Auf die EU-Landwirtschaft könnten Kürzungen von 60 bis 120 Milliarden Euro bei den Beihilfen zukommen. Das sehen zwei Szenarien vor, die EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am 14. Februar zum neuen Haushaltsrahmen nach 2020 vorgestellt hat.
Im ungünstigsten Fall könnte sich durch Brüsseler Haushaltskürzungen für eine Reihe von Mitgliedstaaten das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen um mehr als zehn Prozent verringern, schätzt die
EU-Kommission.
Bei einer Absenkung der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) um 120 Milliarden Euro für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen könnte sich für eine Reihe von Mitgliedstaaten das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen um mehr als zehn Prozent verringern, schätzt die Kommission in ihrer von Oettinger vorgestellten Mitteilung. Bei einer Absenkung um 60 Milliarden Euro würde der Rückgang des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einkommens moderater ausfallen.
Mittel gezielter einsetzen
Diese Szenarien dürften nicht isoliert
betrachtet werden, betont die Kommission. Jedwede Kürzung der
Direktzahlungen solle durch einen gezielteren Einsatz der verbleibenden
Mittel flankiert werden, beispielsweise durch eine stärkere Fokussierung
auf kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe und eine bessere
Koordinierung mit Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums,
schlägt die Brüsseler Behörde selbst vor.
Mit ihren Vorschlägen reagiert die Kommission auf den schrumpfenden
EU-Haushalt durch den Brexit auf der einen Seite und die steigende
Aufgabenfülle auf der anderen Seite.
Änderungen am System angeregt
Außerdem wird in der Mitteilung auf die derzeitigen
politischen Diskussionen zur Höhe und Ausrichtung der Direktzahlungen
verwiesen. Heute gingen 80 Prozent aller Direktzahlungen an 20 Prozent
der Landwirte, heißt es im Papier. Ebenso werde diskutiert, wie zwischen
den Mitgliedstaaten bestehende Unterschiede bei der Agrarförderung
verringert werden könnten. Änderungen am System der Direktzahlungen
könnten die Gelegenheit bieten, Zahlungen an erwartete Ereignisse zu
knüpfen, so die Kommission. Doch auch bei einer Beibehaltung des
Ausgabenniveaus von rund 400 Milliarden Euro für die GAP sieht die
Behörde Möglichkeiten für eine bessere Ausrichtung, um beispielsweise
insbesondere kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe
intensiver zu unterstützen, was positive Folgewirkungen für ländliche
Gebiete hätte.
Oettinger forderte bei der Vorstellung der Optionen für den mehrjährigen
EU-Finanzrahmen die Mitgliedstaaten auf, „flexibel und kompromissfähig”
zu bleiben. Der Haushaltskommissar warnte in einem weiteren Punkt
davor, neue Aufgaben zulasten bisheriger Haushaltsbereiche wie der
Agrargelder zu finanzieren. Vielmehr müssten die EU-Länder einen höheren
Anteil als bisher zum Haushalt der Gemeinschaft beisteuern. Statt der
bisher etwa 1,0 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts spricht er
sich für eine Zahl zwischen 1,1 und 1,2 Prozent aus. Für Deutschland
würde das laut Oettinger Mehrzahlungen von etwa drei bis dreieinhalb
Milliarden Euro bedeuten.
Deutschland will etwas drauflegen
In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD die
Bereitschaft signalisiert, einen größeren Beitrag zum EU-Haushalt
beizutragen, ohne diesen jedoch genauer zu beziffern. Die Europäische
Kommission wird ihren förmlichen Vorschlag für die nächste langfristige
EU-Haushaltsplanung spätestens im Mai 2018 vorlegen. Oettinger warnte
vor einer unnötigen Verschleppung. Die Situation des Jahres 2013, als
der EU-Haushalt mit erheblicher Verzögerung verabschiedet worden sei,
dürfe sich nicht wiederholen.
Vertreter der Generaldirektion Landwirtschaft erklärten, dass die Pläne
die bisherigen Überlegungen der Kommission zur Zukunft der
Landwirtschaft in der EU widerspiegelten, vor allem zur notwendigen
effektiveren Ausrichtung der Zahlungen sowie der Verknüpfung mit
Umweltaspekten. Im Übrigen wird derzeit auch nicht erwartet, dass sich
der Zeitplan für die GAP nach 2020 ändert. EU-Agrarkommissar Phil Hogan
werde zuerst die Ansichten des Europäischen Parlaments berücksichtigen,
das voraussichtlich im Juni über die Legislativvorschläge abstimmen
wird, hieß es aus Kommissionskreisen.