf einem Feld die Larven abzutöten und damit den Befallsdruck zu senken, wenn im nächsten Jahr die Falter trotzdem aus der Nachbarschaft zufliegen?
Anforderungen an die Mulchtechnik
Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Mulchmaschinen in Kombination mit anderen Geräten eingesetzt werden. Das erhöht die Schlagkraft und spart Zeit und Treibstoff.
Aus Gründen der Sicherheit müssen die Gehäuse der Mulchgeräte nach hinten geschlossen sein. Die Bildung von Haufen und Schwaden ist in jedem Fall zu vermeiden. Die Werkzeuge sollten überlappen und Schnittgeschwindigkeiten von 50 bis 60 m pro Sekunde erreichen. So werden Pflanzenreste effizient abgeschlagen und Ausfallkörner sowie am Boden liegendes Pflanzenmaterial sicher aufgesogen und den Zerkleinerungselementen zugeführt.