Politik | 18. Januar 2018

„Das Ziel im Auge behalten und sich treu bleiben”

Von Walter Eberenz
Rund 80 junge Leute zog der zweite Jungunternehmertag des BLHV in Zusammenarbeit mit dem Bund Badischer Landjugend an – 20 mehr als bei der Premiere. Sie erfuhren aus erster Hand von fünf jungen, innovativen Produktions- und Vermarktungskonzepten in der regionalen Landwirtschaft.
Rund 80 Besucherinnen und Besucher des zweiten Jungunternehmertages des BLHV verfolgten mit großem Interesse die Präsentationen.
Am Freitag voriger Woche waren in der Stadthalle in Bräunlingen 80 junge Leute von morgens bis nachmittags interessiert, konzentriert und diszipliniert bei der Sache. Wenn die Referenten und deren präsentierte Inhalte zum aufmerksamen Zuhören animieren, geht das problemlos: Die Organisatoren der zweiten Auflage des Jungunternehmertages des BLHV durften dieses Fazit ziehen und zufrieden auf die Vorbereitungsarbeit zurückblicken.
Den Start bei den Präsentationen machte Anne Körkel aus Kehl-Bodersweier mit ihrem Hähnchenmastprojekt „Annes Ha(h)nauer”. Für das Unternehmenskonzept mit Hähnchen vom mobilen Strohstall mit Auslauf erhielt sie erst jüngst den CeresAward 2017 in der Kategorie „Unternehmerin”. Die Auszeichnung hat den Absatz beflügelt, wie sie betont. „Ich könnte locker das Dreifache vermarkten, will ich aber nicht.” Es sei nur noch ein moderater Ausbau im Plan, da ihr auch der persönliche Bezug zu den Tieren wichtig sei.
Online-Vermarktung
Das Cowfunding-Projekt von Moriz Vohrer aus dem Münstertal wurde ebenfalls sehr interessiert aufgenommen (BBZ 30/2017, S. 30). Hier wird auf der Internet-Plattform ein Rind komplett angeboten. Das Tier wird geschlachtet, wenn alle Teile vermarktet sind.
Online funktioniert auch das Konzept „Marktschwärmer”: Es werden von Kunden im Internet Waren geordert. Landwirte bringen sie zu einer festgelegten Zeit an einen bestimmten Ort und treffen dort auf die Kunden. Die Organisation übernimmt ein Gastgeber (BBZ 18/2017, S. 31).
Barbara Schneider, in Freiburg „Schwärmerei”-Gastgeberin, erklärte, wie es funktioniert, und Martin Linser, Winzer und Landwirt  aus Freiburg-Opfingen, bestätigte als Spargel-Lieferant, dass es funktioniert.
Simon Sperling betreibt mit seiner Familie den Hof Sperling in Stuttgart-Mühlhausen; ein vielseitig aufgestellter Direktvermarktungsbetrieb mit Ackerbau, Gemüsebau, Obstbau, schottischen Hochlandrindern auf der Weide und Legehennen. Die Familie beschickt zwei Wochenmärkte und betreibt als Besonderheit einen 24-Stunden-Automaten-Hofladen. Simon Sperling riet seinem Publikum für die Entwicklung des eigenen Betriebes: „Das Ziel immer im Auge behalten und sich treu bleiben.” Eine Aussage, die übrigens in abgewandelter Form, aber mit gleichem Inhalt, mehrmals auf der Veranstaltung fiel.
Heumilch als Konzept
Mathias Friedrich aus Bruggen hatte den kürzesten Weg als Referent. Seine Familie hält 125 Milchkühe mit 110 Hektar Grünland und 40 Hektar Ackerland. Der Betrieb wirtschaftet  biologisch und verschreibt sich  der Erzeugung von Heumilch, die Mathias Friedrich zufolge mit drei Cent Zuschlag auf den Bio-Preis vergütet wird. Ausführlich stellte Friedrich die neue Heutrocknungshalle vor.
BLHV-Präsident Werner Räpple war laut Programm nach der Präsentation der jungen, innovativen Unternehmskonzepte an der Reihe, die Entwicklung seines Betriebes und seinen ehrenamtlichen Werdegang beim Bund Badischer Landjugend (BBL) und beim BLHV vorzustellen. Noch beeindruckt von den Konzepten zuvor bekundete er, dass er „nur” eine klassische betriebliche Wachstumsentwicklung als genossenschaftlicher Winzer und Obstbauer mit heute 18 Hektar Reben und drei Hektar Obst zu präsentieren habe. Das habe sich parallel zum ehrenamtlichen Engagement im Berufsstand so entwickelt.
Der BLHV setzt auf den Nachwuchs
Andererseits sei sein Beispiel ganz gut, da die Genossenschaften nach wie vor für einen hohen Anteil an Produktion und Vermarktung der heimischen landwirtschaftlichen Erzeugung stehen. So reifen im Weinbereich in Baden rund 70 Prozent der Gesamtproduktion in Tanks und Fässern von Winzergenossenschaften und werden von diesen vermarktet. Räpples persönliches Fazit nach 62 Lebensjahren: „Ich bin zufrieden, wie es beruflich und im Ehrenamt gelaufen ist.”
Der BLHV-Präsident hat vier Kinder, wovon eines den Betrieb übernehmen will. Räpple unterstrich gegenüber dem jungen Publikum, wie wichtig dem BLHV die Einbindung des Nachwuchses ist: „Wir wollen ein lebendiger Verband sein und Sie aktiv dabei haben, damit in den Gremien nicht nur graue Köpfe sitzen.”
Er machte auf jüngste Weichenstellungen aufmerksam. So werde je ein Mitglied einer Junglandwirtegruppe im Verbandsausschuss, dem höchsten Gremium des BLHV, vertreten sein. Die Bildungsarbeit des BLHV und des BBL sei neuerdings mit Michaela Schöttner in einer Person vereint. Um die Bedeutung der Jungen für den BLHV zu untermauern, gehörten mit Franz Käppeler und Bernhard Bolkart zwei weitere Präsidiumsmitglieder des BLHV zu den Zuhörern beim Jungunternehmertag.