Land und Leute | 21. Mai 2015

50 Jahre deutsch-französische Freundschaft

Von Christel Hülter-Hassler
Sie ist bis heute nicht nur die ausdauerndste Partnerschaft im Landkreis Emmendingen, sondern auch die am intensivsten gelebte: Die Partnerschaft zwischen Königschaffhausen und Champbertrand, deren 50-jähriges Jubiläum am Kaiserstuhl vom 13. bis 18. Mai mit Pauken und Trompeten gefeiert wurde.
Mit Pauken und Trompeten wurde am Mittwochabend die Ankunft von 82 französischen Freunden im Kirschendorf gefeiert.
Das Erfolgsgeheimnis dieser bis tief in die Familien reichenden grenzüberschreitenden Freundschaft hat einen Grund: Sie wurde nicht „von oben” verordnet, sondern ist „von unten” gewachsen und allerseits mit großer Hingabe gehegt und gepflegt worden. Angefangen hat alles mit der bereits damals in internationalen Beziehungen sehr aktiven Landjugendgruppe Königschaffhausen. Als im Sommer 1965 eine französische Jugendgruppe auf dem Weg nach Bayern bei der BBL-Geschäftsstelle wegen einer Übernachtungsmöglichkeit im Badischen anfragte, hatte man im Kirschendorf schnell bereitwillige Landjugendliche gefunden. Koordinator war Otto Burtsche, der als Königschaffhauser in der BBL-Geschäftsstelle fortan alle Hebel für dieses „Unternehmen deutsch-französische Freundschaft” in Bewegung setzte.
Mit Händen und Füßen
An den „legendären” ersten Abend erinnert sich der damalige Landjugendvorstand Walter Brand noch bestens: „Wir konnten damals mit dem Sängerquartett des Gemischten Chores, mit den Lustigen Kirschenpflückern des Musikvereins und mit unserer Volkstanzgruppe aus dem Stegreif ein Abendprogramm auf die Beine stellen. Wir haben miteinander getanzt und gesungen und mit Händen und Füßen geschwätzt und es war eine ziemlich lange Nacht! Dass die jungen Mädchen – wie es in Frankreich Sitte ist – uns ohne Umschweife umarmt und geküsst haben, hat uns jungen Burschen natürlich sehr gefallen!”Diese eine Nacht wurde so unvergesslich, dass sich bereits im nächsten Jahr eine Gruppe junger Franzosen auf den über 800 Kilometer weiten Weg an den Kaiserstuhl machte und sich ein reger Austausch entwickelte. Am Festabend  des 50-jährigen Jubiläums in der Königschaffhauser Weinberghalle erinnerten sich die Teilnehmer der ersten Stunde lebhaft an ihren ersten Gegenbesuch in Champbertrand. „Als wir auf dem Schulplatz aus dem Bus ausgestiegen sind, da hat die Dorfbevölkerung auf uns gewartet und die Männer haben ihre Baskenmützen vom Kopf gezogen und uns mit Tränen in den Augen begrüßt. Das war für sie die erste Begegnung mit Deutschen, zwanzig Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg”, beschreibt Helmut Staiblin die ungeheure Wucht der Eindrücke. Seine Frau Gerdi ergänzte: „Es war das Zusammentreffen mit einer neuen Lebensart, die in einer unglaublichen Gastfreundschaft zum Ausdruck gekommen ist.”
Partnerschaftsfreunde der ersten Stunde aus Champbertrand. Aus Königschaffhausen sind dabei: Inge und Walter Brand, Gerdi und Helmut Staiblin, Marlies und Georg Schmidt, Roland Sexauer, Eckhard Bercher, Gerhard Staiblin, Erhard Kublin, Walter Bührer und Wilfried Hassler.
Und welche Rolle die immense Entfernung für die damaligen jungen Leute spielte, veranschaulichte Walter Bührer: „Es war eine Weltreise für uns!” Doch weder die große Entfernung noch die Sprachbarrieren haben die „neuen Freunde” daran gehindert, sich fast jedes Jahr gegenseitig zu besuchen. Viele Franzosen kamen zur Kirschernte und zur Weinlese an den Kaiserstuhl. Die Badener genossen Urlaubsreisen an der französischen Atlantikküste, man lud einander zu Hochzeiten und runden Geburtstagen ein – und „impfte” durch die geselligen gemeinsamen Unternehmungen auch die nächsten Generationen gehörig mit dem „Freundschaftsvirus”.
Mittlerweile wird die Partnerschaft  in Königschaffhausen nicht mehr von der Landjugend, sondern von einem dafür extra gegründeten Partnerschaftsverein getragen. Die Landjugend Königschaffhausen ist trotzdem involviert. Sie hat am Jubiläumsabend die Gäste aus Champbertrand bewirtet und ist zu Recht stolz darauf, was ihre Vorgänger auf den Weg gebracht haben.
Beitrag zum Frieden
Dass die Freundschaft auch nach fünfzig Jahren noch strotzt vor Unternehmungslust und Leidenschaft, stößt überall auf großes Wohlwollen. So stellte die Königschaffhauser Ortsvorsteherin Bärbel Willmann am Jubiläumsabend heraus: „Wo Begegnungen sind, wächst Verständnis, wo Verständnis ist, wächst Freundschaft und wo Freundschaft ist, wächst Frieden!”
So standen beim Besuch von 82 Freunden aus Champbertrand  anlässlich des 50-jährigen Jubiläums am Kaiserstuhl nicht nur Ausflüge in den Schwarzwald, Weinproben und gesellige Zusammenkünfte auf dem Programm, sondern auch ein gemeinsamer Besuch auf dem elsässischen Soldatenfriedhof Hartmannsweilerkopf. „An diesem Ort spürt man, wie wertvoll unsere Freundschaft ist”, war sich der Vorstand des Königschaffhauser Partnerschaftsvereins, Fred Kublin, einig mit allen, die dabei gewesen sind.