Pflanzenbau | 25. September 2014

Jetzt die Weichen für 2015 stellen

Von Dr. Wilfried Wägner und Dr. Hubert Sprich, ZG Raiffeisen eG Karlsruhe
Damit der Grünlandbestand gut ins nächste Frühjahr kommt, sind jetzt im Herbst die richtigen Maßnahmen zu treffen. Oberstes Ziel muss sein, Auswinterungsschäden zu vermeiden. Zumal gerade wertvolle Futtergräser wie das Deutsche Weidelgras besonders auswinterungsgefährdet sind.
Nach Untersuchungen der österreichischen Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein  hat sich die Vegetationszeit in den letzten 30 Jahren um rund zehn Tage im Herbst verlängert. Der Herbst ist nach dieser Studie insgesamt milder und niederschlagsärmer geworden. Damit kann das Grünland im Herbst länger genutzt werden. Idealerweise sollten die Bestände mit einer Aufwuchshöhe von etwa 5–8 cm in den Winter gehen. Bei kürzerem Schnitt leidet die Regenerationsfähigkeit, da die Reservestoffe zu schnell verbraucht werden. Andererseits wirkt es sich nachteilig aus, wenn Grünland zu üppig in den Winter geht. Es besteht die Gefahr, dass bei einem zu hohen Anteil an abgestorbenen Pflanzenteilen die unten liegende Grasnarbe erstickt wird. Außerdem stellen abgefrorene Blätter und Stängel ein hervorragendes Nährmedium für Schneeschimmel und  Fusarien dar. Eine Ausbreitung dieser Pilzerkrankungen sollte in jedem Fall unterbunden werden.
Den letzten Aufwuchs sinnvoll nutzen
Mit einem späten Weidegang kann der Pflanzenbestand in der richtigen Wuchshöhe in den Winter geschickt werden.
Bei günstigen Bedingungen lassen sich im Herbst noch beachtliche Futtererträge bei hohen Futterqualitäten erzielen.  Daher ist es meist sinnvoll, diesen  Aufwuchs zur Silagegewinnung oder als Nachweide zu nutzen. Kürzere Bestände unter 5 cm Höhe lassen sich bis in den November noch effizient zur Nachweide nutzen, es ist aber darauf zu achten, dass die Bestände nach der Nutzung noch auf etwa 7 cm anwachsen können. Allerdings  sollte besonders bei nasser Herbstwitterung zur Weidenutzung grobes Heu zur Strukturierung der jungen Weideration gefüttert werden, da der Rohfasergehalt des Herbstaufwuchses  meist gering ist.
Dauerweiden sollten nach dem letzten Weidegang gemulcht oder geschlegelt werden, um unerwünschte Arten zurückzudrängen. Weidetiere suchen die schmackhaftesten Arten und verschmähen die unbeliebten Arten. Dies kann zum Beispiel der  Ampfer sein, der aus Geschmacksgründen gemieden wird. Ebenso werden Arten wie zum Beispiel  das Wollige Honiggras aufgrund der Behaarung ungerne gefressen. Wird hier nicht durch gezielte Bewirtschaftungsmaßnahmen gegengesteuert, verlieren die erwünschten Arten aufgrund der  Beweidung laufend Blattfläche und werden dadurch im Bestand zurückgedrängt, während die unerwünschten Arten wenig gestört werden und sich so   schnell ausbreiten können. Daher sollte rechtzeitig vor dem Winter auf Weiden eine Nachmahd erfolgen.
Gülle nicht zu früh und nicht zu spät düngen
Die Gülledüngung darf nicht zu früh erfolgen, da sonst der Grünlandbestand zu hoch in den Winter geht. Sie darf aber auch nicht zu spät erfolgen, sonst besteht die Gefahr, dass leichtlösliche Nährstoffe, insbesondere der Stickstoff, nicht mehr von den Pflanzen aufgenommen werden. Grundsätzlich sollten nach der Ausbringung noch etwa zwei Wochen für die Nährstoffaufnahme zur Verfügung stehen. Nach der derzeit geltenden Düngeverordnung dürfen Gülle und Jauche auf Grünland nur bis zum 14. November ausgebracht werden.
