Die Witterung meinte es europaweit in diesem Jahr nicht gut mit den Obstbauern. Mit 9,34 Millionen Tonnen wird für die EU-28 die schwächste Apfelernte der letzten zehn Jahre erwartet. Einen Marktausblick gibt Dr. Manfred Büchele, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Obstbau Bodensee.
Ein milder Winter, eine sehr frühe Blüte mit starken Frösten in der letzten Aprildekade, anhaltende Perioden der Trockenheit in den Südländern und erst letzte Woche noch Hagel in Südtirol, Trentino und der Steiermark machen es schwierig, die Erntemengen zu schätzen. Zudem dürften die Qualitäten hinsichtlich äußerer Beschädigungen und Lagerfähigkeit unterschiedlich sein. Unter diesen Rahmenbedingungen traf sich die Branche zur Prognosfruit, in diesem Jahr im wichtigsten Anbaugebiet für Kern- und Steinobst von Spanien, in Lleida in der Region Katalonien.
Für die anstehende Saison wird in der EU-28 mit 9,34 Mio. t die schwächste Ernte der vergangenen zehn Jahre erwartet. Das ist ein Minus von 21 % gegenüber dem Vorjahr bzw. 19 % unter dem Fünf-Jahres-Durchschnitt. Die Rückgänge betreffen nahezu alle EU-Länder, aber in unterschiedlichem Ausmaß.
In der Menge hat der EU-weit mit Abstand größte Produzent Polen mit –1,2 Mio. t die stärksten Einbußen. Besonders einschneidend sind die Ausfälle in Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Von den wichtigen Anbauländern sind Spanien und Italien bisher noch glimpflich davongekommen. Allerdings sind die starken Hagelschläge im Südtiroler Unterland, Trentino und Nonstal in der vergangenen Woche in der Statistik noch nicht berücksichtigt.
Steirer weiter in schwieriger Phase
Österreich hat prozentual eine kräftige Zunahme nach dem weitgehenden Ernteausfall letztes Jahr, liegt aber immer noch um 60 % unter seinem früheren Produktionspotenzial. Die steirischen Obstbauern befinden sich somit weiterhin in einer harten Phase. Noch heftiger ist die Situation in Slowenien. Einzig Portugal hat eine überdurchschnittliche Ernte. Auf Sorten bezogen sind die Einbußen bei Golden, Jonagold-Varietäten, Elstar und Braeburn am stärksten.
Vor dem Hintergrund dieser Prognosen hatte es Helwig Schwartau von der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft (AMI) mit seinem Ausblick auf die kommende Saison nicht einfach. Bei niedriger Produktion erwarten die Erzeuger zu Recht ein allgemein hohes Preisniveau. Die Aussichten sind prinzipiell gut, allerdings solle das Verkaufen nicht vergessen werden, sagte Schwartau.
Bei niedriger Eigenversorgung wird der deutsche Markt für Importe offen sein. Allerdings ist die Versorgung auf den heimischen Märkten in Italien, Belgien und den Niederlanden auch knapp und damit von dieser Seite weniger Druck zu erwarten. Positiv ist der etwas geringere Ausfall bei den preislich besseren Sorten Gala, Fuji, Clubsorten und Elstar.
Gewisse Unsicherheiten gehen von der Lagerfähigkeit, dem Verhalten der polnischen Erzeuger und den in der zweiten Saisonhälfte bei hohen Preisen zu erwartenden Importen aus der Südhemisphäre aus. Interessant wird dann die ausreichende Ver-sorgung, wenn die üblichen Sorten der zweiten Saisonhälfte wie Golden und Jonagold knapp werden sollten.
Schwartau leitete aus den Marktverhältnissen der letzten schwachen Ernten 2010 und 2011 für die anstehende Saison die Erwartung auf ein um 20 % bis 25 % höheres Preisniveau im Vergleich zu 2010 her. Dies sollte dann etwa 30 Cent/kg über dem Niveau des vergangenen Jahres entsprechen.
Überhitzung?
Am Bodensee sollen in diesem Jahr nur rund 86000 Tonnen Äpfel geerntet werden - rund ein Drittel einer Normalernte.
Für den deutschen Mostobstmarkt wurden wegen der europaweit äußerst knappen Verfügbarkeit 19 bis 23 Cent/kg genannt. Für die Verarbeiter sprechend, bemühte sich Franz Ennser von der Austria Juice, auf mögliche Probleme eines eventuell überhitzten Marktes und stärkeren Importen von Konzentrat in die EU hinzuweisen.
