Politik | 14. Dezember 2017

Mehr Spielraum heißt nicht Renationalisierung

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, hat sich im EU-Agrarrat klar gegen eine Renationalisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ausgesprochen.
Die Fahnen vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel präsentierten sich am Montag angesichts des Schmuddelwetters eher kläglich. Die Agrarreform-Vorschläge der Kommission fanden ein unterschiedliches Echo bei den einzelnen Mitgliedstaaten.
Der Finne, der Agrarkommissar Phil Hogan auf dem Agrarrat am Montag  in Brüssel vertrat, wies bei seiner Vorstellung der Kommissionsmitteilung zur Zukunft der EU-Agrarpolitik nach 2020 entsprechende Befürchtungen zurück. Katainen reagierte damit auf Aussagen der EU-Landwirtschaftsminister sowie anderer Branchenvertreter. Sie hatten  im Hinblick auf das Mehr an Spielraum für die Mitgliedstaaten, das die Kommission anstrebt, vor einer Renationalisierung der GAP und Wettbewerbsverzerrungen gewarnt.
Der Kommissions-Vizepräsident betonte, dass man sich in dieser Frage auch mit den Mitgliedstaaten einig sei. Lokale Behörden könnten viel wirkungsvoller und effizienter auf die individuellen Bedürfnisse vor Ort reagieren, als dies von Brüssel aus geschehen könne. In Brüssel wolle man sich auf die Aufstellung der gemeinsamen Ziele und Rahmenbedingungen konzentrieren. Eine Renationalisierung sei  aber auch deshalb abzulehnen, da dies eine Zersplitterung des gemeinsamen EU-Binnenmarkts zur Folge hätte. Das sei mit ihm nicht zu machen, erklärte Katainen.
Derweil zeigte sich Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt bei dem Ratstreffen in Teilen aufgeschlossen für die Pläne der EU-Kommission.  Bei der GAP handle es sich schließlich nicht um „eine Reliquie, die nicht angetastet werden darf.” Unterstützung erhielt Schmidt bei seinem Appell dem Vernehmen nach unter anderem von seinem französischen Kollegen Stéphane Travert. Allerdings äußerte sich der Franzose zu dem neuen, von der Kommission angedachten Modell insgesamt eher skeptisch.
Kappung
Schmidt  sprach sich  außerdem für eine besondere Unterstützung des Risikomanagements in der Landwirtschaft aus. Ferner müssten die Themen Umwelt- und Klimaschutz sowie Tierwohl in der neuen EU-Agrarpolitik stärkere Beachtung finden.
Gleichzeitig erteilte der deutsche Agrarressortchef den Kappungsvorschlägen der Kommission eine  Absage und wurde in dieser Haltung von seiner niederländischen Amtskollegin Carola Schouten sowie der rumänischen Delegation bestärkt. Rumänien gab zu bedenken, dass eine Kappung nur zu einer Aufteilung bestehender Großstrukturen führen  und faktisch an der gegenwärtigen Situation kaum etwas ändern würde. Positiver wurden die Kappungsansätze von der italienischen Delegation bewertet. Für eine Stärkung des Risikomanagements sprachen sich insbesondere auch die Niederlande, Belgien sowie Slowenien und Litauen aus.
Gegen Kofinanzierung der Ersten Säule
Die Delegationen aus Österreich, Irland, Finnland, Griechenland sowie der Slowakei unterstrichen erneut die Wichtigkeit einer auch in Zukunft hinreichenden Finanzierung der GAP. Frankreich, Italien, Irland, Ungarn und Litauen kündigten vehementen Widerstand gegen eine nationale Kofinanzierung von Teilen der Ersten Säule an.
Ungarn und Griechenland äußerten Bedenken, dass das neue Modell unter Umständen zu Verzögerungen bei der Auszahlung der Direktzahlungen aus der Ersten Säule führen könnte. Polen lobte  das Ansinnen der EU-Kommission, Vereinfachungen anzustreben, verwies aber auf die Notwendigkeit, die Geldflüsse nicht abreißen zu lassen. Aufgeschlossen gegenüber dem neuen Modellansatz für die GAP zeigten sich Dänemark und Schweden. Dies galt auch für Irland, das aber zur Bedingung machte, dass der  Binnenmarkt nicht in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe.
Unterdessen bekräftigten die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA)   die Forderung nach einer hinreichenden Finanzierung der GAP. COGECA-Präsident Thomas Magnusson sagte, es sei positiv, dass in den Plänen beide Säulen der GAP sowie die Direktzahlungen  gewahrt würden. Die  angestrebte Vereinfachung müsse auch zu Ergebnissen für die Bauern  führen. Die GAP müsse eine gemeinschaftliche Politik ohne jede Renationalisierung bleiben.  Zudem sollte die Haushaltsobergrenze auf über ein Prozent des Bruttonationaleinkommens angehoben werden.