Betrieb und Wirtschaft | 18. Februar 2014

Morgen gibt es auch noch Ware

Von Dr. Reimer Mohr
Die nachgebenden Getreidepreise haben den Welthandel mit Getreide beflügelt. Der harte Wettbewerb unter den Exporteuren lässt aber keine Preissteigerungen erwarten.
Seit Jahresbeginn haben die Kurse an den internationalen Weizenmärkten deutlich nachgegeben.  Diese internationalen Vorgaben haben sich auf die regionalen Märkte in Deutschland übertragen. So fiel der Preis für Brotweizen in den Seehäfen um 10 Euro/t auf 195 Euro/t und im Binnenland franko Verarbeiter auf 185 bis 195 Euro/t. Vereinzelt sank der Preis ab Hof für Brotweizen auf unter 180 Euro/t. Niedrige Preise senden zwei Signale aus: Für die Anbieter heißt es, dass durch die Rekordernte der Wettbewerbsdruck am Weltmarkt hoch ist, und für den Nachfrager bedeutet dies eine günstige Gelegenheit, um sich  mit Ware einzudecken.
Anzeichen für wieder anziehende Getreidepreise sind im Moment keine auszumachen.
Das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) bestätigte in seinem Januarbericht die weltweite Rekordernte. Es gab insgesamt nur kleinere Korrekturen. Weizen, Mais und Gerste sind in den kommenden Monaten reichlich am Weltmarkt verfügbar.  Die Vorräte sollen um 41 Mio. t auf 380 Mio. t steigen und das Verhältnis Vorrat zu Verbrauch beträgt  zum Ende des Vermarktungsjahres 19,7 %. Damit hat die Mehrzahl der Marktteilnehmer keine Versorgungsängste, was dazu führt, dass keine Panikkäufe vorgenommen werden. Morgen besteht noch die Möglichkeit, sich günstig einzudecken. Auch die institutionellen Anleger sehen  keinen Grund, auf steigende Preise zu setzen. Sie  haben  ihre Positionen verringert oder sie setzen auf fallende Preise.
Die niedrigen Preise haben in den vergangenen Wochen und Monaten das Kaufinteresse der Importländer deutlich erhöht. Steigende Weltbevölkerung und zunehmender Wohlstand in Asien fördern neben den niedrigen Preisen die Nachfrage. 
Im Januar kam die Vergabe von Exportlizenzen in der EU-28 wieder in Schwung. So hat die EU-Kommission allein in der dritten Januarwoche Exportlizenzen für Weizen in Höhe von 819 000 t erteilt. Insgesamt summiert sich die Vergabe der Exportlizenzen für Weizen im laufenden Jahr 2013/14 nach 12 Mio. t im Vorjahr auf 17,7 Mio. t.  Damit hat die EU-28 seit  Juli 2013 bereits 70 % der USDA-Exportprognose vermarktet. Dies steht im Vergleich zu 55 % im Vorjahr. 
Genügend Schnee
In weiten Teilen der Nordhalbkugel ist der Winter eingekehrt.  Die Schneedecke soll in vielen Teilen der Ukraine und Russlands ausreichend sein, um die Getreidepflanzen zu schützen. Lediglich in einigen Regionen Südrusslands wird von einer zu dünnen Schneedecke berichtet. An dieser Stelle sollte allerdings berücksichtigt werden, dass 5 bis  8 % Auswinterungsschäden in Russland eine durchschnittliche Ausfallquote ist.
 In den USA sieht es ähnlich aus. Mit Ausnahme des östlichen Teils des Mittleren Westens wird von einer ausreichenden Schneedecke berichtet.  Nachdem  zur Jahreswende für einige Tage durch die Polarwinde die Temperaturen bereits auf minus 20 bis 30 °C gefallen waren, stiegen sie innerhalb weniger Tage in den Plus-Bereich und der Weizen fing wieder an zu wachsen. Aktuell ist er  durch die hohen Minusgrade aber erneut unter Stress geraten. Insgesamt ist es für die Beurteilung der Auswinterungsschäden noch deutlich zu früh. Dies zeigt sich auch darin, dass die Börse bisher auf die möglichen Auswinterungsschäden nicht reagiert hat.
Jedes Jahr im Januar und Februar werden die ersten Hochrechnungen für die kommende Ernte veröffentlicht. Dabei werden die Aussaatflächen mit den erwarteten Trenderträgen multipliziert. Das Wetter in der Vegetationsperiode  kann niemand vorhersagen.  Die ersten Schätzungen sind daher häufig rekordverdächtig. In einem Jahr mit steigenden Vorräten, wie im aktuellen Vermarktungsjahr, erhöht sich folglich der Preisdruck für die folgende Ernte. In Paris wird der Novemberweizen 2014 mit 183 Euro/t gehandelt. Ab Hof werden den Landwirten vielerorts Preise ex Ernte von 170 bis 175 Euro/t angeboten.
Was bleibt festzuhalten?  Landwirte, die noch Getreide eingelagert haben, sollten kurzfristige Preishochs für die Vermarktung nutzen. Lieferschwierigkeiten der Wettbewerber aufgrund des Wintereinbruchs, notwendige Käufe für den Export oder aber auch die Diskussion über Auswinterungsverluste können zu einem Zwischenhoch führen.