Für Deutschland wurde erstmals keine detaillierte Aufteilung der Erntemengen auf die einzelnen Regionen genannt. Deutlich überdurchschnittlich sind die Einbußen am Bodensee insgesamt, aber auch die anderen Regionen werden schwache Ernten haben.
Wenn der Situation in Baden-Württemberg etwas Positives abgewonnen werden kann, dann die Tatsachen, dass wegen der Frostereignisse nicht als Tafelware absetzbare Partien zu guten Preisen in die Verarbeitung gehen können und mit Ausnahme von Elstar eher die preislich besseren Sorten wie Gala, Fuji und Pinova prozentual weniger Rückgänge haben.
Gleichwohl ist die Situation für Erzeugung und Vermarktung schwierig. Neben den hart zu verschmerzenden Umsatzeinbußen müssen Lieferfähigkeit und Marktpräsenz gewahrt bleiben, um die verbleibende Ernte gut platzieren zu können und Kunden nicht zu verlieren.
Von den Produktionsgebieten außerhalb der EU hat die Türkei mit 3,3 Mio. t erneut eine Rekordernte und wird exportieren wollen. Weißrussland, die Ukraine und vor allem Russland haben ebenfalls erhebliche Einbußen wegen des Frostes.
In Nordamerika scheint es eine durchschnittliche Ernte zu geben. China meldet eine hinsichtlich Qualität und Verwendung schwer einschätzbare Produktion von 43 Mio. t und einen zunehmenden Export besserer Qualitäten in die Nachbarländer. 72 % der Produktion sind Fuji sowie 24 % Gala, die in Asien besonders beliebt sind.
Gute Bedingungen für Bio-Obst
Fritz Prem aus der Steiermark berichtete als Präsident des Europäischen
Bio-Obstforums (EBF) von weiterhin hervorragenden
Vermarktungsbedingungen auf den Märkten für Ökoware. Im EBF sind
Erzeuger aus Norditalien, Deutschland, Österreich und Benelux
zusammengeschlossen mit etwa 60 % Marktanteil. Die in der Anbaustatistik
hohen Hektarzahlen von Polen sind vor allem den Förderkonditionen
geschuldet, die bereits sehr niedrige Baumzahlen je Hektar als
förderwürdigen Ökoanbau akzeptieren, ohne dass größere Mengen erzeugt
werden.
Entscheidend sind laut Prem die nach wie vor steigende Nachfrage
nach Öko-Obst auf den heimischen Märkten und gut organisierte Erzeuger.
Die Vermarktungskapazitäten wurden zu leistungsfähigen Einheiten
ausgebaut. Verkäufe fänden häufig auf kurzem Wege von Erzeugergruppen an
den Lebensmittelhandel mit besseren Anteilen an der Handelsmarge statt.
Vertrauen auf allen Ebenen habe einen hohen Stellenwert. Voraussetzung
ist eine gesicherte Herkunft mit Marke. Unsichere Quellen für Bioware,
beispielsweise aus Osteuropa, tun sich schwerer.
Leider wird wegen der schlechten Witterung die Saison 2017 bei den
Mitgliedern des EBF mit geschätzten 118.000 t nach 151.000 t im Vorjahr
erneut eine deutlich zu geringere Ernte bringen.
Mit dem erneuten
Ausfall von Österreich und nun auch starkem Rückgang in Deutschland wird
der Öko-Markt im Wesentlichen von Italien (75.000 t) und Deutschland
(26.000 t) bedient. Sehr gute Preise werden auch für Verarbeitungsware mit
bis zu 50 Euro/dt erwartet. In der Folge werden zunehmend IP-Anlagen
schlecht bezahlter Tafelobstsorten in die
Öko-Verarbeitungobst-Produktion umgewandelt.
Clubsorten nehmen zu
Angesichts des zunehmenden Anteils – aktuell 10% – wird Clubsorten
weiter erhebliches Potenzial zugestanden. Mit striktem
Qualitätsmanagement und ansprechendem Marketing soll der allgemeine
Apfelkonsum wieder zulegen. Die Produktion an Pink Lady, Jazz und Kanzi
in der EU erreicht inzwischen 260.000 t, 35.000 t bzw. 60.000 t. Die Frage
nach der weiteren Ausdehnung und welche bzw. wie viele Sorten der Markt
noch aufnehmen kann, bleibt weiter offen. Die europäischen Konsumenten
sind bereit, für Clubsorten mehr Geld auszugeben. Sicher scheint, dass
Golden und Jonagoldsorten zunehmend zum Problem werden und reduziert
werden sollten.