Nach einer späten Gülledüngung  im Herbst ist meist eine frühe Wiederbegrünung im Frühjahr zu beobachten.  Daher ist eine späte Gülledüngung im November nach der letzten  Nutzung  auf vielen Standorten durchaus sinnvoll. Die Gülle braucht bei der Herbstausbringung nicht mit Wasser verdünnt zu werden, da der Güllebelag über den Winter sicher in den Boden eingewaschen wird. Die Ausbringungsmenge sollte 10 bis 15 m³/ha (30–40 kg pflanzenverfügbares N) nicht übersteigen. Bei Stallmist sollte die Einsatzmenge im Herbst 20 t/ha nicht übersteigen.
Erfolgt die Gülledüngung bereits im September oder Anfang Oktober, regt dies das Wachstum im Herbst deutlich an. Zur Vermeidung eines zu üppigen Winterbestandes ist dann eine späte Nutzung einzuplanen.  Allerdings leidet die Schmackhaftigkeit des Futters kurz nach einer Güllegabe deutlich, so dass diese Flächen ungünstig für eine Beweidung sind.  Eine späte  Silagenutzung  wird häufig durch nasse Bodenbedingungen unsicher. Dies ist bei einer zeitigen Herbstdüngung zu beachten.
Nachsäen und den Ampfer bekämpfen
Das Schließen von Bestandslücken und die Förderung wertvoller Arten gelingen am besten durch eine regelmäßige Nachsaat. Hierzu stehen verschiedene Nachsaatmischungen zur Verfügung. Besonders erwähnenswert sind die vom Landwirtschaftlichen Zentrum in  Aulendorf empfohlenen Grünlandmischungen. Diese enthalten in Baden-Württemberg geprüfte Arten und sind hinsichtlich der Artenzusammensetzung speziell für die Grünlandlagen im Land zusammengestellt. Mit einer regelmäßigen Nachsaat lässt sich die Zusammensetzung des Grünlands steuern. Allerdings müssen die Pflege- und Bewirtschaftungsmaßnahmen darauf ausgerichtet sein, die neu aufgelaufenen Pflänzchen in ihrem Wachstum zu unterstützen.
 Bei der Saatgutwahl lohnt es sich, qualitativ hochwertige und standortangepasste Mischungen zu verwenden. Diese sind in der Regel etwas teurer, bringen aber langfristig sicherere und reichere Erträge als günstige, ertragsschwächere und nicht standortangepasse Sorten.
 Eine Nachsaat kann durchaus noch im Herbst erfolgen. Durch das langsamere Wachstum des Altbestands gegenüber dem Frühjahr erhalten die frisch  keimenden Pflanzen mehr Licht und damit bessere Entwicklungschancen. Ebenfalls ist im Frühherbst die Wasserversorgung oft besser als im Sommer. Eine ausreichende Entwicklung der Nachsaaten ist in der Regel gegeben, wenn die Aussaat etwa fünf bis sechs Wochen vor dem ersten zu erwartenden Frost erfolgt.
Nach der Grünlandnutzung im September treibt der Stumpfblättrige Ampfer meist relativ gleichmäßig aus und wächst im Oktober noch ins Rosettenstadium. In diesem Stadium kann der Ampfer nachhaltig mit geeigneten Herbiziden (z. B. mit Harmony SX) zurückgedrängt werden. Zu diesem Zeitpunkt werden auch die während des Jahres aufgelaufenen Sämlingspflanzen gut erfasst.
Fazit
Die Vegetationszeit im Herbst und damit die Grünlandnutzung haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich verlängert. Die Herbstnutzung  bringt daher zunehmend hohe Futtermengen und gute Qualitäten. Mit einer späten Silagenutzung beziehungsweise einem späten Weidegang kann der Pflanzenbestand in der richtigen Wuchshöhe in den Winter geschickt werden. Mit einer zeitgerechten und nicht zu üppigen Güllegabe ist es möglich, den hofeigenen Dünger im Herbst wirkungsvoll einzusetzen und damit die Wiederbegrünung der Grünlandbestände im Frühjahr zu beschleunigen. Weidepflege, Unkrautregulierung und Nachsaat sind vor dem Winter sinnvoll. Diese Maßnahmen sind die Grundlagen für  eine gesunde, dichte und leistungsfähige Grasnarbe im Frühjahr.