Tierhaltung | 19. Januar 2017

„Mobile” Eier haben ihren Preis

Von Henning Pieper, LWK Niedersachsen
In den letzten Jahren ist der Mobilstall in den Fokus der Direktvermarkter von Eiern und vereinzelt auch Geflügel geraten. Er hat eine Reihe von Vorteilen, ist aber mit einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden.
Interessant für Direktvermarkter: Zur mobilen Hühnerhaltung haben die Kunden eine sehr positive Einstellung und sind daher bereit, überdurchschnittliche Eierpreise zu bezahlen.
Nach wie vor suchen landwirtschaftliche Betriebe nach Einkommensalternativen. Schon seit geraumer Zeit gilt die Geflügelhaltung als ein infrage kommender Betriebszweig – und hier neben der Hähnchenmast vor allem die Legehennenhaltung in einer  Größenordnung bis etwa 3000 Plätze, verbunden mit einer regionalen Direktvermarktung. Bestände in solchen Größenordnungen werden immer öfter in Mobilställen gehalten.
Der Mobilstall ist ein althergebrachtes Haltungssystem und keine Folge von jüngsten Entwicklungen. Schon vor fünfzig Jahren wurden Stoppelfelder mit dem „Hühnerkarren” befahren, um das  Ausfallgetreide noch mit dem Federvieh zu nutzen. Ein Vorteil der mobilen Freilandhaltung von Hühnern ist, dass man der Grünlandbelastung durch tierische Exkremente und Krankheitskeime einfach „davonfahren” kann.
Lange Zeit wurde der Mobilstall belächelt. Argumente wie zu hohe Investitionskosten je Stallplatz, eine gewöhnungsbedürftige Outdoorhaltung, fehlende Alleinstellungsmerkmale beispielsweise auf dem Wochenmarkt und ähnliches ließen dieses Haltungssystem eine Ausnahme bleiben. 
Rascher Einstieg möglich
In den letzten Jahren hat sich das Blatt grundlegend gewendet. Der Mobilstall ist in den Fokus der Direktvermarkter von Eiern und vereinzelt auch Geflügelfleisch gerückt. Was waren nun die Beweggründe für diese Kehrtwende? Zum einen die bereits beschriebenen Gründe der Auslaufpflege. Zum anderen ist ein schneller Einstieg in die Geflügelhaltung möglich. Ein weiterer Vorteil ist ein variables Auf-und Abstocken des Bestandes. Erfahrungsgemäß ergänzt bald ein zweiter oder gar dritter Stall die bestehende Haltung. Auch eine Rückgabe eines kleinen Stalles zugunsten eines größeren ist vereinzelnd zu beobachten. Die mobile Hühnerhaltung muss als ein Konzept gesehen werden. Ähnlich wie in der Outdoorhaltung von Zuchtsauen muss der potenzielle Tierhalter eine grundsätzliche Affinität zu dieser Haltung haben. Die Betreuung des Bestandes stellt sich im Sommer als eher angenehm dar. Wie ist das aber in den Herbst- und Wintermonaten?
Mehraufwand
Der Arbeitsaufwand in der mobilen Hühnerhaltung ist erwartungsgemäß weitaus höher als im Feststall. So muss man bei einer üblichen Einstiegsgröße von etwa 250 bis 300 Legehennen mit rund 480 bis 550 Akh pro Jahr rechnen. Die  Tabelle 1 zeigt die Einzeltätigkeiten mit ihrer Häufigkeit und dem Gesamtbedarf an. Dieser Mehraufwand besteht vor allem aus der Beschickung des Stalles mit Wasser und Futter. Auch die hier noch nicht berücksichtigte An- und Abfahrt muss natürlich honoriert werden.
Besonders vergütet wird die mobile Hühnerhaltung durch die positive Einstellung der Kunden hierzu. Daher ist vor allem ein attraktiver Standort ausschlaggebend für den zügigen Absatz der Eier – zum Beispiel nah an günstigen Verkehrswegen für den Berufsverkehr oder an Rad- und Fußwegen. Ein möglicher Absatzweg ist neben der dominierenden Direktvermarktung ein Verkauf über den Lebensmitteleinzelhandel in der Region. Die örtlichen Märkte interessieren sich zunehmend für Eier aus Mobilställen und bezahlen sie adäquat.
Apropos Erlöse: Mobile Eier haben ihren Preis. Um eine zufriedenstellende Entlohnung aller Produktionsfaktoren zu erlangen, sollte man für das konventionelle Freilandei  mindestens 28–30 Cent und für das Ei aus Biohaltung mehr als 40 Cent erhalten. Dieses ist ein „sportlicher” Kurs insbesondere im ländlichen Raum, der nicht gerade im Speckgürtel von Großstädten liegt. Dennoch sollten die Eier nicht unter Wert abgegeben werden. Die in Tabelle 2 durchgeführte Rentabilitätsberechnung einer konventionellen und ökologischen Haltung zeigt dies sehr deutlich.
Die mobile Legehennenhaltung wird oftmals fälschlicherweise als Hobbyhaltung bezeichnet. Dass dies nicht stimmt, wird schon an den Investitionssummen deutlich. Insbesondere wenn es in die Größenordnung mehrerer Ställe geht, bewegen wir uns in sechsstelligen Beträgen.  
