Land und Leute | 21. Juli 2014

Erfolgreich eingetütet - heimische Landschaften im Tee

Von Christa Maier
Vergangene Woche eröffnete der Verein Kräuterland Baden-Württemberg die Kräutermanufaktur in Oberried. Dahinter stehen 30 begeisterte Frauen aus dem Schwarzwald, der Rhein- ebene und der Bodenseeregion, die hochwertige Kräuter- produkte, vor allem Tee, selbst herstellen und vertreiben.
Harmonisch, zitronig, aromatisch oder belebend: Vieles, was in der Natur wächst, findet sich in Kräuterteemischungen wieder.
Sie haben teilweise lustige Namen wie „Frech wie Oskar” oder „Lebe wild” und verwöhnen Gaumen und Auge eines jeden Teetrinkers.  Mit Kostproben in Form von frisch aufgebrühten Teekreationen und leckerem Holunderblütensirup  wurden die Gäste, darunter die Vorsitzende des Kräuterdorfs Oberried, Martha Riesterer, und Oberrieds Oberbürgermeister Klaus Vosberg, in der Klosterscheune begrüßt. Bis zur Vereinsgründung gab es nach Aussage der stellvertretenden Vorsitzenden vom Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden, Eva-Maria Schüle, einige rechtliche Hürden zu überwinden, da es einen genossenschaftlichen Kräuteranbau bisher nirgends gibt. Überhaupt passt die Kräutermanufaktur rechtlich in kein Schema. Der Anschluss des Wirtschaftsbetriebs an den gemeinnützigen Verein „Kräuterland Baden-Württemberg” löste so manches Problem, auch das der Bio-Zertifizierung. Diese wäre für die jeweiligen kleinen Anbauflächen im Einzelnen sehr teuer gewesen. Jetzt sei eine Sammelzertifizierung möglich. Ideengeberin des einzigartigen Projekts ist Monika Schwarz, die in Furtwangen lange Zeit einen Naturkostladen führte. „Ich hab mich immer geärgert, dass wir nur guten Bio-Tee aus Österreich beziehen konnten, obwohl wir hier doch alles in der Region haben”, weist die Kräuterpädagogin auf die Vielfalt an Kräutern, an Wissen und Erfahrung begeisterter Kräuterfrauen hin. 
Mit langem Atem
Monika Schwarz, Kräuterpädagogin und Ideen- geberin des Projektes Kräutermanufaktur.
Von der Idee bis zur Umsetzung brachte sie zusammen mit Eva-Maria Schüle  über Jahre viele ehrenamtliche Stunden ein.  „Ohne Friedhilde Munz vom Regierungspräsidium gäbe es weder die Kräuter-Regio noch die Kräuter-Manufaktur”, hob Schüle die einzigartige Unterstützung durch die Oberlandwirtschaftsrätin hervor, die mit dem IMF-Konzept  (Innovative Maßnahmen für Frauen im Ländlichen Raum) auch  das passende Förderprogramm für die blühende Geschäftsidee hatte. „Wir möchten, dass unsere Frauen Geld verdienen, und nicht nur, dass sich der Naturpark mit ihnen schmücken kann” – ihre Aussage wurde von den Frauen mit Applaus und von Roland Schöttle, Geschäftsführer des Naturparks Südschwarzwald, mit Schmunzeln quittiert.  Schöttle freute sich, dass der Warenkorb an regionalen Produkten jetzt auch um Kräuter erweitert werden kann. Ganz Baden-Württemberg profitiere von der Premiumlinie, die eine Komposition aus Schönheit, Heimat, Arbeit, Vielfalt, Qualität und Wertschöpfung sei. „Die Seele der Landschaft steckt in der Tüte”, dankte er den engagierten Frauen. Mit Susanne Kaufmann aus Efringen-Kirchen fand man eine Gründungsberaterin, die die  30 Frauen mittlerweile im dritten Jahr bei Businessplan, Preiskalkulationen oder Internetpräsenz unterstützt. Sie gab zu, dass sich ihr Teeverständnis in dieser Zeit grundlegend geändert habe, heute gehöre der Mörser selbstverständlich zum Haushalt. Der zerstoßene Ganzblatttee habe nichts mit den herkömmlichen Teebeuteln gemein und bringe nicht nur ein Geschmacks- sondern auch ein Geruchserlebnis in die Tasse.
Tee richtig mischen
Für das Coaching konnte man einen Experten im Anbau hochwertigster Teekräuter, Rudi Beiser (Dozent, Autor und ehemaliger Inhaber der Kräutermanufaktur la Luna), gewinnen. Er vermittelte den Frauen ein tiefgehendes Kräuterwissen, angefangen von den unterschiedlichen Wirk- und Aromastoffen und deren bester Wirkungszeit über den optimalen Pflanz- und Erntetermin, die richtige Pflege, Standortansprüche bis hin zur Trocknung.  „Das Teemischen ist eine Kunst”, weist Eva-Maria Schüle auf die verschiedenen Wirkrichtungen der Basispflanzen hin, die belebend oder ausgleichend wirken oder mehr durch Aroma oder Geschmack bestechen. So ist die Teekreation  „Atme durch”  eher minzig-erfrischend, während bei  „Frech wie Oskar” vorwiegend Zitronenmelisse und Lindenblüten für eine ausgleichende Wirkung bei  Teetrinkern sorgen.   „Lebe wild” enthält  Himbeerblätter als Hauptbestandteil und auch Bärwurz.  Die Kräuter stammen aus kontrollierten Höfen und werden wegen der höheren Wirkstoffgehalte als Ganzblattware in reiner Handarbeit geschnitten, abgezupft und getrocknet. Angebaut wird in  180 Metern bis 950 Meter Höhe im Großraum  Bodensee, Schwarzwald, Hotzenwald und der Ortenau, entsprechend vielfältig ist das Angebot. Während in Vöhrenbach, dem höchstgelegenen Anbaugebiet, von Monika Schwarz und Veronika Ruf vorwiegend Bärwurz, Spitzwegerich, Johanniskraut, Minze und Malve geerntet werden, konzentriert man sich in tiefer liegenden Gegenden, wie bei Roswitha Ette aus Herbolzheim, mehr auf den Anbau von Basilikum, Zitronenverbenen, Rosmarin oder ätherischen Ölpflanzen.
 
