Politik | 22. Februar 2018

Konkretisierte Brüsseler Kürzungsoptionen

Von AgE
Auf die EU-Landwirtschaft könnten Kürzungen von 60 bis 120 Milliarden Euro bei den Beihilfen zukommen. Das sehen zwei Szenarien vor, die EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger am 14. Februar zum neuen Haushaltsrahmen nach 2020 vorgestellt hat.
Im ungünstigsten Fall könnte sich durch Brüsseler Haushaltskürzungen für eine Reihe von Mitgliedstaaten das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen um mehr als zehn Prozent verringern, schätzt die EU-Kommission.
Bei einer Absenkung der Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) um 120 Milliarden Euro für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen könnte sich für eine Reihe von Mitgliedstaaten das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen um mehr als zehn Prozent verringern, schätzt die Kommission in ihrer von Oettinger vorgestellten Mitteilung. Bei einer Absenkung um 60 Milliarden Euro würde der Rückgang des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einkommens moderater ausfallen.
Mittel gezielter einsetzen
Diese Szenarien dürften nicht isoliert betrachtet werden, betont die Kommission. Jedwede Kürzung der Direktzahlungen solle durch einen gezielteren Einsatz der verbleibenden Mittel flankiert werden, beispielsweise durch eine stärkere Fokussierung auf kleine und mittlere landwirtschaftliche Betriebe und eine bessere Koordinierung mit Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums, schlägt die Brüsseler Behörde selbst vor.
Mit ihren Vorschlägen reagiert die Kommission auf den schrumpfenden EU-Haushalt durch den Brexit auf der einen Seite und die steigende Aufgabenfülle auf der anderen Seite.
Änderungen am System angeregt
Außerdem wird in der Mitteilung auf die derzeitigen politischen Diskussionen zur Höhe und Ausrichtung der Direktzahlungen verwiesen. Heute gingen 80 Prozent aller Direktzahlungen an 20 Prozent der Landwirte, heißt es im Papier. Ebenso werde diskutiert, wie zwischen den Mitgliedstaaten bestehende Unterschiede bei der Agrarförderung verringert werden könnten. Änderungen am System der Direktzahlungen könnten die Gelegenheit bieten, Zahlungen an erwartete Ereignisse zu knüpfen, so die Kommission. Doch auch bei einer Beibehaltung des Ausgabenniveaus von rund 400 Milliarden Euro für die GAP sieht die Behörde Möglichkeiten für eine bessere Ausrichtung, um beispielsweise insbesondere kleinere und mittlere landwirtschaftliche Betriebe intensiver zu unterstützen, was positive Folgewirkungen für ländliche Gebiete hätte.
Oettinger forderte bei der Vorstellung der Optionen für den mehrjährigen EU-Finanzrahmen die Mitgliedstaaten auf, „flexibel und kompromissfähig” zu bleiben.  Der Haushaltskommissar  warnte in einem weiteren Punkt davor, neue Aufgaben zulasten bisheriger Haushaltsbereiche wie der Agrargelder zu finanzieren. Vielmehr müssten die EU-Länder einen höheren Anteil als bisher zum Haushalt der Gemeinschaft beisteuern. Statt der bisher etwa 1,0 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts spricht er sich für eine Zahl zwischen 1,1  und 1,2 Prozent aus. Für Deutschland würde das laut Oettinger Mehrzahlungen von etwa drei bis dreieinhalb Milliarden Euro  bedeuten.
Deutschland will etwas drauflegen
In ihrem  Koalitionsvertrag hatten Union und SPD  die Bereitschaft signalisiert, einen größeren Beitrag zum EU-Haushalt beizutragen, ohne diesen jedoch genauer zu beziffern. Die Europäische Kommission wird ihren förmlichen Vorschlag für die nächste langfristige EU-Haushaltsplanung spätestens im Mai 2018 vorlegen. Oettinger warnte vor einer unnötigen Verschleppung. Die Situation des Jahres 2013, als der EU-Haushalt mit erheblicher Verzögerung verabschiedet worden sei, dürfe sich nicht wiederholen.
Vertreter der Generaldirektion Landwirtschaft erklärten, dass die Pläne die bisherigen Überlegungen der Kommission zur Zukunft der Landwirtschaft in der EU widerspiegelten, vor allem zur notwendigen effektiveren Ausrichtung der Zahlungen sowie der Verknüpfung mit Umweltaspekten. Im Übrigen wird derzeit auch nicht erwartet, dass sich der Zeitplan für die GAP nach 2020 ändert. EU-Agrarkommissar Phil Hogan werde zuerst die Ansichten des Europäischen Parlaments berücksichtigen, das voraussichtlich im Juni über die Legislativvorschläge abstimmen wird, hieß es aus Kommissionskreisen.