Politik | 08. Oktober 2015

Minister offen für „flexible Angebotsregelungen” bei Milch

Von AgE
Die Agrarministerkonferenz (AMK) vergangene Woche in Fulda hat sich bei der Milchmarktpolitik auf einen Kompromiss verständigt. Im Kern sieht er vor, dass die Ressortchefs verschiedene Instrumente – inklusive Mengensteuerung – prüfen wollen, um den Markt zu entlasten.
Genannt werden neben Versicherungslösungen, privater Lagerhaltung und kurzfristigen Herauskaufmaßnahmen ausdrücklich auch „flexible Angebotsregelungen”.
Die Agrarministerkonferenz zeigte insgesamt, dass die  Länder  ihre gravierenden Auffassungsunterschiede in der Milchpolitik nur noch mit Mühe kaschieren können. Erst nach schwierigen Verhandlungen, die dem Vernehmen nach wiederholt vor
dem Scheitern standen, hat sich die Agrarministerkonferenz am 2. Oktober in Fulda auf einen von allen getragenen Beschluss geeinigt.
„Runder Tisch”
Ein „Runder Tisch” unter Leitung des jeweiligen AMK-Vorsitzlandes soll versuchen, Vorschläge zur Bewältigung zukünftiger Krisen auf dem Milchmarkt zu erarbeiten.
Ein „Runder Tisch” unter Leitung des jeweiligen AMK-Vorsitzlandes soll versuchen, auf dieser Grundlage Vorschläge zur Bewältigung zukünftiger Krisen auf dem Milchmarkt zu erarbeiten. Neben Vertretern des Bundes und der Länder sollen landwirtschaftliche Verbände, die Molkereiwirtschaft, der Handel, Verbraucherverbände sowie „weitere gesellschaftliche Gruppen” beteiligt werden.
Zustimmung von Bonde
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Alexander Bonde zeigte sich in einer Pressemitteilung seines Ministeriums erfreut darüber, dass die Agrarministerkonferenz keine Maßnahmen für wirksame Hilfen für Milchviehhalter mehr ausschließe. Bonde bezog bei dieser Sichtweise seine sechs grünen Amtskollegen aus anderen Bundesländern mit ein.  Auch das vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) erarbeitete Marktverantwortungsprogramm zur flexiblen Angebotssteuerung soll demnach als mögliches Instrument zur Lösung der Milchkrise ernsthaft geprüft werden.
 Sachsen-Anhalts CDU-Landwirtschaftsminister  Hermann Onko  Aeikens  machte vor der Presse hingegen deutlich, dass ihm die Zustimmung zu dem Beschluss „sehr schwer” gefallen sei. Erneut warnte Aeikens vor einem Zurück zu einer Marktregulierung, die weder erfolgversprechend noch praktikabel sei. Dagegen sprach die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike  Höfken  von einem wichtigen Signal. Damit sei klar, dass man in der Milchpolitik nicht mehr allein auf Deregulierung und Marktorientierung setze, so die Grünen-Politikerin.
Die amtierende AMK-Vorsitzende, Hessens Landwirtschaftsministerin Priska  Hinz, zeigte sich nach dem Treffen erleichert darüber, dass überhaupt ein Beschluss zustande gekommen sei. Nunmehr gelte es, vorbehaltlos alle zur Verfügung stehenden Instrumente zu prüfen, betonte die Ministerin, die noch in diesem Jahr zu einem „Runden Tisch” einladen will. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian  Schmidt  versicherte, man werde die Gespräche „vorurteilsfrei” führen. Gleichzeitig äußerte sich Schmidt, der in dem Beschluss von seinen Länderkollegen aufgefordert wird, sich in Brüssel für die genannten Instrumente einzusetzen, zurückhaltend gegenüber einer Mengenregulierung auf dem Milchmarkt. Aus seiner Sicht gebe es „noch kein überzeugendes Modell, wie der Milchmarkt gesteuert werden könnte”.
BDM-Proteste drohten zu eskalieren
Begleitet wurden die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen von Protesten des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM). Diese drohten zwischenzeitlich zu eskalieren, nachdem sich ein Teil der rund 200 Kundgebungsteilnehmer Zugang zum Tagungshotel verschafft hatte. Insbesondere Schmidt war Adressat ihrer lautstarken Unmutsbekundungen. Erst nach der Zusage für ein Gespräch des Ministers mit einer BDM-Delegation entspannte sich die Situation.  
Liquiditätsdarlehen und direkte Zuschüsse
Bund und Länder haben sich auf Eckwerte für das angekündigte Liquiditätshilfeprogramm zugunsten von Betrieben geeinigt, die aufgrund der Preismisere der letzten Monate auf dem Milch- und Schweinemarkt oder auch der Trockenheit unter Druck geraten sind.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian  Schmidt  fand vergangene Woche in Fulda Zustimmung für sein „Zwei-Säulen-Modell” zur Vergabe der knapp 70 Millionen Euro, die aus dem EU-Hilfspaket für Deutschland zur Verfügung stehen. Zum einen sollen betroffene Betriebe ein Liquiditätsdarlehen über ihre Hausbank bekommen können. Damit wird die entsprechende Maßnahme fortgeführt, die bereits seit Juli dieses Jahres von der Landwirtschaftlichen Rentenbank angeboten wird. Zum anderen sollen direkte Zuschüsse zu dem Darlehen gewährt werden können. Die Beantragung soll über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erfolgen.
Schmidt betonte, dass die Zuschüsse nicht im Windhundverfahren vergeben werden sollen. Bei Überzeichnung der EU-Mittel werde
sichergestellt, dass alle berechtigten Betriebe einen Zuschuss erhalten.
Bund und Länder haben bislang keine Vorstellungen, wie viele Betriebe die Hilfe in Anspruch nehmen werden. Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike  Höfken  regte an, über eine Deckelung pro Betrieb nachzudenken, so dass möglichst viele den Zuschuss in Anspruch nehmen könnten. Ihr Schweriner Amtskollege Till  Backhaus  lehnte eine Fokussierung auf wirtschaftlich schwache Betriebe ab. Schmidt stellte klar, dass es keine Bonitätsprüfung geben werde.