 
Biozertifizierte Herkunft
Ihre Blüten kommen in die Tüte: Roswitha Ette aus Herbolzheim, Ute Sailer aus Hilzingen und Veronika Ruf aus Vöhrenbach (v. l.), drei von dreißig qualifizierten Kräuterfrauen, die sich in der Kräutermanufaktur zusammengeschlossen haben.
Im Kräutergarten von Ute Sailer aus Hilzingen wachsen Sonnenblumen und Mohn, Ringelblumen, Holunder und Brennnesseln. Im fünf Hektar großen Wildkräutergarten von Uta Reese in Oberried wächst alles, was den Gästen beim tollen Büffet in der Klosterscheune in Form von Erdbeer- und Blütenkräutercreme, Blütenbaguette mit Currycreme und anderem mehr angeboten wurde. Aus einem Anbauplan ist ersichtlich, was jede Gärtnerin sät. Für jedes Kraut gelten andere Regeln auch in Bezug auf die Ernte. „Mohnblüten müssen morgens geerntet werden, da sie nachmittags schon abfallen können”, sagt Ute Sailer, die für ein Kilogramm Blätter zehnmal ausrückt. Ihre Kollegin aus Herbolzheim dagegen hat mittags und abends mehr Einsatz, wenn die Rosenblüten den üppigsten Duft ausströmen. Bei Regen wird nicht geerntet. Jede der  30 am gemeinschaftlichen Vertrieb beteiligten Frauen trocknet ihre Kräuter selbst,  Trockenschrank, Heizlüfter oder auch Entfeuchter  helfen dabei. In der Regel könne die Blattware nach zwei Tagen Trocknungszeit im Dunkeln in einheitliche Papiersäcke zu je einem Kilogramm abgefüllt werden. Da es sich um Bio-Ware handelt, ist die chemische Keule verboten. „24 Stunden in der Gefriertruhe hält kein Schädling aus”, verrät eine der Kräuterpädagoginnen eine ihrer biologischen Bekämpfungsmethoden. Bei Läusen helfe auch ein Milch-Wasser-Gemisch,bei Schnecken nur das Absammeln.
Alles nach Plan
Entsprechend der Bio-Auflage werde alles kontrolliert, vom Sameneinkauf über den verwendeten Pferdemist bis zum Heu und Stroh. Entweder per Selbstanlieferung oder mit der Post kommt die getrocknete Ware  nach Efringen-Kirchen in die Räume der Kräutermanufaktur, wo die Teesorten gemeinschaftlich zusammengestellt und in 20-Gramm- Tüten verpackt werden. Auch stellt die Manufaktur  eine Reihe von Salzen wie Zitrone-Basilikum-Salz, Rosmarin- oder Bärlauch-Salz und inzwischen auch Blütenzucker her. Die erste Teeproduktion mit 2500 Tüten wurde innerhalb von vier Wochen an den Mann/die Frau gebracht. Im November 2014 beginnt die nächste Saison, in der 10000 Päckle auf den Markt kommen sollen. „Der Anbau regelt sich über die Nachfrage”, sagt Veronika Ruf zur Zukunft der  Kräutermanufaktur.
Keine Reichtümer, aber ein Nebenerwerbseinkommen
Entsprechend der Bio-Auflage werde alles kontrolliert, vom Sameneinkauf über den verwendeten Pferdemist bis zum Heu und Stroh. Entweder per Selbstanlieferung oder mit der Post kommt die getrocknete Ware  nach Efringen-Kirchen in die Räume der Kräutermanufaktur, wo die Teesorten gemeinschaftlich zusammengestellt und in 20-Gramm- Tüten verpackt werden. Auch stellt die Manufaktur  eine Reihe von Salzen wie Zitrone-Basilikum-Salz, Rosmarin- oder Bärlauch-Salz und inzwischen auch Blütenzucker her. Die erste Teeproduktion mit 2500 Tüten wurde innerhalb von vier Wochen an den Mann/die Frau gebracht. Im November 2014 beginnt die nächste Saison, in der 10000 Päckle auf den Markt kommen sollen. „Der Anbau regelt sich über die Nachfrage”, sagt Veronika Ruf zur Zukunft der  Kräutermanufaktur.
Der Verein zur Manufaktur
Um den  genossenschaftlichen Kräuteranbau im Rahmen der Käutermanufaktur  umsetzen zu können, wurde im Dezember 2013 der Verein Kräuterland Baden-Württemberg ins Leben gerufen:
1. Vorsitzende: Tanja Sauer
2. Vorsitzende: Sabine Blum
Buchhaltung/Kasse/Versand: Marlies Billich
Koordination: Hanna Heidemann
Beisitzer: Monika Schwarz, Eva-Maria Schüle
Firmensitz der Kräutermanufaktur: Efringen-Kirchen
 
Wichtig! Die Manufaktur sucht noch dringend weitere Anbauer und Anbauerinnen. Bei Interesse wenden Sie sich bitte an den Verein. Siehe Homepage.