Genau kalkulieren
In der Rentabilitätsberechnung in Tabelle 2 wurde zunächst eine Aufstellung für eine konventionelle und eine ökologische Haltung gemacht. Die Größe des angenommenen Bestandes ergibt sich durch die Durchschnittsgröße eines Mobilstalles der hiesigen Anbieter. Die jeweilige Auswahl des Modells richtete sich nach deren typischer Einsteigervariante. Ebenso verhielt es sich mit dem Preis des Stalles. Ein Mittelwert der üblichen Stallanbieter mit diesen Modellen ergab hier eine Investition von etwa 30000 € je Stall mit 290 Plätzen der konventionellen Haltung und 240 Plätzen der ökologischen Haltung. Ergänzt mit einem Verkaufsautomaten oder Verkaufsraum und einer benötigten Umzäunung, ergaben sich in der konventionellen Haltung Investitionen von rund 143 € je Platz und in der ökologischen Haltung von etwa 173 €. Bei der konventionellen Haltung wurde mit einer Leistung von 280 Eiern pro Jahr und zwölf Prozent Verlusten kalkuliert.  Alle monetären Leistungen sind netto ausgewiesen. Ein Verkaufspreis von 28 Cent je Ei stellt hier auch schon üblicherweise das Mindestniveau dar. Daraus ergibt sich eine Marktleistung von 78,40 € je Durchschnittshenne. Für die Althenne wurde ein Schlachterlös von zwei Euro angenommen. Dieser kann von einer schlichten Abgabe der Hennen bis hin zu vier bis sechs Euro für eine Suppenhenne schwanken. Somit ergibt sich ein Gesamterlös von rund 80 € je Legehenne. Die Auflistung der direkten Kosten ist selbsterklärend. Anzumerken ist ein Futtermittelpreis von 33 €/dt mit einem Verbrauch von 120 g/Tier und Tag. Daraus resultieren Gesamtfutterkosten von 14,45 € je Tier. Die sonstigen Kosten enthalten vor allem Beiträge, den Zinssatz für das halbe Umlaufkapital und die Entsorgung der verendeten Tiere. Die Bilanzierung der Erlöse und der direkten Kosten ergeben eine Direktkostenfreie Leistung von rund 53 € je Legehenne. Die Festkosten ergeben sich aus einer 15-jährigen Abschreibungsdauer verbunden mit 2 % Reparaturkosten je Jahr und einem Zinsanspruch für das eingesetzte Kapital. Anhand des Gesamtbestandes kommt man  zur Berechnung des kalkulatorischen Gewinnbeitrages. Der  konventionelle Bestand erzielt einen Markterlös von 21917 €. Abzüglich der direkten und festen Kosten sowie eines Pachtansatzes für die Auslauffläche beträgt der Gewinnbeitrag 10200 €. Dieser Gewinn muss etwa 550 Akh im Jahr vergüten. Somit ergibt sich ein Stundenlohn von etwa 18,50 € je Stunde. Bei einem oftmals erzielten Preis von 30 Cent je Ei ergibt sich ein Jahresgewinn von 11700 €, mithin 21,30 € je Stunde. Die Lesart der ökologischen Erzeugung ist die gleiche. Die Legeleistung ist auf 265 Eier je Henne beziffert worden. Der Erlös je Ei wurde mit 40 Cent angenommen. Der Gesamtbestand beträgt im gleichen Stall 40 Tiere weniger. Die Futteraufnahme pro Tag ist gleichwertig angesetzt worden, der Futterpreis je Dezitonne  allerdings mit 53 € veranschlagt. Die Gesamtberechnung fällt  folgendermaßen aus: Ein um etwa 2500 € höherer Erlös wird in den höheren direkten Kosten wieder annähernd ausgeglichen. Dennoch verbleibt aus dieser kleineren Haltung ein um etwa 1000 € höherer Gewinn, der einen Stundenlohn von etwa 20 € pro Stunde ergibt. Das Niveau der Eierpreise ist hier als Mindesterlös zu sehen. Ein Ökopreis von 45 Cent je Ei ist durchaus üblich und erhöht den Gewinn auf rund 14200 € pro Jahr, mithin 26 € je Stunde. 
Was bleibt festzuhalten?
Die mobile Legehennenhaltung bestimmt derzeit die Beratungsnachfrage in der Geflügelhaltung. Vor allem jungen Leuten ermöglicht sie einen raschen Einstieg in die Legehennenhaltung. Der Kunde erfreut sich an dieser Haltungsform und honoriert sie mit weit überdurchschnittlichen Eierpreisen. Die Legehennen erzeugen ein sofortiges Verkaufsprodukt. Über den Erfolg bestimmt zumeist der Standort des Stalles. Die Wirtschaftlichkeit ist als gut zu bezeichnen. Dennoch ist diese Haltungsform ein Nischenkonzept, auch wenn der Bundesbestand von 36,5 Millionen Legehennen nur rund 550 km2 (0,4 % der LN) an Auslauffläche benötigen würde.